Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria)

Goldregenpfeifer © Wolfgang Kruck/Fotolia.comGoldregenpfeifer © Wolfgang Kruck/Fotolia.com

Verbreitung

Das Brutareal des größtenteils paläarktisch verbreiteten Goldregenpfeifers erstreckt sich von Island über die Britischen Inseln, Skandinavien, die Baltischen Staaten, Nordrussland bis nach Zentralsibirien (ungefähr bis 122 ° E). Die Südgrenze der geschlossenen Verbreitung liegt bei 20 ° nördlicher Breite. Lokale Vorkommen in Gebirgslagen sind auch weiter südlich anzutreffen. Ein Brutvorkommen von ca. 100 Paaren auf Grönland und den Ellesmere-Inseln tangiert die Nearktis. Ca. 50 % der europäischen Population (440.000-785.000 BP) brüten in Island, ca. 25 % in Norwegen sowie weitere, größere Vorkommen in Finnland, Schweden, Russland und Großbritannien (CRICK in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Die deutschen Brutvorkommen beschränken sich auf Niedersachsen und stellen Restbestände einer ehemals weiten Verbreitung im nördlichen Mitteleuropa dar. Sie sind isoliert von den nächsten Vorkommen in Südengland, Norddänemark und Südschweden gelegen (RHEINWALD 1993).

Ökologie und Zugstrategie

Die nordeuropäischen Goldregenpfeifer brüten in anmoorigen Grasländern, nassen Heidegebieten und Hochmooren der Niederungen und in der Berg-, Wald- und arktischen Tundra. Diese offenen Gebiete sind nur sehr niedrig und lückig bewachsen, sind gut zu überblicken und ermöglichen eine schnelle Fortbewegung. In Nordwest-Deutschland waren bis 1950 Moorheiden in Hochmoorkomplexen die wichtigsten Bruthabitate. Seit Mitte der 1980er Jahre sind nur noch Bruten auf stillgelegten Abtorfungs- bzw. Frästorfgewinnungs- oder Schwarztorfablagerungsflächen bekannt (ZANG et al. 1995). Diese Gebiete unterliegen einer starken Sukzession und werden nach wenigen Jahren wieder aufgegeben. Die Nahrungssuche erfolgt auch auf angrenzenden Acker- und Grünlandflächen (BAUER & BERTHOLD 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1984, RHEINWALD 1993). Die Bestände auf den Britischen Inseln sind Teilzieher, alle anderen europäischen Populationen sind Kurzstreckenzieher, die ihre Wintergebiete in Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und im Mittelmeerraum auf verschiedenen Routen erreichen. Durchzügler und Wintergäste suchen Viehweiden und kurzrasige Mähwiesen, aber auch Trockenrasen, Stoppeläcker und im Frühjahr Wintergetreidesaaten auf (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1984). In Sachsen-Anhalt finden der Herbstzug im November und der Frühjahrszug im März seinen Höhepunkt, wobei während des Heimzuges wesentlich mehr Vögel beobachtet werden als auf dem Wegzug (BRAUN 1997, GEORGE & WADEWITZ 1998-2000, SEELIG et al. 1996). Besonders hohe Durchzugszahlen werden vor allem aus dem LK Stendal (BRAUN), aber auch aus den Kreisen Halberstadt, Großes Bruch (HELLMANN, NICOLAI, WEIHE) und Wittenberg bei Bösewig-Bleddin (Noack), aus dem Altmarkkreis Salzwedel bei Groß Gischau (GNIELKA in GEORGE & WADEWITZ 1999, 2000) und aus dem Drömling (SEELIG et al. 1996) gemeldet. Im Altkreis Stendal werden Zugtrupps hauptsächlich auf kurzrasigen Grünlandgebieten (56 %) und auf Ackerflächen (40 %) beobachtet (BRAUN 1997). Im Drömling wird während des Frühjahrszugs vorwiegend kurzrasiges und sehr feuchtes Grünland zur Rast genutzt, im Herbst dagegen Ackerbereiche (SEELIG et al. 1996).

Bestandsentwicklung

Seit dem 19. Jahrhundert geht der Bestand an der südlichen Arealgrenze, in West- und Mitteleuropa, zurück, sodass die Vorkommen in den Beneluxstaaten, in Dänemark, Deutschland und Polen ganz oder nahezu erloschen sind. Bestandsabnahmen werden auch aus Großbritannien, Südschweden und Norwegen, zeitweilige Zunahmen aus Finnland und Estland gemeldet (CRICK in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Zwischen 1970 und 1983 brüteten in Niedersachsen sowie in Deutschland 30 bis 40 Paare. Bis 1993 sanken die Brutpaarzahlen auf neun Paare (ZANG et al. 1995). Drei Jahre später konnten bereits wieder 19 BP gezählt werden (MÄDLOW & MODEL 2000). Seit Anfang der 1990er Jahre steigen auch die Durchzugszahlen in Sachsen-Anhalt an (BRAUN 1997, SEELIG et al. 1996).

Gefährdung und Schutz

Der Goldregenpfeifer ist hauptsächlich durch die Zerstörung geeigneter Bruthabitate und intensive Verfolgung durch Jäger und Eiersammler bedroht. Die Bruthabitate werden durch Aufforstung und die Umwandlung von Heiden in Grün- oder Ackerland sowie durch Entwässerung und Kultivierung (Torfabbau und Aufforstung) von Mooren zerstört (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982, CRICK in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, ZANG et al. 1995). Die Schutzmaßnahmen müssen sich auf die Erhaltung noch vorhandener Moorgebiete, auf die Renaturierung ehemaliger Brutplätze durch Wiedervernässung und Ausmagerung sowie auf die Pflege von extensiv genutzten Feuchtwiesen als Ausweich- und Nahrungsgebiete konzentrieren. Störungen durch den industriellen Torfabbau und Freizeitverkehr sind zu minimieren (BAUER & BERTHOLD 1997).

 

Rote Liste Deutschland:                    1 – Vom Aussterben bedroht (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               Kein Brutvogel in Sachsen-Anhalt (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

zum Anfang der Seite