Rohrdommel (Botaurus stellaris)

Rohrdommel © Lutz DöringRohrdommel © Lutz Döring

Verbreitung

Die Rohrdommel ist als Brutvogel der Niederungen lückenhaft über die gesamte Paläarktis verbreitet und besiedelt mit der Unterart B. s. capensis auch Bereiche des südlichen Afrikas (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987). In Europa erstreckt sich das Verbreitungsgebiet von Westeuropa und dem Mittelmeerraum bis Südskandinavien. 75 % des europäischen Bestandes brüten in Russland (KOSKIMIES & TYLER in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Die Brutvorkommen in Deutschland konzentrieren sich auf die östlichen Landesteile, wo die Verbreitungsschwerpunkte in der mecklenburgisch-brandenburgischen Seenplatte, im Bereich der Mittelelbe/Unteren Havel und in der Lausitz liegen (NICOLAI 1993a, RHEINWALD 1993). Nach den Erhebungen für den Atlas der Brutvögel des Südteils Sachsen-Anhalts in den Jahren1990-1995 (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997) brüten die angegebenen 25-37 Paare (bzw. rufenden Männchen) im zentralen Teil des Kartierungsgebietes. Die Art meidet den Harz und fehlt gegenwärtig in den Auen von Helme, Unstrut, Mulde, Schwarzer Elster und im östlichen Elbebereich. Ansiedlungen wurden dafür zwischen 1995 bis 1997 in ehemaligen Tagebauen sowie im Bereich des Salzigen Sees gefunden (STENZEL in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997, STENZEL & BEHRENDT in GEORGE & WADEWITZ 1997, SEELIG in GEORGE & WADEWITZ 1998).Weitere Brutnachweise gelangen STENZEL 1996 im Schilfgebiet bei Döllnitz (Saalkreis) und TODTE im Nordteil des Landkreises Köthen (jeweils in GEORGE & WADEWITZ 1997). Die 1998 und 1999 beobachteten Einzelbruten im Erdfallgebiet Hakeborn (LK Aschersleben) stellen die ersten Brutnachweise für das nördliche Harzvorland dar (HERRMANN & LÜTTGENS in GEORGE & WADEWITZ 1999, 2000). Im Jahr 1999 wurden außerdem ein BP im Teichgebiet Osternienburg (BOUDA & TODTE) und ein mögliches Brutpaar im Naturschutzgebiet Neolith-Teich festgestellt (BOUDA & ROCHLITZER in GEORGE & WADEWITZ 2000). Am Neolith-Teich wurde im Jahr 2000 ein weiteres BP beobachtet (BOUDA, MÜLLER, H., ROCHLITZER in GEORGE & WADEWITZ 2000).

Ökologie und Zugstrategie

Das bevorzugte Bruthabitat der Art besteht aus großräumigen Verlandungszonen mit größeren, mehrjährigen Schilf- und Rohrkolbenbeständen. Zu dichte Röhrichte werden gemieden. Während des Zuges und im Winter werden auch kleinere Schilfgebiete, zuweilen auch offenes Gelände an Ufern und Gräben aufgesucht (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987). Die Rohrdommel ist ein Teilzieher, der bei eisfreien Gewässern in den Brutgebieten Westeuropas, z.T. auch in Deutschland und Polen überwintert. In kalten Wintern kommt es zu Kälteflucht und hohen Verlusten. Die Überwinterungsgebiete der ziehenden, westpaläarktischen Exemplare liegen in West-, Mittel- und Südeuropa, in Nordafrika und Vorderasien. Die Art erreicht ihr Brutgebiet von Mitte Februar bis Ende April und verlässt es zwischen September und November/Dezember (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987, BEZZEL 1985).

Bestandsentwicklung

Die Bestände der Rohrdommel haben in West- und Mitteleuropa seit dem 19. Jahrhundert drastisch abgenommen. Dieser Vorgang hielt auch im folgenden Jahrhundert an, sodass in mehreren westeuropäischen Ländern und in Deutschland zwischen 1970 und 1990 ein Rückgang um mehr als 50 % registriert wurde. Stabile Bestände werden aus Osteuropa gemeldet, Bestandszunahmen aus einigen skandinavischen Ländern (Dänemark, Finnland) und aus Estland (KOSKIMIES & TYLER in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). RHEINWALD (1993) schätzt für Deutschland in den 1980er Jahren einen Bestand von 1.900 Brutpaaren (bzw. rufenden Männchen), NICOLAI (1993a) gibt nach der ostdeutschen Kartierung 1978-1982 750 BP (± 20 %) an. WITT et al. (1996) nennen für das Jahr 1994 nur noch 430-510 BP für Gesamtdeutschland, MÄDLOW & MODEL (2000) gehen von einer weiteren, über 20 %igen Bestandsabnahme im gesamten Bundesgebiet zwischen 1990 und 1996 aus. In Sachsen-Anhalt wurden zwischen 1990 und 1993 ca. 40, im Jahr 1994 ca. 30 sowie 1995 und 1996 noch ca. 20 rufende Männchen festgestellt (MÄDLOW & MAYR 1996, MÄDLOW & MODEL 2000). Der Bestand im Bundesland hat seit 1970 um mehr als 20 % abgenommen (DORNBUSCH 1999, WITT et al. 1996). Inzwischen haben sich die Bestände stabilisiert. So wurden im Jahr 2015 70-83 BP in Sachsen-Anhalt gezählt.

Gefährdung und Schutz

Die Rohrdommel ist hauptsächlich durch die Zerstörung ihrer Lebensräume bedroht. Besonders negativ wirken sich die Verbauung der Uferbereiche und der Gewässerausbau, die Entwässerung geeigneter Brutplätze, Grundwasserabsenkungen, die Eutrophierung und Verschmutzung von Gewässern sowie das Schilf- und Fischsterben aus. Eine Übernutzung der Schilfbestände durch häufiges Mähen und Abbrennen engen den Lebensraum der Art weiter ein. Störungen im Brutgebiet durch verstärkte Freizeitakivitäten und anthropogene Verfolgung, in heutiger Zeit meist auf die Überwinterungsgebiete beschränkt, tragen zum Bestandsrückgang bei. Klimatische Verluste nach Kältewintern werden in vitalen Populationen nach wenigen Jahren wieder kompensiert (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER 1987). Wie bei vielen Arten bedeutet ein Schutz der Rohrdommel in erster Linie Lebensraumschutz, d.h. die Sicherung und den Schutz aller bekannten, auch ehemaligen Brut-, Durchzugs- und Überwinterungsgebiete. Als Einzelmaßnahmen sind die Ausweisung von entsprechenden Schutzgebieten, die Reduzierung der Schilfnutzung, die Verhinderung des Trockenfallens geeigneter Bereiche bzw. die Neuschaffung von Flachwasserzonen, die Einrichtung von Ruhezonen in Schilfbeständen, die Verbesserung des Nahrungsangebotes durch die Förderung natürlicher Fischpopulationen und die Verringerung der Gewässereutrophierung zu nennen. Gleichzeitig muss auf eine Verhinderung der illegalen Verfolgung hingewirkt werden (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER 1987).

 

Rote Liste Deutschland:                    3 – Gefährdet (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               3 – Gefährdet (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

zum Anfang der Seite