Buchenwälder um Stolberg (F97/S30)

Buchenwälder Stolberg © Anne SchäferBuchenwälder Stolberg © Anne Schäfer

Größe [ha]: 3.677
Landkreise und kreisfreie Städte: Mansfeld-Südharz
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Südharz

Gebietsbeschreibung

Die Buchen-Wälder bestimmen großräumig die Waldgebiete um Stolberg im „Mittelharz“ und im „Südlichen Harzrand“. Das FFH-Gebiet reicht hier im Osten bis an die Feldflur von Schwenda, im Nordosten über den Großen Auerberg bis zur Haselhöhe und im Süden bis Rodishain und Rottleberode an der Landesgrenze zu Thüringen. Innerhalb des FFH-Gebietes befindet sich das NSG Großer Ronneberg-Bielstein sowie das NSG Pferdekopf (Interaktive Karte der NSG).
Das Gebiet, welches sich von den Höhenlagen des Harzplateaus bei 580 m ü. NN bis an den Harzrand bei 230 m ü. NN erstreckt, zeichnet sich durch eine erhebliche Reliefenergie aus, die nicht zuletzt auch durch die Täler der Thyra, der Krummschlacht, des Sprachenbachs, der Großen und Kleinen Wilde, der Lude und des Ronnebachs bedingt ist. Geologisch ist die Region noch zur sogenannten Ostharzdecke mit den klippenbildenden Diabasen des Devon (Ronneberg) sowie den Tonschiefern und Grauwacken der Harzgeröder Zone des Mittel- bis Oberdevons zuzuordnen. Hingegen sind die Rhyolithe des Auerbergs vulkanischen Ursprungs.

Lebensraumtypen und Flora

Die Bestände des FFH-LRT 9130 Waldmeister-Buchenwald (2011 ha) nehmen die weitaus größte Fläche im FFH-Gebiet ein und schließen sich zum Harzrand hin den Hainsimsen- Buchenwäldern der Hochlagen an. Auf gut mit Nährstoffen versorgten Böden kann die Baumschicht vielfältig ausgeprägt sein. Außer der Rotbuche (Fagus sylvatica) finden sich Berg- und Spitz-Ahorn (Acer pseudoplatanus, A. platanoides), Hainbuche (Carpinus betulus), Winter-Linde (Tilia cordata), Vogelkirsche (Prunus avium) und Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) ein. Zumeist ist eine Strauchschicht aus Hirsch-Holunder (Sambucus racemosa), Pfaffenhütchen (Euonymus eurpaeus) und Roter Heckenkirsche (Lonicera xylosteum) ausgeprägt. In der Krautschicht kommen Waldmeister (Galium odoratum), Einblütiges Perlgras (Melica uniflora), Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum) und Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum) vor. Für den Waldtyp sind zudem die Arten der Moosflora Pterigynandrum filiforme, Isothecium alupecuroides und Plagiomnium cuspidatum bedeutsam.

Der FFH-LRT 9110 Hainsimsen-Buchenwald (441 ha) bestimmt mit seinen artenarmen Beständen überwiegend in den Höhenlagen über 400 m ü NN das Gebiet. Nach Abschluss der Jugendphase stellen sie sich hier als Hallenbuchenwälder dar, die für viele Arten erst in der Reifephase wieder geeignete Habitate bilden. Die Baumschicht wird fast ausschließlich von der Rotbuche (Fagus sylvatica) aufgebaut. Ziemlich regelmäßig kommt aber die Fichte (Picea abies) im Bestand vor, die zur Ertragssteigerung in die Laubwälder eingebracht wurde. Eine Strauchschicht ist meist nicht ausgebildet. Artenarm ist die Bodenvegetation. Zu finden sind dort Buschwindröschen (Anemone nemorosa), Wald-Reitgras (Calamagrostis arundinacea) und Schmalblättrige Hainsimse (Luzula luzuloides). Mitunter kommen auch Gemeiner Frauenfarn (Athyrium filix-femina) und Dornigen Wurmfarn (Dryopteris carthusiana) vor. In den höheren Lagen treten einige montane Arten hinzu, so Quirl-Weißwurz (Polygonatum verticillatum), Harz-Labkraut (Galium saxatile) und seltener Wolliges Reitgras (Calamagrostis villosa) sowie Siebenstern (Trientalis europaea).
Der FFH-LRT 9180* Schlucht- und Hangmischwälder (30 ha) ist an den Steilhängen um Stolberg und deren Nebentälern gut entwickelt. Als wichtige Arten der Baumschicht können Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Winter-Linde (Tilia cordata), Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) und wenige Berg-Ulmen (Ulmus glabra) genannt werden. Auf einigen Teilflächen sind die Hänge noch in Bewegung, hier harrt die Winter-Linde (Tilia cordata) aus. Im Stolberger Gebiet hat sich besonders der Eschen-Bergahorn-Schluchtwald ausgebildet, der über eine reiche Bodenvegetation verfügt. Als die Gesellschaft bestimmende Arten erscheinen Ausdauerndes Silberblatt (Lunaria rediviva), Wald-Schwingel (Festuca altissima), Dorniger Schildfarn (Polystichum aculeatum) sowie die Moose Atrichum undulatum, Brachythecium rutabulum und Plagiochila asplenioides. Die Auenwälder des FFH-LRT 91E0* Erlen-Eschenwälder (56 ha) befinden sich saumartig an der Thyra und ihren Nebenbächen. Die Baumschicht besteht aus Schwarz-Erle (Alnus glutinosa), Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior) und Weiden-Arten (Salix spec.). Die Strauchschicht ist in der Regel gut mit Hasel (Corylus avellana), Europäischem Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) und Gewöhnlicher Traubenkirsche (Prunus padus) ausgeprägt. Hain-Sternmiere (Stellaria nemorum), Winkel-Segge (Carex remota), Mittleres Hexenkraut (Circaea intermedia), Hohler Lerchensporn (Corydalis cava) und Sumpf-Pippau (Crepis paludosa) charakterisieren die Bodenvegetation. In den Quellbereichen wurden die Moose Pellia endiviifolia, Brachythecium rivulare und Cratoneuron commutatum gefunden.

Die überwiegende Beschattung der Bäche in den Laubwäldern führte zu einer pessimalen Ausprägung des FFH-LRT 3260 Flüsse mit Wasservegetation (7 ha). In der Thyra und der Lude siedeln fragmentarische Bestände, in denen Flutender Hahnenfuß (Ranunculus fluitans) und Sumpf-Wasserstern (Callitriche palustris agg.) sowie das Wassermoos Fontinalis antipyretica vorkommen.
Der FFH-LRT 8310 Nicht touristisch erschlossene Höhlen besteht aus Resten von Gangsystemen und Pingen der ehemaligen Gruben „Gnade Gottes“ und „Silberner Nagel“ im Zechengrund an der alten Poststraße.

Fauna

In den weiten Buchenwäldern leben Haselmaus (Muscardinus avellanarius), Wildkatze (Felis silvestris) und Luchs (Lynx lynx). Diese Wälder weisen zudem eine artenreiche Fledermausfauna auf. Neben dem Vorkommen des Großen Mausohrs (Myotis myotis) ist das syntope Auftreten von Brandt-, Bart- und Nymphenfledermaus (Myotis brandtii, Myotis mystacinus, Myotis alcathoe) hervorzuheben. Auch Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri) und Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii) nutzen das Gebiet zur Nahrungssuche (Ohlendorf, mdl. Mitt.). In unterirdischen Quartieren überwintern Großes Mausohr (Myotis myotis), aber auch Fransen- und Wasserfledermaus (Myotis nattereri, Myotis daubentonii) sowie Braunes Langohr (Plecotus auritus).

Im Gebiet kommen Zauneidechse (Lacerta agilis) und Schlingnatter (Coronella austriaca) vor. Die Lurche sind mit Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), Springfrosch (Rana dalmatina), Feuersalamander (Salamandra salamandra) und Berg- und Fadenmolch (Triturus alpestris, T. helveticus) recht artenreich vertreten.
Wertgebende Fische sind Groppe (Cottus gobio) und Bachneunauge (Lampetra planeri).

Aus den Bereichen bei Rottleberode (Thyrasiedlung) und der Försterei Waldhaus gibt es Nachweise vom Hirschkäfer (Lucanus cervus). Bis 1955/56 bestanden Populationen des Goldenen Scheckenfalters (Euphydrias aurinia) sowie etwa bis 1900 des Schwarzapollo (Parnassius mnemosyne). Nach GROSSER (1991) sowie GROSSER (1992) konnten noch bis ins Jahr 1991 Individuen der Art nachgewiesen werden, jedoch in abnehmender Zahl. Im Frühjahr 1992 wurde während einer Gebietsbegehung noch eine Raupe des Schwarzapollos an seiner Futterpflanze gesichtet (A. Hoch, schriftl. Mitt. 2016). Weitere naturschutzfachlich bemerkenswerte Belege betreffen seltene xylobionte Käfer, wie Kopfhornschröter (Sinodendron cylindricum), Schwarzflügliger Holzbuntkäfer (Tillus elongatus) und die Breitmaulrüßler Anthribus albinus und Plathyrrhinus resinosus.

Das FFH-Gebiet ist identisch mit der Fläche des gleichnamigen EU SPA. Es sind die Vorkommen von Schwarzstorch (Ciconia nigra), Raufußkauz (Aegolius funereus), Sperlingskauz (Glaucidium passerinum), Grauspecht (Picus canus), Schwarzspecht (Dryocopus martius) und Wasseramsel (Cinclus cinclus) hervorzuheben. Für den Zwergschnäpper (Ficedula parva) besteht Brutverdacht.

Literatur: 30, 63, 69, 84, 98, 207, 208, 212, 264, 337, 361

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten.

weitere Quellen:

GROSSER, N. (1991): Zur Situation des Schwarzapollos (Parnassius mnemosyne L.) in den Ländern Thüringen und Sachsen-Anhalt. In: Artenschutzreport, Heft 1/1991, Jena. S. 16-18.

GROSSER, N. (1992): Schwarzapollo (Parnassius mnemosyne (L., 1758) ssp. hercynianus PAGENSTECHER 1911). Artenhilfsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt. Herausgegeben vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Magdeburg. 24 Seiten.

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