Elbaue zwischen Saalemündung und Magdeburg (FFH0050)

Binnendünen Gerwisch (LRT 6120*) mit Vorkommen der Sand-Silberscharte © Philipp BradeBinnendünen Gerwisch (LRT 6120*) mit Vorkommen der Sand-Silberscharte © Philipp Brade

Größe [ha]: 6.589 ha
Landkreise und kreisfreie Städte: Anhalt-Bitterfeld; Börde; Jerichower Land; Salzlandkreis; Stadt Magdeburg
Verwaltungseinheiten:Einheitsgemeinde Möser; Einheitsgemeinde Biederitz; Einheitsgemeinde Stadt Zerbst/Anhalt; Einheitsgemeinde Schönebeck (Elbe); Einheitsgemeinde Stadt Barby; Einheitsgemeinde Stadt Magdeburg; Einheitsgemeinde Barleben; Einheitsgemeinde Stadt Gommern; Einheitsgemeinde Stadt Wolmirstedt

Gebietsbeschreibung

Das FFH-Gebiet erstreckt sich entlang der Elbe von der Saalemündung bis zum Wasserstraßenkreuz bei Magdeburg. Bei Dornburg gabelt sich das Gebiet in die Stromelbe und die Alte Elbe auf. Im Stadtgebiet von Magdeburg weist die Alte Elbe bei Niedrigwasser großflächige Kiesbänke auf. Im betrachteten Flussabschnitt klingen die verbreiteten Hartholzauenwälder des Dessauer Elbetales aus. Im Bereich des FFH-Gebietes befindet sich das NSG Dornburger Mosaik, das NSG Kreuzhorst, das NSG Mittelelbe zwischen Mulde und Saale sowie das NSG Weinberg bei Hohenwarthe (Interaktive Karte der NSG).

Lebensraumtypen und Flora

Im Gebiet sind größere Waldkomplexe des FFH-LRT 91F0 Hartholzauenwälder (855 ha) erhalten, so z. B. in der Kreuzhost bei Magdeburg. Die obere Baumschicht der Wälder wird aus Stiel-Eiche (Quercus robur), Flatter-Ulme (Ulmus laevis), Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior) und häufig auch Winter-Linde (Tilia cordata) aufgebaut. Neben diesen Arten prägen Feld-Ahorn (Acer campestre), Wild-Apfel (Malus sylvestris) und in der trockensten Ausbildung Hainbuche (Carpinus betulus) den Unterstand. In der Strauchschicht treten Eingriffliger Weißdorn (Crataegus monogyna), Schlehe (Prunus spinosa), Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus), Blutroter Hartriegel (Cornus sanguinea) und Hasel (Corylus avellana) auf. Auf Grund ihrer intensiven Nutzung findet man in den Wäldern aber oft gestörte Strukturen. Auffällig ist das häufige Auftreten der invasiven Rot-Esche (Fraxinus pennsylvanica). Im buntblütigen Frühjahrsaspekt der Feldschicht erscheinen oft in dichten Decken Buschwindröschen und Gelbes Windröschen (Anemone nemorosa, A. ranunculoides), Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana) und seltener Hohler Lerchensporn (Corydalis cava). Weitere regelmäßig auftretende Arten sind Wald-Flattergras (Milium effusum), Riesen-Schwingel (Festuca giganthea), Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), Wald-Ziest (Stachys sylvatica) sowie Wald- und Zerstreutblütiges Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica, M. sparsiflora).
Die Elbe wird von Galeriewäldern des FFH-LRT 91E0* Weichholzauenwälder (151 ha) begleitet und insbesondere die Alte Elbe in Magdeburg weist ausgeprägte Bestände auf. Die Baumschicht baut sich aus Fahl- und Silber-Weide (
Salix x rubens, S. alba), Flatter-Ulme (Ulmus laevis) sowie Schwarz-Pappel (Populus nigra) auf. Oft sind Pappelhybride (Populus x canadensis) und auch die Rot-Esche (Fraxinus pennsylvanica) als Störzeiger vertreten. Die Krautschicht wird von Uferstauden aufgebaut, darunter Schlank-Segge (Carex acuta), Rohr-Glanzgras (Phalaris arundinacea), Gemeiner Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris), Brennnessel (Urtica dioica) und Europäische Seide (Cuscuta europaea). Außerhalb der Aue sind wenig typische Ausbildungen des FFH-LRT 9170 Laubkraut-Eichen-Hainbuchenwald (3 ha) anzutreffen. Unter einer Baumschicht aus Feld-Ulme (Ulmus minor), Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) und Kultur-Birne (Pyrus communis), in der als Störzeiger Robinie (Robinia pseudoacacia) erscheint, siedeln in der Feldschicht Hain-Rispengras (Poa nemoralis), Taumel-Kälberkropf (Chaerophyllum temulum), Wald-Knaulgras (Dactylis polygama) und Echte Nelkenwurz (Geum urbanum). Der Stromlauf der Elbe prägt das Schutzgebiet.

Auf Buhnenfeldern entwickeln sich in Abhängigkeit von den periodisch schwankenden Wasserständen anuelle Uferfluren des FFH-LRT 3270 Flüsse mit Schlammbänken (300 ha). Bemerkenswerte Arten sind Elbe-Liebesgras (
Eragrostis albensis), Elbe-Spitzklette (Xanthium albinum ssp. albinum), Igelsamiger Spärkling (Spergularia echinosperma), Schlammling (Limosella aquatica), Braunes Zypergras (Cyperus fuscus) und Hirschsprung (Corrigiola litoralis). Der FFH-LRT 3260 Flüsse mit Wasservegetation (ca. 4 ha) siedelt in den Nebenfließen der Elbe, so z. B. der Nuthe. Gemeinsam mit dem Einfachen Igelkolben (Sparganium emersum) kommen hier Berle (Berula erecta), Sumpf- Wasserstern (Callitriche palustis agg.), Schwanenblume (Butomus umbellatus) und Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia) vor. Die Altwasser des Gebietes, die zum FFH-LRT 3150 Eutrophe Seen (ca. 60 ha) gehören, beherbergen eine charakteristische Artenfülle. Dazu zählen Spiegelndes, Stumpfblättriges, Durchwachsenblättriges und Haar-Laichkraut (Potamogeton lucens, P. obtusifolius, P. perfoliatus, P. trichoides), Spreizender und Haarblättriger Wasserhahnenfuß (Ranunculus circinatus, R. trichophyllos), Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), Weiße Seerose (Nymphaea alba), Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum), Kleines Nixkraut (Najas minor) sowie Krebsschere (Stratiotes aloides), Froschbiss (Hydrocharis morsus-ranae), Schwimmfarn (Salvinia natans), Gemeiner Wasserschlauch (Utricularia vulgaris) und Vielwurzelige Teichlinse (Spirodela polyrhiza). Hervorzuheben ist das Vorkommen der Armleuchteralge Nitella mucronata, die in der Roten Liste Sachsen-Anhalts noch als verschollen geführt wird.

Der FFH-LRT 6430 Feuchte Hochstaudenfluren (ca. 220 ha) siedelt an Gewässerufern, entlang von Flutrinnen sowie an Feuchtwiesen-, Wald- und Gebüschrändern. Weit verbreitet sind Auensäume mit der Seiden-Zaunwinden-Flur, der Schierlings-Gesellschaft sowie der Taubenkropf- oder Hopfen-Schleiergesellschaft. Gelegentlich ist die Katzenschwanz-Brennnessel-Staudenflur entwickelt. Feuchte Wiesensäume aus Langblättrigen Blauweiderich (
Veronica maritima), Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris) und Sumpf-Platterbse (Lathyrus palustris) sind mehrfach zwischen den Röhrichtgürteln der Altwasser und Flutrinnen ausgebildet. Nitrophile Säume bestehen aus Brennnessel-Staudenfluren oder Taumelkälberkropf- Gesellschaften. Ausgedehnte Grünländer, die auf großen Flächen intensiv genutzt und damit artenarm sind, prägen das Gebiet. Der überwiegende Anteil der artenreicheren Flächen ist dem FFH-LRT 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (ca. 400 ha) zuzuordnen, darunter viele Fuchsschwanz-Wiesen in den flussnahen Bereichen. Kennzeichnende Arten auf frischen Standorten sind Wiesen-Glockenblume (Campanula patula), Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) sowie Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare). Wesentlich geringere Flächenanteile nehmen Bestände des FFH-LRT 6440 Brenndolden-Auenwiesen (ca. 5 ha) ein. Diese sind auf Auenrandsenken und Randstreifen an Flutrinnen begrenzt oder liegen inselartig in artenärmeren Flächen. Kennzeichnende Arten sind Brenndolde (Cnidium dubium), Niedriges Veilchen (Viola pumila), Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Nordisches Labkraut (Galium boreale), Kanten-Lauch (Allium angulosum), Kümmel-Silge (Selinum carvifolia) und Silau (Silaum silaus). Der FFH-LRT 2330 Dünen mit offenen Grasflächen (ca. 6 ha) ist als Silbergrasflur ausgebildet. Der Lübser Heuberg nimmt eine besondere Stellung ein, da hier reiche Vorkommen der Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides), einer Art gem. Anhang II der FFH-Richtlinie, auftreten. 1995 werden für den Wuchsort ca. 15.000 Exemplare angegeben. Der Bestand hat sich bis heute durch Pflege und Förderung erheblich erhöht. Damit siedelt hier das an Rosetten reichste Vorkommen der Art in Sachsen-Anhalt und eines der größten in Mitteleuropa. Die nördlich Gerwisch befindlichen Dünen gehören als Exklave (21 ha) ebenfalls zum FFH-Gebiet. Hier siedeln die größten Bestände des FFH-LRT 6120* Kalkreichen Sandrasen (35 ha). Es handelt sich dabei überwiegend um sehr charakteristische Ausprägungen, in denen die typischen Arten Blaugrünes Schillergras (Koeleria glauca) und Sand-Schwingel (Festuca psammophila) dominieren. Erst 2010 wurde in diesen Rasen eine kleine Population der Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides) entdeckt. Daneben sind Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium), Großer Knorpellattich (Chondrilla juncea), Doldiges Habichtskraut (Hieracium umbellatum) und Berg-Sandknöpfchen (Jasione montana) vorhanden. Die Bestände sind vielfach sehr lückig und schütter, so dass auch Sand-Segge (Carex arenaria) und Silbergras (Corynephorus canescens) regelmäßig vorkommen. Im innerhalb des FFH-Gebietes gelegenen NSG Weinberg sind zudem wärmeliebende Steppen- und Sandtrockenrasen auf stark geneigten Sand- und Lehmstandorten in der zugehörigen Behandlungsrichtlinie als charakteristisch aufgeführt.

Fauna

Im Gebiet besiedeln Biber (Castor fiber) und Fischotter (Lutra lutra) nahezu alle Gewässer. Die Großflächigkeit sowie der Gewässer- und Strukturreichtum dieses Abschnitts der Elbeaue sind Grund dafür, dass hier bereits 14 Fledermausarten nachgewiesen werden konnten, darunter Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) und Großes Mausohr (Myotis myotis). Brandt-, Mücken- und Zwergfledermaus (Myotis brandtii, Pipistrellus pygmaeus P. pipistrellus) reproduzieren im Gebiet. Für Großen und Kleinabendsegler (Nyctalus noctula, N. leisleri) sowie Wasser-, Fransen-, Bart- und Rauhautfledermaus (Myotis daubentonii, M. nattereri, M. mystacinus, Pipistrellus nathusii) besteht der begründete Verdacht auf das Vorhandensein von Wochenstubengesellschaften. Graues Langohr (Plecotus austriacus) und Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) frequentieren das Gebiet zur Nahrungssuche.

Die Zauneidechse (
Lacerta agilis) wurde in den trockeneren Bereichen gefunden.
Ebenfalls bedeutsam sind die Vorkommen zahlreicher Lurch-Arten im Gebiet. Mit Ausnahme des Raumes unmittelbar an der Landeshauptstadt Magdeburg lebt in den Altwässern die Rotbauchunke
(Bombina bombina). Dem Moorfrosch (Rana arvalis) genügen oftmals schon flache Wasserstellen in Wiesensenken zur Paarung und Laichablage. Der Kammmolch (Triturus cristatus) findet sich vereinzelt in deichnahen Gewässern und Laubfrösche (Hyla arborea) bewohnen die von Auenwald umstandenen Altwässer südlich der Landeshauptstadt. Vereinzelt finden im Gebiet auch Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) und Kreuzkröte (Bufo calamita) ausreichende Lebensbedingungen vor.

Sowohl die Elbe als auch die angebundene Alte Elbe Magdeburg mit dem „Wasserfall“ Cracau bilden einen hervorragenden Lebensraum für rheophile Fischarten, da hier sehr differenzierte Substratbedingungen herrschen. So passieren Langdistanzwanderer wie Flussneunauge (
Lampetra fluviatilis) und Lachs (Salmo salar) den Elbe-Abschnitt. Der Rapfen (Aspius aspius) besiedelt den Strom und dringt auch bis in die Ehle bzw. den Umflutkanal bei Biederitz vor. Auch der Stromgründling (Romanogobio belingi) besiedelt den Fluss. In einigen Buhnenfeldern der Elbe und der Alten Elbe findet der Steinbeißer (Cobitis taenia) zusagende Korngrößen des Substrates, in das er sich tagsüber vergräbt. Auch der eigentlich Stillgewässer bewohnende Bitterling (Rhodeus amarus) wird zunehmend in der Elbe angetroffen, wo er insbesondere in den strömungsberuhigten Buhnenfeldern vorkommt. Im Gebiet der Kreuzhorst lebt in der Alte Elbe der Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) und in dem in das FFH-Gebiet einbezogenen Abschnitt der Nuthe bei Walternienburg wurde das Bachneunauge (Lampetra planeri) gefangen (Fangstatistik LHW).

Charakterisierend sind die aktuellen Kartierungen von Libellen, darunter der Grünen Keiljungfer (
Ophiogomphus cecilia) und der an die Vorkommen der Krebsschere gebundenen Grünen Mosaikjungfer (Aeshna viridis). Die Asiatische Keiljungfer (Gomphus flavipes) besiedelt als stenöke Fließgewässerart die sandigen Buhnenfelder. Die Östliche Moosjungfer (Leucorrhinia albifrons) wurde letztmalig im Jahre 2002 nachgewiesen. In den Alteichen gibt es aktuelle Beobachtungen von Heldbock (Cerambyx cerdo) und Hirschkäfer (Lucanus cervus), von Letzterem mit kontinuierlichen Belegen seit dem Jahr 1913 bis heute. Aktuell konzentrieren sich die Funde auf den Raum zwischen Schönebeck und Magdeburg. Nachdem lange Zeit nur Altnachweise vorlagen, gelang 2012 ein Nachweis des Eremiten (Osmoderma eremita) im NSG „Kreuzhorst“.

Obwohl nicht als EU-SPA ausgewiesen, besitzt das Gebiet dennoch große Bedeutung für zahlreiche wertgebende Brutvögel, wie z. B. Rotmilan (
Milvus milvus) und Schwarzmilan (Milvus migrans). Der Mittelspecht (Dendrocopos medius) ist in den alteichenreichen Auenwäldern flächendeckend verbreitet. Altarme und Altwasser bieten verschiedenen Wasservogelarten geeignete Bruthabitate, so u. a. der Rohrweihe (Circus aeruginosus), dem Schilf- und dem Drosselrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus, Acrocephalus arundinaceus) sowie dem Blaukehlchen (Luscinia svecivca). Bemerkenswert hoch sind zudem die Brutbestände von Neuntöter (Lanius colurio) und Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria).

Literatur: 93, 203, 207, 212, 264, 279, 304, 361, 401, 407, 448, 483, 496, 513, 560

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

Links / Dokumente

Hauptteil (N2000-LVO LSA)

Gebietsbezogene Anlage (N2000-LVO)

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte sowie den Managementplan des Gebietes finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.


Ein kleiner Teil des FFH-Gebietes befindet sich innerhalb des am 21. Dezember 2018 in Kraft getretenen Naturschutzgebiets "Mittelelbe zwischen Mulde und Saale". In diesem Bereich wird das FFH-Gebiet mittels der NSG-Verordnung rechtlich gesichert. Insofern sind in diesem kleinen Bereich ausschließlich die Regelungen der NSG-Verordnung anzuwenden. Die Natura 2000-Landesverordnung gilt an dieser Stelle nicht.

Verordnung des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt über das Naturschutzgebiet „Mittelelbe zwischen Mulde und Saale“
(Diese Datei enthält Lesezeichen, um Ihnen die Navigation in der Verordnung zu erleichtern.)

Anlage 1
Detailkarte 1
Detailkarte 2
Detailkarte 3
Detailkarte 4

Änderungsverordnung zur Ergänzung der Verordnung: VO v. 02.12.2020 (Amtsbl. d. LVwA LSA, Nr. 12 v. 15.12.2020), Karten zur Änderungsverordnung

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