Fallsteingebiet nördlich Osterwieck (F45/S27)

Kalk-Trockenrasen (LRT 6210*) am Fallstein © Dr. Uwe WegenerKalk-Trockenrasen (LRT 6210*) am Fallstein © Dr. Uwe Wegener

Größe [ha]: 1.390
Landkreise und kreisfreie Städte: Harz
Verwaltungseinheiten:Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck

Gebietsbeschreibung

Das FFH-Gebiet umfasst ein weitgehend geschlossenes Laubwaldgebiet mit unterschiedlichen Buchen-Waldgesellschaften und kleinflächigen Halbtrockenrasen. Es erstreckt sich in einer Höhenlage von 140 bis 285 m ü. NN im westlichen Teil des Breitsattels Fallstein-Huy-Hakel, der das „Nördliche Harzvorland“ nach Norden hin begrenzt. Der oberflächennah anstehende Kalkstein bzw. Mergel wird von schuttführenden, schluffigen Tonschichten überlagert. Die vorhandenen Lössdecken sind unterschiedlich mächtig und in den NSG Großer Fallstein sowie Kleinen Fallstein (Interaktive Karte der NSG) vielfach erodiert. Die Phänomene des Kalkkarstes, darunter zahlreiche Erdfälle auch in der Umgebung des Gebietes, sind bis in die jüngste Zeit belegt. Des Weiteren befindet sich im Bereich des FFH-Gebietes das NSG Osteroder Holz sowie das NSG Waldhaus (Interaktive Karte der NSG).

Ausgewählte Arten nach Anhang II der FFH-RichtlinieTextfeld öffnenTextfeld öffnen

Ausgewählte Arten nach Anhang IV der FFH-RichtlinieTextfeld öffnenTextfeld öffnen

Lebensraumtypen und Flora

Die Wälder im Gebiet werden überwiegend vom FFH-LRT 9130 Waldmeister-Buchenwald (960 ha) geprägt. Zur Hauptbaumart Rotbuche (Fagus sylvatica) kommen in geringen Anteilen Gemeine Esche (Fraxinus excelsior), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) und Trauben-Eichen (Quercus petraea) hinzu. In der Bodenvegetation siedeln neben Waldmeister (Galium odoratum) als Leitart auch Einblütiges und Nickendes Perlgras (Melica uniflora, M. nutans) sowie Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum), Wald-Segge (Carex sylvatica), Echte Sternmiere (Stellaria holostea), Ausdauerndes Bingelkraut (Mercurialis perennis), Maiglöckchen (Convallaria majalis) und Märzenbecher (Leucojum vernum) an. Leicht versauerte Bereiche deuten den Übergang zum Hainsimsen-Buchen-Wald an.
Der FFH-LRT 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwaldes (78 ha) ist meist nur kleinflächig im Nord-, Süd- und Südostteil des Großen als auch im Kleinen Fallstein entwickelt. Im Südteil wird er auf den trockeneren Standorten im NSG „Waldhaus“ recht gut repräsentiert. In der Baumschicht kommen neben den namengebenden Arten Spitz- und Feld-Ahorn (Acer platanoides, A. campestre), Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) und Elsbeere (Sorbus torminalis) regelmäßig vor. Das stete und vitale Auftreten der Rotbuche vermittelt zu den Buchen-Waldgesellschaften. Die Bodenflora wird u. a. durch Türkenbund-Lilie (Lilium martagon), Wald-Labkraut (Galium sylvaticum) und Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum) charakterisiert. Im Trauf der Wälder sind artenreiche Waldmäntel und Säume mit Türkenbund-Lilie (Lilium martagon), Pfirsichblättriger Glockenblume (Campanula persicifolia), Färber-Scharte (Serratula tinctoria), Maiglöckchen (Convallaria majalis), Hohlem Lerchensporn (Corydalis cava), Seidelbast (Daphne mezereum) und Schwarzer Platterbse (Lathyrus niger) vorzufinden. Bei flächigen Auflichtungen der Waldränder trifft man auf Übergänge zum Steinsamen- und Fingerkraut-Eichen-Trockenwald. Purpurblauer Steinsame (Buglossioides purpurocaeruleum) und Weißes Fingerkraut (Potentilla alba) nehmen durch Lichtstellungen zu.

Die Halbtrockenrasen innerhalb des Gebietes sind dem FFH-LRT 6210 Kalk-Trockenrasen (*orchideenreiche Bestände) (3,6 ha) zuzuordnen. Sie befinden sich am Südhang des Kirchbergs. Vor etwa 100 Jahren dürften im gesamten Fallsteingebiet mehr als 200 ha dieses Biotops ausgebildet gewesen sein. Überwiegende Bestände der Südhänge sind homogen strukturiert. Artenreicher sind die Halbtrockenrasen im Umland des Kalkstein-Steinbruchs Hoppenstedt ausgeprägt. Diese Flächen sollten in das FFH-Gebiet einbezogen werden. Typische Arten dieser Trocken- und Halbtrockenrasen sind Furchen-Schwingel (Festuca rupicola), Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum), Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris), die Enzian-Arten Gentianella germanica und G. ciliata, Knolliger Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus), Wundklee (Anthyllis vulneraria), Blaugrüne Segge (Carex flacca), Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe), Kleines Mädesüß (Filipendula vulgaris), Färber-Ginster (Genista tinctoria), Gemeines Sonnenröschen (Helianthemum nummularium), Hirsch-Haarstrang (Peucedanum cervaria), Steppen-Lieschgras (Phleum phleoides), Bitteres Kreuzblümchen (Polygala amara), Frühlings- Fingerkraut (Potentilla tabernaemontani) und Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria). Am spektakulärsten sind aber die schönen Bestände des Frühlings-Adonisröschens (Adonis vernalis), das hier seine nordwestliche Arealgrenze erreicht. Erwähnenswerte Orchideenarten im Fallstein sind u. a. Kleinblättriger und Violetter Sitter (Epipactis microphylla, E. purpurata), Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera), Purpur- und Stattliches Knabenkraut (Orchis purpurea, O. mascula), Große Händelwurz (Gymnadinia conopsea) und Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha).

Fauna

In den letzten Jahren konnten Nachweise für das Vorkommen der Haselmaus (Muscardinus avellanarius) im Gebiet erbracht werden. Zur Fledermausfauna zählt die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus), die im Gebiet Wochenstubengesellschaften bildet. Daneben ist das Vorkommen von Großem Mausohr (Myotis myotis), Braunem Langohr (Plecotus auritus) sowie Bart- und Fransenfledermaus (Myotis mystacinus, M. nattereri) erwähnenswert.

Auch die Zauneidechse (Lacerta agilis) dürfte im Gebiet verbreitet sein.
Nachweise von Springfrosch (Rana dalmatina) und Bergmolch (Triturus alpestris) liegen vor.

Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) wurde im Jahr 2000 letztmalig für das Gebiet belegt. Aktuelle Untersuchungen konnten diese Art bisher aber nicht bestätigen, zudem gibt es kaum geeignete Entwicklungshabitate. Dagegen gelang es hier, erstmalig für Deutschland die Schwarzkäferart Laena viennesis nachzuweisen (Weigel, mdl. Mitt.). Die Art gehört zur Gruppe der Prä- und Interglazialrelikte. Bis in die 1950er Jahre gab es in den Halbtrockenrasen am Südrand des Großen Fallsteins Vorkommen des Schwarzfleckigen Ameisenbläulings (Maculinea arion) (Belege in der Sammlung F. Appel aus Rhoden im Museum der Natur Gotha), der heute bis auf ein Restvorkommen im Unstruttal in Sachsen-Anhalt verschollen ist.

Im EU SPA kommen bemerkenswerte Vogelarten, wie Mittel- und Schwarzspecht (Dendrocopos medius, Dryocopus martius) sowie Sperber (Accipiter nisus) in geringer Siedlungsdichte vor. In den Saumstrukturen leben Wendehals (Jynx torquilla) und Neuntöter (Lanius collurio). Der Fallstein war in der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert mit 20 bis 30 Brutpaaren ein Schwerpunkt für das Vorkommen von Rot- und Schwarzmilan (Milvus milvus, M. migrans). Agrarstrukturelle Veränderungen in der Umgebung und eine intensive Waldbewirtschaftung haben jedoch zu einer starken Abnahme dieser Greifvogelbestände geführt. Das FFH-Gebiet ist weiterhin Brutgebiet des Wespenbussards (Pernis apivorus). Darüber hinaus wurden ebenfalls in den Randlagen des Fallsteins Grauspecht (Picus canus), Kleinspecht (Dendrocopos minor) und Grünspecht (Picus viridis) festgestellt. Von landesweiter Bedeutung sind die Brutvorkommen des Zwergschnäppers (Ficedula parva).

Literatur: 2, 111, 136, 207, 212, 264, 265, 316

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

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