Huy nördlich Halberstadt (SPA0028)

Blick entlang der Nordkante des Huy © Stefan Ellermann (LAU)Blick entlang der Nordkante des Huy © Stefan Ellermann (LAU)

Größe [ha]:2.021
Landkreise und kreisfreie Städte:Harz
Verwaltungseinheiten: Verbandsgemeinde Vorharz; Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck; Einheitsgemeinde Stadt Halberstadt; Einheitsgemeinde Huy

Gebietsbeschreibung

Das EU SPA Huy nördlich Halberstadt befindet sich ca. 6 km nordwestlich von Halberstadt und umfasst insgesamt 2.021 ha. Der bewaldete Höhenzug des Huy erstreckt sich zwischen Dardesheim und Schwanebeck in einer Ost-West-Ausdehnung von etwa 12 km. Die Grenze des EU SPA entspricht im Wesentlichen dem Verlauf der Waldkante des Huys, der als weitgehend geschlossenes Waldgebiet inselartig aus der umgebenden Agrarlandschaft ragt. Am Fuß des Höhenzuges befinden sich im Süden die Ortschaften Sargstedt, Aspenstedt und Athenstedt und im Norden Dingelstedt. Nördlich grenzen die Ortschaften Huy-Neinstedt, Wilhelmshall und Röderhof direkt an das Schutzgebiet an. Innerhalb des Huys liegen Mönchhai sowie das Benediktiner-Kloster St. Marien auf der Huysburg. Alle Siedlungen sind aus der Fläche des EU SPA ausgegrenzt. Innerhalb des Vogelschutzgebietes sind neben den in Nord-Süd-Richtung querenden Landesstraßen L83 und L84 auch innerhalb der Waldfläche sowie zwischen Röderhof und Wilhelmshall gut ausgebaute Forstwege vorhanden. Von den Zugangsstraßen aus sind die touristischen Anziehungspunkte des Gebietes (unter anderem Gletschertöpfe, Danailshöhle, Kloster Huysburg, Sargstedter Warte und Paulskopfwarte) erschlossen. Daneben existiert ein gut ausgebautes Wanderwegenetz, das auch zwei Radwanderwege beinhaltet.

Das EU SPA wurde im Jahr 2003 per Kabinettsbeschluss gemeldet. Es ist flächen- und namensgleich mit dem FFH-Gebiet und liegt bis auf die östlichste Spitze innerhalb des LSG "Huy". Das FFH- und Vogelschutzgebiet wurde 2018 mit Inkrafttreten der Landesverordnung Natura 2000 (N2000-LVO LSA) rechtlich gesichert. Im zentralen Teil des EU-Vogelschutzgebietes sind seit 1961 etwa 244 ha als NSG "Herrenberg und Vorberg im Huy" (Interaktive Karte der NSG) ausgewiesen.

Naturräumlich liegt der Huy innerhalb des nördlichen Harzvorlandes in der Harzrandmulde. Das weitgehend geschlossene Waldgebiet ragt inselartig aus der umgebenden Agrarlandschaft. Geologisch besteht der Huy aus zwei fast parallelen, bis 314 m über NN (Buchenberg) hohen Muschelkalksatteln in herzynischer Streichrichtung, die durch eine Verwerfungsspalte getrennt sind. Deutlich ragen einzelne Kuppen als Berge aus der Landschaft heraus. Während die Erhebung des Huy von Süden relativ steil ansteigt, fällt das Gelände nach Norden hin sanfter ab (MAMMEN et al. 2007b). Der nördliche Sattel ist aus Schichten des Oberen Muschelkalks, der südliche Sattel aus Schichten des Unteren Muschelkalks aufgebaut. Im Scheitelbereich sind Buntsandsteinschichten aufgeschlossen. Diese Ausgangsgesteine sowie teils aufgelagerte Lössschichten waren Ausgangspunkt unterschiedlichster Bodenbildungen und ermöglichen die Existenz verschiedener Pflanzengesellschaften.

Das EU SPA liegt im niederschlagsarmen Mitteldeutschen Trockengebiet und ist relativ arm an Oberflächengewässern. Meist handelt es sich um temporäre Kleingewässer bzw. auch um ehemalige Fischteiche (z. B. Röderhofer Teiche) oder, wie bei den Kolly-Teichen im West-Huy, um wassergefüllte Erdfälle (Dolinen). Grundwasseraustritte aus Kalkgestein führten zur Bildung von Karst- und Schichtquellen, wie beispielsweise der Jürgenquelle. Weitere Quellen befinden sich auch in Röderhof, Wilhelmshall und Huy-Neinstedt. Von den Quellaustritten ausgehend entwässern kleine Bachläufe den Huy (ÖKOTOP 2012). Über den Muschelkalkstandorten stocken Waldmeister- und Perlgras-Buchenwälder, auf den versauerten Buntsandsteinen dagegen Hainsimsen-Buchenwälder. An den Nordhängen sind Bingelkraut-Buchenwälder ausgebildet. Auf südexponierten Standorten werden die Buchenwälder durch Eichen-Hainbuchenwälder abgelöst, die an den Waldrändern teils in xerotherme Eichentrockenwälder übergehen. In den Gründchen der Täler wachsen Ahorn- Eschenwälder. Forstlich genutzter Nadelwald (überwiegend Lärche) nimmt als Buchenvoranbau nur einen geringen Anteil ein und wird mit dem Aufwachsen der Buchen wieder entfernt.

Eine Besonderheit sind die zahlreichen Orchideenarten, die im NSG anzutreffen sind. Offen- und Halboffenland ist mit einem Flächenanteil von etwa 9 % vorhanden und konzentriert sich vor allem im bis 1990 teils militärisch genutzten Ost-Huy am Paulskopf sowie in der Teilfläche nördlich von Sargstedt. Der von gebüschdurchsetzten Magerrasen mit umgebenden Niederwäldern geprägte Ostteil des Huy bildet dabei einen eigenen landschaftlichen Komplex innerhalb des EU SPA. Darüber hinaus sind kleinflächige Offen- und Halboffenlandbiotope wie Magerrasen, Streuobstwiesen und Grünland, im gesamten Gebiet verstreut. Außerhalb des EU SPA schließen sich teils ackerbaulich genutzte, mit Streuobstwiesen, Trocken- und Halbtrockenrasen und Feldgehölzen reich strukturierte wärmebegünstigte Hanglagen an (MAMMEN et al. 2007b).

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Das EU SPA Huy nördlich Halberstadt bietet mit seinen alten Laubmischwaldgesellschaften einen geeigneten Lebensraum für viele Waldvogelarten, wobei Greifvogel- und Spechtarten besonders hervorzuheben sind. Im wärmebegünstigten und abwechslungsreich strukturierten Umland des Huy finden Charakterarten von Offenlandstrukturen wie Neuntöter und Sperbergrasmücke geeignete Lebensstätten. Für den Grauspecht ist das EU SPA eines der 5 wichtigsten Brutgebiete in Sachsen-Anhalt. Für Rastvögel hat das Gebiet keine landesweite Bedeutung.

Brutvögel

Das EU SPA ist eines der fünf wichtigsten Brutgebiete Sachsen-Anhalts für den seltenen Grauspecht, von dem im Rahmen der Erstinventarisierung 5 Reviere nachgewiesen wurden. Die meisten Habitate des Grauspechts befinden sich im wärmebegünstigten Ost-Huy (MAMMEN et al. 2007b). Neben dem Grauspecht bieten die Waldbereiche des Huy auch Grünspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht, Buntspecht und Kleinspecht einen Lebensraum. Der Schwarzspecht kommt insbesondere in Bereichen mit alten Buchen vor. Als Bewohner von alten Eichenwäldern mit einem hohen Totholzanteil findet der Mittelspecht nur in einigen Teilbereichen des Huy geeignete Habitate. Dort, z. B. in den Eichenmischbeständen im westlichen Huy, werden allerdings beachtliche Dichten von 3 BP / 100 ha erreicht (MAMMEN et al. 2007b).

Im Huy brüten weiterhin Rotmilan und Wespenbussard. Während der 1970er und 1980er Jahre wurden die großen isolierten Waldgebiete Huy und Hakel kolonieartig vom Rotmilan besiedelt. Der Maximalbestand im Huy wurde im Jahr 1981 mit 92 Brutpaaren registriert (GÜNTHER & WADEWITZ 1990). Frühere Erfassungen belegen auch Nachweise des Schwarzmilans, der jedoch seit 1999 nicht mehr als Brutvogel im Huy nachgewiesen werden konnte. Die Ursachen hierfür sind unbekannt (MAMMEN et al. 2007b). Der höchste Bestand wurde im Jahr 1992 mit 7 Brutpaaren erreicht (MAMMEN 1993). Der Wespenbussard konnte 2006 nicht nachgewiesen werden, jedoch liegen aus mehreren Jahren Beobachtungen vor, die einen Brutverdacht rechtfertigen.

Reich strukturierte, xerotherme Offenlandbereiche mit Hecken und Gebüschen finden sich überwiegend im Bereich der Paulskopfwarte im Ost-Huy sowie entlang der südlichen Waldrandbereiche des Gebietes. In diesen Habitaten brüten Neuntöter, Sperbergrasmücke und Wiesenpieper. An Grenzstrukturen zwischen Wald und Offenland findet die Grauammer geeignete Habitatstrukturen vor (MAMMEN et al. 2007b). Die zahlreichen Streuobstwiesen, vor allem in den Bereichen Paulskopfwarte und Lindenberg, werden in hoher Dichte vom Wendehals besiedelt. Der Grünspecht, der ebenfalls in Streuobstwiesen zu finden ist, besiedelt im Huy außerdem lichte Waldbestände und strukturreiche Offenlandbereiche mit lockerem Baumbestand (MAMMEN et al. 2007b). Erwähnenswert ist auch ein Revier des Karmingimpels, das 2006 an einem Waldrand im Ost-Huy nachgewiesen wurde (MAMMEN et al. 2007b). Der Karmingimpel ist in Sachsen-Anhalt eine sehr seltene Art mit einem geschätzten Landesbestand von maximal 15 Revieren (Fischer & DORNBUSCH 2008, 2010b).

Literatur

verändert nach:

MAMMEN, K. & U.; DORNBUSCH, G.; FISCHER, S. (2013): Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 10/2013.

Links / Dokumente

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