Kühnauer Heide und Elbaue zwischen Aken und Dessau (FFH0125)

Sandrasen auf Dünen © LPR - Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbHSandrasen auf Dünen © LPR - Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH

Größe [ha]: 3.880
Landkreise und kreisfreie Städte: Anhalt-Bitterfeld, Stadt Dessau-Roßlau
Verwaltungseinheiten:Einheitsgemeinde Stadt Aken (Elbe); Einheitsgemeinde Stadt Zerbst/Anhalt; Einheitsgemeinde Stadt Dessau-Roßlau

Gebietsbeschreibung

Westlich von Dessau bis Aken erstreckt sich das großflächige FFH-Gebiet in der breiten, rezenten Elbeaue. Es erfasst einen äußerst vielgestaltigen Ausschnitt aus dem „Dessauer Elbetal“. Große Teile der Kühnauer Heide auf Niederterrassen und Dünen zwischen Klein Kühnau und Aken sind in das FFH-Gebiet einbezogen. Im Bereich des FFH-Gebietes befindet sich das NSG Mittelelbe zwischen Mulde und Saale (Interaktive Karte der NSG).

Lebensraumtypen und Flora

Der Stromlauf der Elbe bestimmt das Schutzgebiet. An den Elbufern auf Buhnenfeldern entwickeln sich in Abhängigkeit von den periodisch schwankenden Wasserständen anuelle Uferfluren des FFH-LRT 3270 Flüsse mit Schlammbänken (324 ha). Bemerkenswerte Arten sind Elbe-Liebesgras (Eragrostis albensis), Elbe-Spitzklette (Xanthium albinum ssp. albinum), Igelsamiger Spärkling (Spergularia echinosperma), Schlammling (Limosella aquatica), Braunes Zypergras (Cyperus fuscus) und Hirschsprung (Corrigiola litoralis).

Wälder stocken sowohl auf Auen- als auch auf Standorten der Niederterrassen und Dünen. Weidenwälder des FFH-LRT 91E0* Weichholzauenwälder (86 ha) begleiten saumartig die Ufer der Elbe. Sie bestehen v. a. aus Fahl-Weide (Salix x rubens), Silber-Weide (S. alba), Schwarz-Pappel (Populus nigra) und Flatter-Ulme (Ulmus laevis). Die Bestände des FFH-LRT 91F0 Hartholzauenwälder (1.488 ha) sind großflächig im Kühnauer Forst und im Saalberghau entwickelt. Ihre Baumschicht wird von Stiel-Eiche (Quercus robur) beherrscht, Flatter-Ulme (Ulmus laevis) und Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) sind beigesellt. Charakteristisch ist der Frühjahrsaspekt der höher gelegenen Bereiche, der durch eine Reihe von Geophyten wie Aronstab (Arum maculatum), Vielblütiger Weißwurz (Polygonatum multiflorum), Echtem Lungenkraut (Pulmonaria vulgaris) und Mittlerem Lerchensporn (Corydalis intermedia) bestimmt wird. Seltener kommen Märzenbecher (Leucojum vernum) und Wiener Blaustern (Scilla vindobonensis) vor.
Auf dem Niederterrassen- und Dünenzug findet man nur noch kleinflächig den FFH-LRT 9160 Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald einschließlich des Silgen-Eichen-Waldes, den FFH-LRT 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (zusammen 90 ha) und den FFH-LRT 9190 Eichenwälder auf Sandebenen (10 ha). Die natürlichen Waldgesellschaften wurden hier verbreitet durch Kiefernforste ersetzt.

Die wechselfeuchten Grünlandstandorte werden von Brenndolden-Auenwiesen und gutwüchsigen Labkraut-Fuchsschwanz-Wiesen besiedelt. Weiterhin kommen auf den nur selten überschwemmten Gebieten in Deichnähe und auch direkt auf den Deichböschungen artenreichere Glatthafer-Wiesen vor. Letztere sind zusammen mit den Fuchsschwanz-Wiesen dem FFH-LRT 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (200 ha) zuzustellen. Den FFH-LRT 6440 Brenndolden-Auenwiesen (48 ha) kennzeichnen Arten wie Brenndolde (Cnidium dubium), Nordisches Labkraut (Galium boreale), Wiesen-Silau (Silaum silaus), Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Kanten-Lauch (Allium angulosum) und Sibirische Schwertlilie (Iris sibirca). Hervorzuheben ist das Vorkommen der seltenen Mädesüß-Hahnenfuß-Wiese mit den Pflanzenarten Vielblütiger Hahnenfuß (Ranunculus polyanthemos), Weidenblättriger Alant (Inula salicina) und Kleines Mädesüß (Filipendula vulgaris).

Offene Dünen mit dem FFH-LRT 2310 Dünen mit Heidekraut- und Ginsterheiden (3 ha) und dem FFH-LRT 2330 Dünen mit offenen Grasflächen (7 ha) sind nur noch kleinflächig auf den ehemaligen militärisch genutzten Flächen im Südosten des Gebietes vorhanden und im Rückgang begriffen. Bestände mit Heidekraut (Calluna vulgaris), Dreizahn (Danthonia decumbens), Doldigem Habichtskraut (Hieracium umbellatum) sowie Gemeinem und Spitzflügeligem Kreuzblümchen (Polygala vulgaris, P. vulgaris ssp. oxyptera) gehören der Wolfsmilch-Heidekraut-Heide an und befinden sich in überwiegend guten Erhaltungszuständen. Als floristische Besonderheit wurde hier der Gold-Klee (Trifolium aureum) nachgewiesen. Dünenstandorte mit Silbergras-Fluren existieren als punktuelle Restvorkommen stark gestörter Sandstandorte. Häufig bestehen Vergesellschaftungen mit dem FFH-LRT 6120* Kalkreiche Sandrasen (25 ha), wie zum Beispiel in der Kühnauer Heide, im Saalberghau und südlich der Ortslage Steutz. Sie besitzen allerdings mittlere bis schlechte Erhaltungszustände. Bemerkenswerte Arten sind Zierliches Schillergras (Koeleria macrantha), Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum), Ohrlöffel-Leimkraut (Silene otites), Liegender Ehrenpreis (Veronica prostrata), Ähriger Blauweiderich (Veronica spicata), Alpen-Vermeinkraut (Thesium alpinum), Mondraute (Botrychium lunaria), Goldhaar-Aster (Aster linosyris), Glattes Brillenschötchen (Biscutella laevigata), Mauer-Felsenblümchen (Draba muralis), Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula) sowie Pech- und Nickende Nelke (Silene viscaria, S. nutans).

Der FFH-LRT 6430 Feuchte Hochstaudenfluren (16 ha) besiedelt Gewässerufer entlang von Flutrinnen sowie an Feuchtwiesen-, Wald- und Gebüschrändern. Weit verbreitet sind Auensäume mit der Seiden-Zaunwinden-Flur, der Schierlings-Gesellschaft sowie der Taubenkropf- oder Hopfen-Schleiergesellschaft. Zwischen mittlerer Hochwasser- und Mittelwasserlinie kommt gelegentlich die Katzenschwanz-Brennnessel-Staudenflur vor. Mehrfach findet man zwischen den Röhrichtgürteln der Altwasser und Flutrinnen sowie an angrenzenden Grünländern oder Gehölzen feuchte Wiesensäume aus Langblättrigem Blauweiderich (Veronica maritima) und Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris). Eine Besonderheit ist dort der thermophile Schwertlilien-Alant-Wiesensaum mit Sibirischer Schwertlilie (Iris sibirica), Weidenblättrigem Alant (Inula salicina), Rasen-Segge (Carex cespitosa) und Glänzender Wiesenraute (Thalictrum lucidum). Säume aus Großem Mädesüß bilden sich gelegentlich auf brach gefallenem Grünland, während die nitrophilen Säume aus Brennnessel-Staudenfluren oder Taumelkälberkropf-Gesellschaften bestehen. Reich an Stauden sind auch die Säume mit Banat-Segge (Carex buekii), einer Besonderheit des Gebietes.

In den meist eutrophen Altwässern kommt eine reiche Wasser- und Verlandungsvegetation vor, die dem FFH-LRT 3150 Eutrophe Seen (48 ha) entspricht. Hervorzuheben ist das Auftreten der Wassernuss (Trapa natans)-Gesellschaft im Kühnauer See und der häufiger auftretenden Schwimmfarn (Salvinia natans)-Gesellschaft, die im Mittelelbegebiet einen Verbreitungsschwerpunkt besitzen. Das Kleine Nixkraut (Najas minor) als Sommerwärme liebende Art, ebenfalls im Kühnauer See vorkommend, hat im Elbegebiet zwischen Torgau und Barby sein einziges zusammenhängendes Vorkommen in Ostdeutschland. Ein oligotrophes Gewässer mit Beständen der Armleuchteralgen Chara hispida und Chara deliculata des FFH-LRT 3140 Oligo- bis mesotrophe kalkhaltiger Gewässer mit Armleuchteralgen (< 0,1 ha) befindet sich im südlichen Teil der „Luderwiese“ innerhalb des militärischen Sperrgebietes.

Fauna

Die Elbeaue zwischen Aken und Dessau zählt zum Kerngebiet der autochthonen Population des Elbebibers (Castor fiber albicus) und auch der Fischotter (Lutra lutra) kommt im FFH-Gebiet sowohl entlang des Hauptstroms als auch an den elbenahen Nebengewässer vor.
Auf Grund der zahlreich im Gebiet vorhandenen unterschiedlichen Gewässer sowie des stark strukturierten Baumbestandes, bietet das Gebiet hervorragende Bedingungen für eine artenreiche Fledermausfauna. Mindestens zwölf Arten sind im Gebiet nachgewiesen. Reproduktionsnachweise existieren von der Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus), dem Großen und dem Kleinabendsegler (Nyctalus noctula, N. leisleri), der Fransen-, der Wasser-, der Brandtfledermaus (Myotis nattereri, M. daubentonii, M. brandtii), der Mücken- und der Rauhautfledermaus (Pipistrellus pygmaeus, P. nathusii). Großes Mausohr (Myotis myotis), Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) sowie Braunes und Graues Langohr (Plecotus auritus, P. austriacus) haben hier ihre Jagdgebiete.

Als wertgebende Art der Kriechtiere lebt die Zauneidechse (Lacerta agilis) in den trockenen Bereichen der Kühnauer Heide mit sonnenexponierten Kleinflächen und schütterer Vegetation.

Die unterschiedlichen Lebensräume des FFH-Gebietes werden von verschiedenen Arten der Lurche besiedelt. Weit verbreitet ist der Moorfrosch (Rana arvalis), der an insgesamt 140 Gewässern nachgewiesen wurde. Rotbauchunken (Bombina bombina) finden im Gebiet zahlreiche geeignete Lebensräume und auch für den Laubfrosch (Hyla arborea) sind viele Gewässer mit rufenden Tieren bekannt. In Randgebieten kommt die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) an insgesamt 23 Laichgewässern vor. Weitere Einzelnachweise existieren für die Kreuzkröte (Bufo calamita) und den Kammmolch (Triturus cristatus).

Zu den bemerkenswerten Fischarten der Elbe zählen Rapfen (Aspius aspius), Stromgründling (Romanogobio belingi) sowie die Wanderfischarten Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) und Lachs (Salmo salar). Steinbeißer (Cobitis taenia) werden seit 1990 im Kühnauer See nachgewiesen. Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) und Bitterling (Rhodeus amarus) leben sowohl dort als auch im Unter- und Obersee. Vorkommen in weiteren Gewässern der Elbeaue sind anzunehmen.
Herauszuheben sind außerdem die Vorkommen des vom Aussterben bedrohten Sommer-Feenkrebses (Branchipus schaefferi).

Im Gebiet trifft man u. a. die Libellenarten Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis), Grüne Keiljungfer (Ophiogomphus cecilia) und Asiatische Keiljungfer (Gomphus flavipes) an. Weiterhin bestehen aktuelle Nachweise für den Eremiten (Osmoderma eremita), den Heldbock (Cerambyx cerdo) und den Hirschkäfer (Lucanus cervus).

Das Schutzgebiet als Teil eines weit größeren EU SPA weist aufgrund der vielfältigen Biotopausstattung eine reiche Brutvogelfauna auf. So werden die verbuschenden Heideflächen von Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), Heidelerche (Lullula arborea), Neuntöter (Lanius collurio) und Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) besiedelt. Die Feuchtbiotope der Elbeaue beherbergen Brutvorkommen von Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana), Kiebitz (Vanellus vanellus) und Bekassine (Gallinago gallinago). In den an Alteichen reichen Hartholzauenwäldern nisten zahlreich der Mittelspecht (Dendrocopos medius) sowie baumbrütende Mauersegler (Apus apus). Weiterhin gehören Fischadler (Pandion haliaetus), Seeadler (Haliaeetus albicilla) und Wanderfalke (Falco peregrinus) zu den Brutvögeln. Während der Zugzeiten rasten u. a. Singschwan (Cygnus cygnus) und Pfeifente (Anas penelope) in der Elbaue. Im Frühjahr und Sommer halten sich zudem regelmäßig Schwarzstörche (Ciconia nigra) im Gebiet auf.

Literatur: 72, 155, 207, 212, 242, 251, 254, 264, 284, 346, 361, 407, 413, 118, 469, 483, 513, 447, 530, 533, 534, 535, 579, 580

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

Links / Dokumente

Hauptteil (N2000-LVO LSA)

Gebietsbezogene Anlage (N2000-LVO)

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte des Gebietes finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.


Ein Teil des FFH-Gebietes befindet sich innerhalb des am 21. Dezember 2018 in Kraft getretenen Naturschutzgebiets "Mittelelbe zwischen Mulde und Saale". In diesem Bereich wird das FFH-Gebiet mittels der NSG-Verordnung rechtlich gesichert. Insofern sind in diesem kleinen Bereich ausschließlich die Regelungen der NSG-Verordnung anzuwenden. Die Natura 2000-Landesverordnung gilt an dieser Stelle nicht.

Verordnung des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt über das Naturschutzgebiet „Mittelelbe zwischen Mulde und Saale“
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Anlage 1
Detailkarte 1
Detailkarte 2
Detailkarte 3
Detailkarte 4

Änderungsverordnung zur Ergänzung der Verordnung: VO v. 02.12.2020 (Amtsbl. d. LVwA LSA, Nr. 12 v. 15.12.2020), Karten zur Änderungsverordnung

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