Vogelschutzgebiet Annaburger Heide (SPA0023)

großflächige, offene Dünenbereiche und Heideflächen in der Annaburger Heide © Martin Trost (LAU)großflächige, offene Dünenbereiche und Heideflächen in der Annaburger Heide © Martin Trost (LAU)

Größe [ha]:6.077
Landkreise und kreisfreie Städte:Wittenberg
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Annaburg; Einheitsgemeinde Stadt Jessen (Elster)

Gebietsbeschreibung

Die Annaburger Heide ist ein Ländergrenzen übergreifendes Waldgebiet im Landkreis Wittenberg. Neben Sachsen-Anhalt haben auch der Freistaat Sachsen und das Land Brandenburg Anteile an diesem Gebiet. Das EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide erstreckt sich in Sachsen-Anhalt von der Landesgrenze zu Brandenburg ausgehend bis fast an die Stadt Annaburg heran. Im Norden wird es durch die Ortschaften Löben, Premsendorf und Arnsnesta bzw. den Lauf der Schwarzen Elster begrenzt, im Südwesten verläuft die Gebietsgrenze durch den Forst. Insgesamt umfasst das EU SPA eine Fläche von 6.077 ha.

Das EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide wurde im Jahr 2000 gemeldet. Etwa die Hälfte der Fläche ist auch Bestandteil der im Gebiet ausgewiesenen 3 FFH-Gebiete. Ein kleiner Teil im Norden des EU SPA entlang der Schwarzen Elster ist als NSG "Alte Elster und Rohrbornwiesen" unter Schutz gestellt.

Innerhalb des Naturraumes Elbe-Mulde-Tiefland gehört die Region zum Elbe-Elster-Tiefland. Die entsprechende Landschaftseinheit Sachsen-Anhalts trägt die Bezeichnung Annaburger Heide und Schwarze-Elster-Tal. Die Annaburger Heide ist durch pleistozäne Bodenentwicklung charakterisiert, wobei das EU SPA mit der Elsteraue und der eigentlichen Annaburger Heide aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen besteht (SIMON 2005). Vorherrschende Böden im Bereich des saalekaltzeitlichen Urstromtales und in den ­achen Flussauen am Rande des Gebietes sind grundwasserbeeinflusste Auenböden wie Sand- und Decklehm-Gleye. Bei der Annaburger Heide handelt es sich um Sandflächen mit waldbestandenen Dünenkomplexen auf einem Höhenniveau zwischen 76 und 100 m über NN. Die Dünen sind mit Sand-Rankern oder gering entwickelten Sand-Braunerden bedeckt (BFN 2013).

Die militärische Nutzung der Annaburger Heide wurde in den 1950er Jahren durch die Nationale Volksarmee begonnen. Innerhalb weniger Jahre entstanden zunächst mehrere Truppenübungslager und zwei Panzerschießplätze. Der Truppenübungsplatz wurde ständig weiter ausgebaut und modernisiert und erhielt einen Bahnanschluss. 1994 wurde das Gelände in einen Standortübungsplatz umgewandelt. Heute ist die Annaburger Heide Bestandteil des gleichnamigen militärischen Sicherheitsbereiches (MSB) des Bundeswehrstandortes Schönewalde/Holzdorf mit den drei Ausbildungseinrichtungen Standortübungsplatz Holzdorf, Schießgelände und Übungsraum für fliegende Kräfte (Lastenabwurfzone). Die Nutzung des MSB Annaburger Heide erfolgt überwiegend durch die Unteroffiziersschule des Heeres Delitzsch, durch die vor Ort stationierten Verbände und Einheiten der Luftwaffe sowie eine Vielzahl anderer Truppenteile, jedoch dient das Gelände auch für zivile Übungen von DRK, THW und Polizei (BROSCHUERE.DE 2007).

Seit 1954 befindet sich das Gebiet in ständiger militärischer Nutzung. Da weite Teile der Annaburger Heide als Sperrgebiet nicht zugänglich waren bzw. sind, konnte sich die Natur hier weitgehend ungestört entwickeln. Teilweise erfolgt eine forstwirtschaftliche Nutzung. Vorrangig sind im EU SPA Kiefernforste vorhanden, jedoch auch Mischwälder mit teils sehr alten Eichen. Die offenen Dünenbereiche und die ausgedehnten Heideflächen stellen interessante Habitate für verschiedene Tierarten dar. Jedoch kommt es auf den nicht mehr genutzten Schießplätzen zu fortschreitender Sukzession durch Birkenaufwuchs und Kiefernverjüngung. Eingestreut in die genannten Lebensräume sind Gräben, anmoorige Bereiche und Erlenbruchwäldchen. Gewässer, Feuchtgebiete und Grünland sind dabei vor allem im Norden und Nordwesten des EU SPA vorhanden, wie im NSG "Alte Elster und Rohrbornwiesen" (Interaktive Karte der NSG). Die Wasserqualität der Schwarzen Elster hat sich deutlich verbessert, was sich in einer größeren floristischen Vielfalt niederschlägt. Auch sind noch einige Elemente der Hartholzaue, z. B. die Stieleiche, vorhanden.

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Die Annaburger Heide ist Lebensraum einer charakteristischen Vogelwelt der Heide- und Offenlandbiotope. Zusätzlich bereichern die artenreichen Altwasser und Feuchtwiesen das Gebiet und bieten vielen weiteren Brutvögeln sowie Zug- und Rastvögeln ein geeignetes Nahrungshabitat. Das Gebiet genießt weitgehende Störungsfreiheit und bietet störungssensiblen Arten wie Schwarzstorch, Seeadler und Kranich sichere Rückzugsgebiete. Auch wenn im EU SPA kleinere Flächen für Zug- und Rastvögel geeignet sind, sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelzahlen bekannt.

Brutvögel

Das weitgehend störungsfreie EU-Vogelschutzgebiet Annaburger Heide bietet Lebensraum für eine Vielzahl gefährdeter Vogelarten. Vor allem störungssensible Arten wie Schwarzstorch, Seeadler und Kranich finden hier geschützte Brutmöglichkeiten vor. So ist die Annaburger Heide eines der Top-5-Gebiete für den Kranich. Er brütet in grundwassernahen Bereichen, die sich überwiegend entlang von Altwassern im Bereich der Elsteraue befinden. Ebenfalls schwerpunktmäßig in der Elsteraue ist der Eisvogel zuhause (SIMON 2005). Für den Schwarzstorch wird von SIMON (2005) auf Grund von Brutverdachtsbeobachtungen ein Bestand von 0 bis 1 BP angegeben. In den 1990er Jahren brüteten im EU SPA noch 2 Paare. Zu dieser Zeit war auch der Seeadler noch nicht im Gebiet. Erstmalig wurde 1999 ein Revierpaar für diese Art festgestellt, 2003 dann der erste Brutnachweis. Inzwischen ist regelmäßig 1 BP anwesend.

Die Waldbereiche im EU SPA sind Lebensraum des Wespenbussards, der hier mit 3 bis 5 Paaren brütet (SIMON 2005). Damit ist die Annaburger Heide eines der fünf wichtigsten Brutgebiete dieser Greifvogelart in Sachsen-Anhalt. Vom Schreiadler liegen verschiedene Brutzeitbeobachtungen vor, zuletzt 2003 (SIMON 2005).

Ziegenmelker und Schwarzspecht sind in der Annaburger Heide nahezu flächendeckend vertreten. Während der Schwarzspecht die gesamten Waldbereiche besiedelt, sind bevorzugte Habitate des Ziegenmelkers Offen- und Halboffenlandstrukturen, wie die ehemals als Schießplatz genutzten großen Freiflächen, aber auch mit Kiefern und Birken bestockte Vorwald- bzw. Sukzessionsstadien. Von der hohen Dichte des Schwarzspechts profitiert der Raufußkauz, der alte Spechthöhlen als Brutplatz nutzt. Er wurde erstmalig durch die Erfassung von SIMON (2005) im Jahr 2003 nachgewiesen und mit einem Bestand von 5 bis 8 BP angegeben, womit der Annaburger Heide der Status eines Top-5-Gebietes auch für diese Art zukommt. Die landesweite Raufußkauzerfassung (PSCHORN 2011a) wies mit 6 BP einen Bestand in gleicher Größenordnung nach.

Für den Grauspecht wurde 2004 der Erstnachweis für die Annaburger Heide erbracht. Der Mittelspecht wurde für das EU SPA erstmals im Rahmen der landesweiten Kartierung (MAMMEN & MAMMEN 2012) nachgewiesen. Die ermittelten 2 Reviere befanden sich in den äußersten Randbereichen der Waldbestände des EU SPA. Der Hauptteil des EU-Vogelschutzgebietes war auch nicht Bestandteil der kartierten Probefläche. Daher sind weitere Reviere des Mittelspechtes im Gebiet wahrscheinlich. Charakterarten für die offene Landschaft des EU SPA sind Neuntöter, Heidelerche, Raubwürger, Schwarzkehlchen und Steinschmätzer. Auch Wiedehopf, Brachpieper und Sperbergrasmücke kommen hier vor (SIMON 2005). Für Neuntöter, Heidelerche und Brachpieper stellt das EU SPA ebenfalls eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts dar.

Literatur

verändert nach:

MAMMEN, K. & U.; DORNBUSCH, G.; FISCHER, S. (2013): Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 10/2013.

Links / Dokumente

Hauptteil (N2000-LVO LSA)

Gebietsbezogene Anlage (N2000-LVO)

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen

Auf den Flächen des Truppenübungsplatzes Altmark gilt die Vereinbarung über den Schutz von Natur und Landschaft auf militärisch genutzten Flächen des Bundes (Vereinbarungsgebiete).
Ministerialblatt LSA 2011, Nr. 38

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte des Gebietes finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

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