Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana)

Beschreibung

Die Bauchige Windelschnecke zählt zur Familie der Windelschnecken (Vertiginidae). Das Gehäuse wird zwischen 2,2 bis 2,7mm lang und 1,3 bis 1,6mm breit und weist eine gelbliche bis rötlich-braune glänzende Färbung auf. Es besteht aus fünf bauchigen Umgängen, von denen der letzte sehr groß ist und etwa 2/3 des gesamten Gehäuses ausmacht. Vertigo moulinsiana weist Ähnlichkeit mit der verwandten Sumpf-Windelschnecke auf, ist jedoch größer und bauchiger als diese. (COLLING & SCHRÖDER 2003)

Biologie und Ökologie

Bauchige Windelschnecken sind zwittrig, wobei auch die Möglichkeit zur Selbstbefruchtung gegeben ist. Die Hauptfortpflanzungszeit liegt zwischen Mai und August. Die weichschaligen Eier benötigen nach Ablage weniger als 2 Wochen zur Entwicklung. Die geschlüpften Jungtiere werden nach ca. einem Jahr geschlechtsreif und erreichen ein Höchstalter von bis zu 2 Jahren. Vertigo moulinsiana ernährt sich überwiegend von auf Pflanzen schmarotzenden Pilzen, aber auch von Samenpflanzen, Algen und Blaualgen. (COLLING & SCHRÖDER 2003)

Die Bauchige Windelschnecke bevorzugt als Lebensraum vor allem Feuchtgebiete mit Röhrichten und Großseggenrieden, seltener ist sie in feuchten bis nassen nährstoffarmen Wiesenbiotopen zu finden. Sie hält sich vor allem am Rande der Gewässerhabitate an Stielen sowie Blättern der Ufervegetation in einer Höhe von 30 – 100 cm auf. Das Vorkommen der Art ist an ein feuchtes und warmes Mikroklima mit milden winterlichen Temperaturen gebunden. (HARTENAUER & SCHNITTER 2013)

Verbreitung

Die Bauchige Windelschnecke ist europaweit zu finden, wobei sich ihr Verbreitungsschwerpunkt in West- (England, Irland, Frankreich) und Mitteleuropa (Deutschland) befindet. Die deutschen Hauptvorkommen liegen vor allem im Nordosten des Landes, in Mecklenburg-Vorpommern und in Süddeutschland, im Oberrheingraben und dem Alpenvorland. Die Vorkommen in Mecklenburg-Vorpommern bilden dabei den größten Gesamtbestand dieser Art in Europa. (HARTENAUER & SCHNITTER 2013)

Nach COLLING & SCHRÖDER (2003) ist die Art bundesweit selten geworden. Heutige Vorkommen stellen dabei ein Relikt warmer Interglazial- und Postglazialzeiten dar.

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Aus Sachsen-Anhalt sind bislang nur wenige Vorkommen der Bauchigen Windelschnecke bekannt. Die aktuellen Nachweise liegen erst seit dem Jahr 2004 vor. Derzeit sind sieben Fundorte bekannt, die sich im südlichen Teil des Landes, in der Haupteinheit „Östliches Harzvorland und Börden“, häufen. Man geht davon aus, dass sich Vertigo moulinsiana erst im letzten Jahrzehnt in Sachsen-Anhalt angesiedelt hat oder Restpopulationen infolge der Stilllegung von Bergbauaktivitäten (Einstieg Grundwasser und weniger Nährstoffeintrag) wieder höhere Dichten erreicht haben und zukünftig die Zahl der Fundorte durch die Erfassungsintensität steigen wird. (HARTENAUER & SCHNITTER 2013)

Gefährdung und Schutz

Durch die hohen Ansprüche an einen geeigneten Lebensraum, weist Vertigo moulinsiana ein hohes Gefährdungspotential auf. Sie reagiert empfindlich auf eine Veränderung des Wasserhaushaltes sowie auf Mahd und intensive Beweidung. Das Entfernen der Ufervegetation ist gleichbedeutend mit dem Entzug des wichtigsten Aufenthaltsortes der Tiere und dementsprechend sollte die Mahd von Randbereichen bei Vorkommen der Bauchigen Windelschnecke vermieden bzw. nicht zwischen Frühjahr und Herbst geschehen. Des Weiteren kann eine anthropogen bedingte Nährstoffanreicherung zu Verbuschung und starker Verschilfung führen, was sich ebenfalls negativ auf die Population auswirkt. Um den langfristigen Bestand der Bauchigen Windelschnecke zu sichern, sollten Entwässerungsmaßnahmen sowie Mahd zu ungünstigen Jahreszeiten in den Lebensräumen unterbleiben und potentiell geeignete Habitate erhalten bzw. wieder hergestellt werden. (COLLING & SCHRÖDER 2003) 

Rote Liste Deutschland:                    2 – Stark gefährdet (Stand 2004)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               unbekannt

Quellen:

HARTENAUER, K. & SCHNITTER, R. (2013): Vertigo moulinsiana (DUPUY, 1849)

In: LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (LAU) [HRSG.], KÖRNIG, G., HARTENAUER, K., UNRUH, M., SCHNITTER, P & STARK, A. (2013): Die Weichtiere (Mollusca) des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Arten der Anhänge zur Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen – Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle) Heft 12/2013. 336 S.

COLLING, M. & SCHRÖDER, E. (2003): Vertigo moulinsiana (DUPUY, 1849)

In: BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (BFN) [HRSG.], COLLING, M. & SCHRÖDER, E. (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 69/ Band 1.

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