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Beschreibung
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von etwa 4 – 5 cm ist die Geburtshelferkröte ein eher kleiner, gedrungener Froschlurch mit kurzen Hinterbeinen und meist graugefärbter Oberseite sowie einer schmutzigweißen oder hellgrauen Unterseite. Auffällig sind die relativ großen, stark hervortretenden Augen mit senkrechten, schlitzförmigen Pupillen („Katzenaugen“). Vom Trommelfell bis in die Lendengegend ist beiderseits eine Reihe größerer, manchmal rötlicher Warzen ausgebildet. Die Paarungsrufe, die bisweilen auch von den Weibchen abgegeben werden können, bestehen aus aneinandergereihten Klängen, die aus größerer Distanz an Glockengeläut erinnern, weshalb die Art volkstümlich oft „Glockenfrosch“ genannt wird.
Biologie und Ökologie
Hinsichtlich der Wahl der Larvalgewässer weist die Geburtshelferkröte eine hohe Habitatplastizität auf. Im Harz bilden aufgestaute Bachteiche unterschiedlicher Größe den dominierenden Gewässertyp, außerdem werden auch Feuerlöschteiche und Betonbecken angenommen. Eine Besonderheit der Südharzer Gipskarstlandschaft bildet die Besiedlung episodisch wasserführender Gewässer, wie z.B. des Bauerngrabens bei Questenberg. Im östlichen und nördlichen Harzvorland werden dagegen bevorzugt verschiedene, oftmals auch noch in Betrieb befindliche Abbaustätten besiedelt (v.a. Kies- und Sandgruben). Für die Geburtshelferkröte ist aufgrund ihrer terrestrischen Lebensweise die Struktur des Landlebensraumes von besonderer Bedeutung (GÜNTHER & SCHEIDT 1996), wobei eine Bevorzugung vegetationsarmer bzw. vegetationsfreier Habitate augenscheinlich ist. Es kann eine Bevorzugung von Plätzen mit lückiger oder gar fehlender Vegetation bestätigt werden, insbesondere bei Einstrahlung in den Nachmittags- und Abendstunden. Solche Strukturen sind zuweilen äußerst kleinflächig und selbst in Fichtenschonungen und Waldungen (Sonnenfenster auf nacktem Waldboden) anzutreffen. Gerne werden auch die geschotterten Dammbereiche der Kunstteiche im Unterharz angenommen. Relativ typisch ist die Siedlungsnähe vieler Vorkommen, wo insbesondere unverfugte bzw. ohne mineralische Mörtel errichtete Naturstein- mauern geeignete Landhabitate für die Geburtshelferkröte darstellten. Namensgebend ist eine Besonderheit im Reproduktionsgeschehen. Das Männchen streift sich nach der an Land erfolgenden Paarung die befruchteten Eischnüre um die Fersengelenke und trägt sie bis zum Schlupf der Larven mit sich herum. Bei normalem Witterungsverlauf sind erste Rufaktivitäten in der ersten Aprildekade zu verzeichnen, gelegentlich auch schon früher. Männchen mit Eipaketen können ab Mitte/Ende April bis Mitte/Ende August gefunden werden. Während der Frühjahrs- und Sommermonate kann es mehrere Aktivitätsgipfel geben. Die Hauptrufaktivitäten klingen zumeist Ende Juni ab. Je nach Einstrahlung und Erwärmbarkeit des Larvengewässers überwintert ein bestimmter Anteil der Quappen (THIESMEIER 1992).
Verbreitung
Den Verbreitungsschwerpunkt der Art bildet das westliche und südwestliche Europa. Das Areal erstreckt sich bis Zentralspanien und Portugal, im Norden bis Mittel-Belgien und in den Süden der Niederlande (Südlimburg), im Nordosten bis in das südliche Niedersachsen und in westliche Teile Thüringens und Sachsen-Anhalts. Hier, im nordöstlichen Harzvorland und Unterharz, wird zugleich die Ostgrenze des Verbreitungsgebietes erreicht. Diese verläuft dann weiter zum Thüringer Wald, in das nordwestliche .ranken nördlich des Mains bis zum Schwarzwald. Ferner ist der Nordwesten der Schweiz besiedelt (NÖLLERT & NÖLLERT 1992, GASC et al. 1997).
Bestandssituation in Sachsen-Anhalt
Die Geburtshelferkröte zeigt eine nahezu ausschließlich kollin-montane Verbreitung, wobei diese auf den Harz und seine Vorländer beschränkt ist. Das Areal konzentriert sich dabei von über 90 % in der Höhenstufe von 150 – 450 m ü. NN und davon 49 % von 250 – 350 m ü. NN. Die höchsten Nachweise befinden sich bei Elbingerode am Büchenberg Schacht I und Schacht III (543 m ü. NN). Der Neunachweis aus dem Frühjahr 2015 im Steinbruch Birkenkopf liegt etwa 578 m ü. NN und ist somit das derzeit höchste bekannte Vorkommen der Geburtshelferkröte. Aus dem Nachbarkreis Goslar (Niedersachsen) sind allerdings Beobachtungen aus dem Nationalpark nahe Altenau (770 m ü. NN) und vom Steinbruch Königkopf (780 m ü. NN) bekannt (Kätzel & Bollmeyer 2013). Somit ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Art in Sachsen-Anhalt in noch höheren Gebieten vorkommen kann. Eine genaue Bestandserhebung der Geburtshelferkröte in ihrem Habitat ist nahezu unmöglich, da immer nur ein Teil der Tiere (oft auch nur Männchen) aktiv ruft, die Rufer sich im Laufe der Nacht abwechseln, das Geschlechterverhältnis schwer abzuschätzen ist, wenige Tiere bei Wanderungen zu beobachten sind und der größte Teil der Population auch nachts in den Verstecken bleibt. Derzeit liegen aktuelle Meldungen aus sieben FFH-Gebieten vor.
Gefährdung und Schutz
In Sachsen-Anhalt gilt die Geburtshelferkröte derzeit als „R – extrem selten“, was auf ihre Verbreitung, ausschließlich Harz, zurückzuführen ist (Meyer & Buschendorf 2004b). Alarmierend für die letzten Jahre sind hier die Rückgänge der Individuen in den einzelnen Populationen, das Fehlen aktueller Nachweise im Südharz und der fehlende Lückenschluss zu niedersächsischen Vorkommen im Nord- und Mittelharz. Hier muss der Kenntnisstand aktualisiert werden, um die tatsächliche Gefährdung einschätzen zu können. Nach derzeitiger Datenlage sollte die Einstufung in der Roten Liste Sachsen-Anhalts in die Kategorie 2 („stark gefährdet“) erfolgen. Sollte die Pilzerkrankung Chitridiomykose die Ursache sein, so ist ein Schutz durch den Menschen kaum großflächig möglich. Wichtig ist, den Pilz nachzuweisen, um die Gefährdungsursache klar zu definieren. Flächendeckende Artenhilfsprogramme oder Schutzkonzepte sind für die Geburtshelferkröte nicht bekannt. Die wichtigsten effektiven Schutzmaßnahmen für diese bedrohte Art sind der Erhalt von unterschlupfreichen Landhabitaten in direkter Ufernähe kleiner Laichgewässer (vgl. Meyer 1997), Entkrauten und Freihalten von Hängen und Schotterdämmen in Laichgewässernähe, Erhalt freier Uferzonen in Kies- und Sandgruben mit Geburtshelferkröten-Populationen, die Dezimierung der Waschbärbestände und die deutliche Reduzierung des Fischbesatzes größerer Teiche. Besonders hilfreich ist das Anlegen von Kleingewässern in aktiv bergbaulich genutzten Sand-, Kies- oder Tongruben, möglichst halb besonnt, bei größeren Wasserflächen mindestens ein flaches Ufer. Bekannte Laichgewässer (auch Dorfteiche) sollten unbedingt erhalten bleiben, fischfreie Uferzonen und eine ausreichende Wasserqualität müssen gewährleistet sein.
Rote Liste Deutschland: 3 – Gefährdet (Stand 2009)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: R – Extrem seltene Art mit geographischer Restriktion (Stand 2004)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.
Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Heft 04/2015): Die Lurche und Kriechtiere des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Arten der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen. Halle (Saale). 640 S.