Haarstrangwurzeleule (Gortyna borelii lunata)

Haarstrangwurzeleule © Joachim HändelHaarstrangwurzeleule © Joachim Händel

Beschreibung

die Haarstrangwurzeleule, deren Flügel in Ruheposition dachförmig zusammengefaltet sind, ist ein großer, auffälliger Eulenfalter und gehört zu den Nachtfaltern. Die Flügelspannweite der Haarstrangwurzeleule beträgt 50 – 60 mm. Die Hinterflügel sind bei den weiblichen Tieren  graubraun und bei den Männchen bräunlich-weiß, wobei die Grundfärbung der Vorderflügel von gelblich zu hell rotbraun bis hin zu dunkel rotbraun divergiert. Für diese Art kennzeichnend sind die drei großen, weißlich bis geblichen Flecken im Bereich des Vorderflügels. Diese sind rundlich bis nierenförmig. Die Männchen besitzen zudem einen schlanken Hinterleib, welcher in einem Haarbüschel endet. (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ o. J.)

Biologie und Ökologie

Die präferierten Habitate der Haarstrangwurzeleule stellen Magerrasen und Trockensäume (inklusive  Waldinnensäume) dar, welche an das Vorkommen der einzigen Futterpflanze ihrer  Raupen, dem Arznei-Haarstrang gebunden sind (BAYRISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT o. J.). Die seltene Pflanze muss zudem von trockenen Halmen umgeben sein, da diese für die Eiablage bedeutsam sind. Das Gelege ist durch die trockenen Grashalme vor Fäulnis geschützt und überwintert dort. Das Weibchen der Haarstrangwurzeleule legt durchschnittlich 200 Eier an vertrocknete Gräser im Bereich der Futterpflanze ab, welche in einer Höher  von ca. 45 cm zwischen Stängel und Blattscheide geheftet werden. Der Schlupf erfolgt im darauffolgenden Jahr, woraufhin sich die Raupen des Falters in die Pflanze bohren und ihr gesamtes Leben bis zur Verpuppung dort verbringen. Im April/Mai ziehen sie sich dann in den Wurzelbereich des Arznei-Haarstrangs, um die Knolle von innen auszufressen. Die Verpuppung erfolgt, nachdem die Raupe ihr Ausschlupfloch vorbereitet hat. Diese Art besitzt aufgrund ihrer geringen Mobilität ein geringes Ausbreitungspotential und ist vornehmlich nachts und dämmerungsaktiv (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ o. J., BAYRISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT o. J.).

Verbreitung

Bei Gortyna borelii lunata handelt es sich um eine in Europa sehr seltene Art, die nur in wenigen Bereichen West- und Mitteleuropas vorkommt und in Osteuropa größere, jedoch regional begrenzte Vorkommen aufweist. Vereinzelte, isolierte Vorkommen sind in Deutschland lediglich in Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und in Sachsen-Anhalt zu finden. Sehr viele einstige Vorkommen sind bereits erloschen (BAYRISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT 2014). Europaweit gesehen gehört der Falter zu den am stärksten gefährdeten Eulenfaltern und wird in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie geführt. Die starke Gefährdung basiert hauptsächlich auf der intensiven Nutzung und der dadurch verursachten Lebensräumzerstörung, die zu einer Rückläufigkeit ihrer Nahrungspflanze führt. In Abhängigkeit von ihrer einzigen Futterpflanze, dem Arznei-Haarstrang (Peucedanum officinale) zieht sich das Hauptverbreitungsareal entlang großer Flüsse und Ströme. Die Haarstrangwurzeleule wurde im Gebiet der einstigen DDR lediglich in den großflächigen Stromtalauen der Saale, Elstern und der Luppe nachgewiesen (TIERARTENMONITORING NATURA 2000 SACHSEN-ANHALT o. J.). 

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Es ist aktuell ein sehr individuenschwaches Vorkommen des Falters für Sachsen-Anhalt bekannt, wird jedoch aus Gründen des Artenschutzes nicht publiziert. Des Weiteren existieren Fundmeldungen aus Halle (1892), Naumburg (1982) und Freyburg/Nebra (1964). Momentan sind Ausweisungen von Monitoringflächen und deren Bewertung aufgrund des mangelnden Kenntnisstands zur Art und deren derzeitiger Verbreitung in Sachsen-Anhalt nicht möglich (TIERARTENMONITORING NATURA 2000 SACHSEN-ANHALT o. J.).

Gefährdung und Schutz

Diverse Beeinträchtigungen und Gefährdungen sind für den starken Rückgang der Haarstrangwurzeleule verantwortlich und stellen eine erstzunehmende Bedrohung für die Art dar. So sind zum Beispiel Sukzession, insbesondere durch Verbuschung, der Dichteschluss im Wald und die Verlängerung der Umtriebszeiten im Mittelwald zu nennen. Eine ebenso ernstzunehmende Bedrohung stellt die Entnahme durch Schmetterlingssammler dar. Durch nächtliche Beleuchtung geschieht es häufig, dass Falter verleitet werden. Die landwirtschaftliche Intensivierung und die Flächenbebauung ist Grund für das Verschwinden ganzer Populationen. Des Weiteren sind anhaltende Staunässe, Grundwasserabsenkung und das Brachfallen von Lebensräumen durch eine Nutzungsaufgabe ebenso als Gefährdungsursachen anzuführen. Um die Art zu schützen ist es oberste Priorität, ihre Lebensräume durch die Erhaltung sowie die extensive Nutzung von Grünland und Säumen mit Vorkommen des Arznei-Haarstrangs zu schützen und dadurch die verbliebenen Vorkommen der Haarstrangwurzeleule zu sichern. Zudem ist die Entbuschung und Freistellung von Beständen mit Peucedanum officinale sinnvoll, um ein Brachfallen der Flächen zu verhindern. Sobald die Raupen der Haarstrangwurzeleule den Wurzelstock ihrer Futterpflanze erreicht haben, sollte eine abschnittweise Mahd  im Juni/Juli erfolgen. Mögliche Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sind das Umstellen habitatnaher Beleuchtungsanlagen auf LED und die Aussaat des Arznei-Haarstrangs auf prädestinierten Flächen, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft von bereits besiedelten Habitaten befinden.  Somit soll eine Etablierung weiterer Vorkommen und die Entwicklung eines Habitatverbundes gefördert werden  (BAYRISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT 2014).

  

Rote Liste Deutschland:                    1 – Vom Aussterben bedroht

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               1 – Vom Aussterben bedroht

Quellen:

BAYRISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT (2014): Haarstrangwurzeleule. http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/steckbrief/zeige/136338 (Zugriff 24.11.2014).

BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (o.J.): Internethandbuch zu den Arten der FFH-Richtlinie Anhang IV. http://www.ffh-anhang4.bfn.de/ffh-anhang4-haarstrangwurzeleule.html (Zugriff 10.11.2015).

TIERARTENMONITORING NATURA 2000 SACHSEN-ANHALT (o. J.): Haarstrangwurzeleule. http://www.tierartenmonitoring-sachsen-anhalt.de/index.php (Zugriff 10.11.2015).

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