Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides)

Blütenstand der Sand-Silberscharte mit Schwebfliege © Florian KommrausBlütenstand der Sand-Silberscharte mit Schwebfliege © Florian Kommraus

Beschreibung

Die Sand-Silberscharte ist eine krautige, 30 – 45 cm hohe Pflanze mit grundständigen Blattrosetten. Die Blätter sind fiederspaltig, oberseits dunkelgrün, unterseits weißfilzig. Der Stängel ist entfernt beblättert, mit ein bis mehreren Blütenköpfen. Die Blüte ist im Habitus distelartig und purpurviolett gefärbt (ROTHMALER et al. 1996).

Biologie, Standorte und Soziologie

Die Pflanze ist mehrjährig, ein Hemikryptophyt, bis 2,5 m tief wurzelnd. Die Blütezeit ist von Juli bis September. Die Ausbreitung erfolgt durch Samen (Windausbreitung) und vegetativ am Wuchsort durch Wurzelsprosse. Bevorzugte Standorte sind kontinentale, reichere Sandtrockenrasen, Kiefernwaldverlichtungen und sonnige, magere Dünenrasen mit sommerwarmen, trockenen, basenreichen, neutralen, humosen, lockeren Sandböden. BUHL et al. (1974) sehen in der Sand-Silberscharte „in Mitteleuropa eine Art mineralkräftiger bis -reicher Sandböden in sehr trockenwarmen Lagen, wobei sie lückige Rasen bevorzugt.” In Sachsen-Anhalt liegen die Standorte auf Dünensanden (Elbetal), Kreidesandstein (nördliches Harzvorland) bzw. dessen Verwitterungsprodukten, z.T. mit geringer Lössauflage, ausnahmsweise auch auf Pophyrverwitterung (Saaletal). Die Sandsilberscharte ist die Verbandscharakterart des Koelerion glaucae – Kontinentale Kalk-Sandtrockenrasen bzw. Blauschillergras-Rasen (ROTHMALER et al. 1996), nach RUNGE (1990) und Assoziationscharakterart des Jurineo cyanoidis-Koelerietum glaucae (Silberscharten-Blauschillergras-Rasen). Diese Gesellschaft wird jedoch von SCHUBERT et al. (1995) für Mittel- und Nordostdeutschland nicht angegeben. Hier findet sich die Art im Festuco psammophilae-Koelerietum glaucae (Sandschwingel-Blauschillergras-Rasen) und dringt auch in Steppenrasen, ärmere Sandtrockenrasen und seltener in trockene, subatlantische Heiden ein (s.a. HERDAM et al. 1993).

Verbreitung

Arealformel: submeridional/subtemperat-subkontinental-europäisch/westasiatisch. Die Hauptverbreitung liegt in der Waldsteppen- und Steppenzone in Osteuropa und Westasien zwischen dem Bug im Westen und dem Irtysch im Osten, der oberen Wolga im Norden bis zum Kaukasusvorland, dem Aralsee und Balchaschsee im Süden. Westlich davon gibt es isolierte Vorposten in Böhmen und Deutschland. Fundorte in Deutschland sind das Elbetal in SW-Brandenburg (1 Fundort), SW-Mecklenburg (1 Fundort), das mittlere Saaletal und das Nordharzvorland in Sachsen-Anhalt (s.u.), S-Brandenburg (1 Fundort), das mittlere Maingebiet in N-Bayern, das untere Main- bis Oberrheingebiet in S-Hessen und NW-Baden-Württemberg (WOHLLEBEN 1796, SPRENGEL 1806, SCHWABE 1838, REICHENBACH 1844, ASCHERSON 1864, 1894, SCHATZ 1854, HAMPE 1873, SCHNEIDER 1877, SCHULZ 1909, NEUWIRTH 1958, RAUSCHERT 1966, 1977, 1979 a, b, MERTENS 1961, HAEUPLER 1976, KÄSTNER et al. 1988, HERDAM et al. 1993, HAEUPLER & SCHÖNFELDER 1989, BENKERT et al. 1998).

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Den 19 aktuell bestätigten Fundorten im Nordharzvorland, an der mittleren Saale und an der Mittelelbe (KOMMRAUS 2014) stehen mindestens 46 erloschene bzw. verschollene gegenüber (s.a. RAUSCHERT 1966). Noch 1990 war die Gesamtsituation positiver zu beurteilen (s. Tab. 36).

Auch in den letzten Jahren sind einige individuenschwache Populationen erloschen, doch zwischen dem Kartierzeitraum 2011/12 und 2013/14 stieg die Gesamt-Anzahl der Rosetten von ca. 67.000 auf 85.000. Dies ist vor allem durch die starke Zunahme in wiederangesiedelten und durch Lebensraum-Wiederherstellungen gestärkten Populationen begründet. (KOMMRAUS 2014)

Gefährdung und Schutz

Die Art ist vor allem durch Vergrasung bzw. Verdichtung des Graswuchses sowie durch Verbuschung und aufkommende Gehölze und das hieraus resultierende Überwachsen und Beschatten der Individuen gefährdet. Eine regelmäßige Beweidung (oder alternative Mahd) ist daher essentiell, um die Vergrasung oder Verbuschung der Standorte zu verhindern bzw. zurückzudrängen und somit die vorhandenen Populationen zu erhalten und ggfs. zu stärken. Der Großteil der 19 aktuellen Fundorte befindet sich in FFH- und Naturschutz-Gebieten.

 

Rote Liste Deutschland:                    2 – Stark gefährdet (Stand 1996)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               2 – Stark gefährdet (Stand 2004)

Literatur

entnommen aus:

KOMMRAUS, F. (2014): Erfassung und Bewertung der FFH-Art Jurinea cyanoides (Sand-Silberscharte) in Sachsen-Anhalt, FFH-Kartierung 2013/2014.

KOMMRAUS, F. (2009): Projekt zur Wiederherstellung von Lebensräumen für Jurinea cyanoides und deren aktive Wiederansiedlung an erloschenen Fundpunkten. Bernburg. 65 S.

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2001): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 152 S.

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