Sumpf-Engelwurz (Angelica palustris)

Beschreibung

Die Pflanze wächst aufrecht und wird 50 – 100 cm hoch. Die Blätter setzen sich aus fast herzförmigen Abschnitten zusammen, der Stängel ist scharfkantig gefurcht. Die Kronblätter der weißen Blüte sind genagelt (ROTHMALER et al. 1996).

Biologie, Standorte und Soziologie

Die Pflanze ist zwei- bis mehrjährig hapaxanth mit einer Blütezeit von Juli bis August. Als Standort bevorzugt sie feuchte bis mäßig nasse, nährstoffreiche Wiesen in kontinentalen, sommerwarmen Klimagebieten der Niederungen. Kennart des Calthion palustris (Feuchtwiesen mehr oder weniger nährstoffreicher Standorte).

Verbreitung

Arealformel: submeridional-temperat-ozeanischeuropäisch bis W-asiatisch. Florenelement: (illyrisch/montan-karpatisch/perimontan) – pontischzentralsibirisch - (südbaltisch-hercynisch). Der Sumpf-Engelwurz kommt in O- und Zentral-Europa, nach N bis Estland, nach W bis Mittel-Deutschland, nach S bis Crna Gora (TUTIN et al. 1991) vor. In Deutschland gibt es Fundorte im Thüringer Becken, in der Elster-Luppe-Aue, der Fuhne-Niederung und im Havelgebiet (WALLROTH 1840, REINECKE 1886, PETER 1901, ZOBEL 1905, GARCKE 1922, BERNAU 1926, RAUSCHERT 1970, 1972, 1979a, b, KÄSTNER et al. 1988, HAEUPLER & SCHÖNFELDER 1989, WÖLFEL 1992, HERDAM 1994, BENKERT et al. 1998).

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Der Sumpf-Engelwurz war früher im Fuhnetal und in der Elster-Luppe-Aue weit verbreitet (STRICKER 1960, SCHMIDT, V. 1988, RAUSCHERT 1979a, b). Die Rückgangstendenz scheint weiter anzuhalten. So schrieb RAUSCHERT (1972):„ ... in einem kurzen Abschnitt der Fuhneniederung ist A. palustris auf vielen Wiesen noch heute äußerst zahlreich vertreten und nicht selten geradezu faziesbildend. ... bestimmt zur Blütezeit (vor dem 2. Schnitt) den Aspekt der Wiesen.”

Heute gibt es nur noch drei belegte Vorkommen:

Im FFH-Gebiet "Wiesen und Quellbusch bei Radegast" konnten 2012 29 fertile und 25 sterile Individuen festgestellt werden (KRUMBIEGEL et al. 2012), im Standarddatenbogen von 2016 wird allerdings eine Populationsgröße von 6 angegeben (LAU 2016).

Knapp 2 km nordwestlich des erstgenannten Vorkommens wurden 2010 sieben blühende und drei sterile, 2012 jedoch nur neun sterile Pflanzen gefunden (KRUMBIEGEL et al. 2012).

Das dritte Vorkommen liegt im FFH-Gebiet "Engelwurzwiese bei Zwintschöna" und zählte 2012 18 fertile und 9 sterile Individuen, von denen jedoch alle bis auf eines zu Populations-Stärkungs-Zwecken gepflanzt wurden. Das dauerhafte Fortbestehen dieses Bestandes steht aufgrund des Nuzungsregimes und des Fraßdrucks durch Nacktschnecken in Frage. (KRUMBIEGEL et al. 2012)

Gefährdung und Schutz

Die wichtigsten Gefährdungsgründe sind der Wiesenumbruch zu Acker oder Saatgrasland, die Entwässerung, die Intensivierung der Grünlandnutzung durch mehrmalige Mahd oder starke Beweidung einerseits oder Degradation der Wiesen bzw. Sukzession zu Schilfröhrichten und Gehölzen bei Aufgabe der Grünlandnutzung andererseits. Als Schutzmaßnahme steht an erster Stelle die Erhaltung des Grünlandcharakters der Wuchsorte und die Vermeidung weiterer Flächenverluste durch Wiesenumbruch oder andere Nutzungsänderungen. Von V. SCHMIDT (1988) werden aus den Erfahrungen mit der Pflege des Flächennaturdenkmals Feuchtwiese bei Zwintschöna als weitere Maßnahmen empfohlen:

  • Zweimalige Mahd: Erste Mahd im Frühsommer, um konkurrenzstärkere Arten zurückzudrängen, zweite Mahd nach Samenreife ab Mitte September.

  • Aufreißen der Grasnarbe zur Verbesserung der Keimbedingungen. Letzteres könnte durch einen Eggenstrich nach der zweiten Mahd bzw. im Vorfrühling erfolgen, sofern nicht andere Gründe, z.B. Schutz anderer Pflanzen- oder Tierarten auf der Fläche, dem zuwiderlaufen.

In jüngster Zeit wird die Art akut durch die starke Ausbreitung von Nacktschnecken (insbesondere Arion vulgaris) gefährdet. Danben scheint auch eine Beeinträchtigung durch übermäßige Vernässung von Bedeutung zu sein.

 

Rote Liste Deutschland:                    2 – Stark gefährdet (Stand 1996)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               1 – Vom Aussterben bedroht (Stand 2004)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2001): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 152 S.

LAU - LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (2016): Standarddatenbogen, FFH 0200, Wiesen und Quellbusch bei Radegast, Aktualisierung Mai 2016.

KRUMBIEGEL, A., D. FRANK, J. ECKSTEIN, C. HEIN, F. KOMMRAUS & F. MEYSEL (2012): Das Monitoring der Pflanzenarten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie in Sachsen-Anhalt. In: Mitt. florist. Kart. Sachsen-Anhalt 17, s. 3-24.

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