Artenreiche montane Borstgrasrasen
(und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden
- LRT 6230* -

Borstgrasrasen bei Stolberg © Armin HochBorstgrasrasen bei Stolberg © Armin Hoch

Beschreibung

Es wird unterschieden in geschlossene trockene bis frische Borstgrasrasen der höheren Lagen silikatischer Mittelgebirge (in Sachsen-Anhalt im Harz) und Borstgrasrasen der niederen Lagen (planar bis submontan). Die Borstgrasrasen sind, verglichen mit anderen Grünlandtypen, von Natur aus nicht sehr artenreich. Zur Charakterisierung des LRT reicht es deshalb aus, wenn neben Borstgras (Nardus stricta) noch einige weitere charakteristische Pflanzenarten vorkommen. Durch Überweidung, aber auch durch Nutzungsaufgabe stark (irreversibel) degradierte und verarmte Borstgrasrasen sowie artenarme ungenutzte Bestände an Waldrändern (meist Borstgras-Dominanzbestände) sind nicht in den LRT eingeschlossen. Borstgrasrasen können in Kontakt zu Zwergstrauchheiden (Bergheiden) und Goldhaferwiesen, sehr selten auch zu Fettweiden der höheren Lagen, kleinflächigen Hang- und Quellvermoorungen sowie zu Wäldern (bodensaure Buchen- und Eichenwälder, Moorwälder, Bergmischwälder und Fichtenwälder) stehen.

Standort

Borstgrasrasen besiedeln Böden aus podsolierten Braunerden bis hin zu Rankern über silikatischem Ausgangsgestein. Die Böden sind sauer (pH 3,5 bis 6, meist unter 5), eine Rohhumusauflage ist zumeist vorhanden. Oft ist eine Bodenverdichtung erkennbar, die Wechselfeuchte, teilweise auch Wechselnässe oder Wechseltrockenheit, der Standorte bedingt. Das Klima der Standorte von Borstgrasrasen ist niederschlagsreich (subatlantisches Klima oder höhere Berglagen).

Vorkommen

Borstgrasrasen sind in der Regel durch extensive Beweidung bei unterlassener Düngung entstanden. Bei Hut- oder Triftweide kommt es zum Nährstofftransfer von der Tagesweide zum Nachtpferch oder Stall und damit zur Verhagerung der ungedüngten Weideflächen. Das aufgrund seiner harten, wenig nahrhaften Halme und der sehr dichten Struktur seiner Horste kaum verbissene Borstgras wird infolge der Beseitigung der Konkurrenzvegetation sowie seiner Trittfestigkeit und Toleranz gegenüber den durch Viehtritt verfestigten Böden gefördert. Auch auf gemähten, langfristig ungedüngten Bergwiesen findet durch den jährlichen Nährstoffentzug eine Verhagerung statt, die auf sorptionsschwachen Böden zur weitgehenden Erschöpfung der Nährstoffvorräte führt. Das Borstgras kann sich auch auf einschürig gemähten, aufwuchsschwachen Rasen mit gelegentlicher Beweidung oder starkem Verbissdruck durch das Wild als von weidenden Tieren gemiedene, oligotraphente Pflanzenart durchsetzen.

Pflege/Schutz

Zur Erhaltung der Bestände ist eine Pflege bzw. Nutzung durch extensive Beweidung oder durch eine einschürige Mahd erforderlich. Zur Erhaltung der geringen Trophie der Standorte und zur Begrenzung der Entwicklung von Streudecken muss ein periodischer Biomasseentzug erfolgen.


Beweidung

Ein periodischer Biomasseentzug wird am günstigsten durch eine regelmäßige Beweidung mit selektivem Verbiss durch Haustiere oder auch durch Wild gewährleistet, wobei zu beachten ist, dass eine Weideform gewählt wird, die in ihrer Wirkung der historischen Triftweide nahe kommt. Unter heutigen Bedingungen ist dies die großräumige Standweide mit geringer Besatzdichte (0,3-1 Großvieh/ha) und einer langen Weideperiode. Wie in der historischen Triftweide gehen die Weidetiere immer wieder über die selbe Fläche und haben dabei die Möglichkeit, beliebte Pflanzen sehr kurz zu verbeißen, während unbeliebte Pflanzen wie das Borstgras (Nardus stricta), die Arnika (Arnica montana) oder die Bärwurz (Meum athamanticum) zurückbleiben und Dominanzbestände bilden können. Die Beweidung kann durch Rinder, Schafe, Ziegen oder durch robuste Pferderassen erfolgen. Jede Zufütterung auf der Weide ist auszuschließen. Eine Umtriebsweide mit hoher Besatzdichte, geringer Verweilzeit der Tiere auf der Fläche und jährlich mehrmaligem Weidegang darf nicht durchgeführt werden, da unter diesen Bedingungen kaum eine Futterselektion möglich ist. Das Borstgras und andere sonst weitgehend gemiedene Pflanzen werden dabei ebenfalls geschwächt und regenerationsfähigere Arten können sich ausbreiten. Dadurch kommt es zu Veränderungen des LRT.


Mahd

Eine Mahd sollte möglichst spät in den Sommermonaten, frühestens Mitte Juli, durchgeführt werden. Die Mähwerke sind auf mindestens 10 cm Bodenabstand einzustellen, da sonst die Horste des Borstgrases zerstört werden. Das Mahdgut ist zu beräumen. Ein Mulchschnitt ist zur Pflege von Beständen des LRT nur bedingt geeignet, da auch bei diesem Schnitt bei zu tief eingestelltem Mähbalken die Horste des Borstgrases zerstört werden, während bei zu hoch eingestellten Geräten die meist vorhandene Streudecke nur ungenügend zerkleinert und deren Abbau damit kaum beschleunigt wird. Bei sehr schwachwüchsigen Borstgrasrasen, bei deren Schnitt nur wenig Mulchmaterial anfällt, kann jedoch ein gelegentliches Mulchen zur Verhinderung des Gehölzaufkommens als alleinige Pflegemaßnahme ausreichen.


Weitere Maßnahmen

Mit gelegentlichem Brand können durch die Beseitigung von Streuauflagen und die Erzeugung von Mikrohabitaten positive Effekte für die Keimung verschiedener Pflanzenarten erzielt werden. Ein geregelter Brand zum Winterausgang ist auf langjährig brachliegenden Flächen als eine besonders günstige Erstpflege anzusehen, die Kosten spart und kurzfristig Wirkung zeigt. Das Ausbringen von Dünger und insbesondere eine Kalkung darf auf Borstgrasrasen nicht erfolgen, da viele der charakteristischen Arten wie Arnika (Arnica montana) bereits nach einer einmaligen Kalkung verschwinden oder zumindest extrem geschädigt werden. Damit würde sich der Erhaltungszustand des LRT stark verschlechtern, durch wiederholte Düngung oder Kalkung wird der Lebensraum völlig vernichtet.

Ausgewählte lebensraumtypkennzeichnende (wertgebende) ArtenTextfeld öffnenTextfeld öffnen

Literatur:

32, 43, 45, 80, 89, 90, 137, 155, 157, 240, 242, 287, 291, 292, 293, 294, 299, 310

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.

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