Auerhuhn (Tetrao urogallus)

Auerhuhn, Männchen © ClawsAndPaws/Fotolia.comAuerhuhn, Männchen © ClawsAndPaws/Fotolia.com

Verbreitung

Das Auerhuhn ist Brutvogel der westlichen und zentralen Paläarktis, wo es die borealen und gemäßigten Zonen bewohnt. Das Areal erstreckt sich von Skandinavien, Mitteleuropa und dem Balkan bis Zentralsibirien. Isolierte Vorkommen existieren in Schottland, in den Pyrenäen und im Kantabrischen Gebirge. Die Verbreitungsschwerpunkte des fragmentierten mitteleuropäischen Teilareals liegen in den Alpen, im Jura, in den Vogesen, im Schwarzwald, Bayerischen Wald, Böhmerwald, in den Sudeten und in den Westkarpaten (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973, MARTI & PICOZZI in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Die verbliebenen deutschen Vorkommen befinden sich hauptsächlich in den bayerischen Alpen und im Schwarzwald (jeweils ca. 1.000 Exemplare) sowie in sechs weiteren, voneinander isolierten Gebieten in Thüringen, im Fichtelgebirge, Harz und Bayerischen Wald mit insgesamt 200 Exemplaren (KLAUS 1997).

Ökologie und Zugstrategie

Als Lebensraum werden naturnahe, störungsarme Nadel- und Mischwälder bevorzugt. Diese reich strukturierten Wälder sind mehrstufig aufgebaut und enthalten eine geschlossene Krautschicht und Sträucher (besonders Heidelbeere) zur Deckung und Nahrungsaufnahme im Sommer. Lückige Altholzbestände mit zahlreichen Grenzlinien zu Verjüngungen dienen als ganzjähriger Lebensraum, Brutplatz und als Grundlage zur Winterernährung. In den Streifgebieten der Auerhühner sind Ameisenhaufen und zumindest kleinere Wasserstellen vorhanden. Die Aufnahme von Magensteinen und Staubbäder müssen möglich sein (BAUER & BERTHOLD 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973) Auerhühner sind in Mitteleuropa Standvögel. Die Hähne sind sehr geburtsorttreu, während die Hennen, besonders Junghennen im ersten Winterhalbjahr, bis zu 30 km verstreichen (BEZZEL 1985).

Bestandsentwicklung

Ein Rückgang des Auerhuhnbestandes und das Erlöschen von Randpopulationen sind in Mitteleuropa schon seit dem frühen 19. Jahrhundert zu verzeichnen. Nach einer kurzfristigen, aber weiträumigen Erholungsphase Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts, die mit der Besiedlung des nördlichen Alpenvorlandes und der Südalpen verbunden war, nahmen die mitteleuropäischen Bestände weiter erheblich ab. Vorübergehend besiedelte Gebiete wurden wieder aufgegeben, Kernbereiche der Verbreitung, z.B. die Vogesen, der Bayerische Wald und die Alpen, erlitten drastische Einbußen. Abnahmen werden aus fast allen Arealbereichen gemeldet, u.a. aus Großbritannien, Finnland, Frankreich, Italien und Russland. In Deutschland hat der Bestand seit 1970 um mehr als 50 % abgenommen (BAUER & BERTHOLD 1997, MARTI & PICOZZI in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, WITT et al. 1996). Nach Wiederansiedlungsprojekten im niedersächsischen Harz werden auch im Oberharz Sachsen-Anhalts einzelne Auerhühner beobachtet, so 1995/96 ca. zehn Vögel und im Jahr 2000 ca. zwei Vögel (DORNBUSCH 2002, MÄDLOW & MODEL 2000). Dieses Wiederansiedlungsprojekt wurde im Jahr 2003 aufgrund ausbleibenden Erfolgs eingestellt (SIANO et al. 2006). Seitdem gibt es auch keine Beobachtungen im sachsen-anhaltinischen Teil des Harzes mehr (FISCHER & DORNBUSCH 2014).

Gefährdung und Schutz

Die Hauptgefährdung für das Auerhuhn geht in erster Linie von Intensivierungsmaßnahmen der Forstwirtschaft aus. Das Anlegen von einschichtigen Monokulturwäldern, ein großflächiger Kahlhieb mit kurzen Umtriebszeiten, die zunehmende Erschließung ruhiger Waldgebiete, der Verlust der Beerenkrautschicht, die Düngung und der Pestizideinsatz zerstören den Lebensraum des Waldvogels. Die intensive Bejagung der Art und besonders der Abschuss der ranghöchsten Hähne sowie die Beunruhigung durch Freizeitaktivitäten tragen ebenfalls zur Populationsabnahme bei. Zumindest lokal wirken sich Braunkohlenbergbau und Truppenübungsplätze negativ auf den Auerhuhnbestand aus. Als weitere Gefährdungsursachen werden Unfälle an forstlichen Drahtgattern und im Straßenverkehr, der Rückgang der Waldameisen, in geschwächten Populationen Verluste durch Fressfeinde sowie der Klimawandel genannt (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER & ROTH in HÖLZINGER 1987, KLAUS 1997, MÖCKEL et al. 1999). Die langfristige Erhaltung der Art ist nur durch eine naturnahe Waldbewirtschaftung zu erreichen. Dazu zählt der Umbau von Kahlschlagsflächen und Monokulturen zu arten- und strukturreichen Wäldern mit Altholzbeständen und ausgeprägter Strauch- und Krautschicht. Forstliche Arbeiten müssen im Bereich der Balzplätze des Auerhuhns von März bis Juni und in den Brutgebieten von Mai bis August eingestellt werden. Diese Gebiete sind als Ruhe- und Schutzzonen zu entwickeln. Gleichzeitig ist die Bejagung der Art vollständig einzustellen (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER & ROTH in HÖLZINGER 1987, KLAUS 1997).

 

Rote Liste Deutschland:                    1 – Vom Aussterben bedroht (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               0 – Ausgestorben oder verschollen (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

Quellen:

SIANO, R.; BAIRLEIN, F.; EXO, K.-M.; HERZOG, S.-A. (2006): Überlebensdauer, Todesursachen und Raumnutzung gezüchteter Auerhühner (Tetrao urogallus L.), ausgewildert im Nationalpark Harz, in: Vogelwarte, Band 44, Heft 1, Februar 2006, Seiten: 145 – 158, ISSN 0049-6650.

FISCHER, S. & DORNBUSCH, G. (2014): Bestandssituation ausgewählter Brutvögel in Sachsen-Anhalt – Jahresbericht 2013, in: Vogelmonitoring in Sachsen-Anhalt 2013, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 6/2014, Seiten: 5 - 40.

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

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