Eisvogel (Alcedo atthis)

Eisvogel © Lutz DöringEisvogel © Lutz Döring

Verbreitung

Das Areal des Eisvogels reicht von der Paläarktis und Orientalis bis nach Neuguinea in der Australis. In diesen Regionen erstreckt sich das Verbreitungsgebiet von der gemäßigten Zone bis in die Tropen. Steppen-, Wüsten-, Taiga- und Tundrenzonen sowie höher gelegene Gebirgsbereiche werden gemieden. Europa wird von zwei der ca. neun Unterarten besiedelt. A. a. ispida brütet im Norden der Iberischen Halbinsel, auf den Britischen Inseln, in Südskandinavien, im Baltikum und in Mitteleuropa. In den südlicheren und östlicheren Bereichen siedelt A. a. atthis. Die meisten der schätzungsweise 46.000 europäischen BP leben in Russland und Spanien (BEZZEL in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, LIBOIS in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, TUCKER & HEATH 1994). In Deutschland treten im Südwesten, hauptsächlich in Baden-Württemberg, und in den Mittelgebirgsregionen größere Verbreitungslücken auf (RHEINWALD 1993). Auch in Sachsen-Anhalt ist die Verbreitung lückenhaft, da sich die Vorkommen meist an den Fließgewässern konzentrieren. Nur vereinzelt wurden Bruten an stehenden Gewässern nachgewiesen. Trockene Heiden, gewässerarme Ackerebenen und die höheren Lagen des Harzes werden gemieden (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997, NICOLAI 1993a).

Ökologie und Zugstrategie

Eisvögel siedeln an langsam fließenden oder stehenden Gewässern mit ausreichender Sichttiefe und einem reichen Angebot an Kleinfischen. Weitere notwendige Habitatstrukturen sind Sitzwarten zum Stoßtauchen und steinarme Erdwände zur Anlage der Brutröhre. Neben Steilufern und Prallhängen werden auch Böschungen, Abbruchkanten, Lösswände und Wurzelteller umgestürzter Bäume, mitunter in größerer Entfernung vom Wasser, zum Brüten genutzt. Im Winter werden eisfreie Gewässer aller Art aufgesucht u.a. auch Meeresbuchten, Lagunen und Wattbereiche (BEZZEL in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994). Europäische Eisvögel sind in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen ihrer Brutgebiete Stand-, Strich- oder Zugvögel. Vor allem nord- und osteuropäische Populationen ziehen in wintermildere Arealbereiche. Es werden aber in allen Teilen des Verbreitungsgebietes überwinternde Vögel beobachtet (BAUER & BERTHOLD 1997, BEZZEL 1985).

Bestandsentwicklung

Extreme Winter können starke Bestandseinbrüche auslösen, die in vitalen Populationen aufgrund des hohen Reproduktionspotenzials nach fünf bis sieben Jahren wieder ausgeglichen sind. Seit dem 19. und verstärkt im 20. Jahrhundert sind neben diesen natürlichen Populationsschwankungen in Mitteleuropa anthropogen verursachte Bestandseinbußen zu beobachten, die zur Verinselung der Vorkommen führten. Seit den 1970er Jahren ist infolge von Schutzmaßnahmen und einer Verbesserung der Gewässerreinheit eine Erholung der regionalen Bestände zu beobachten. In Deutschland beobachtete man zwischen 1970 und 1990 neben Bestandszunahmen in einzelnen Bundesländern einen insgesamt stabilen Brutbestand. Im Jahr 1994 brüteten ca. 3.300-4.900 BP in Deutschland (WITT et al. 1996). 2005-2009 nahm der Bestand in Deutschland auf 9000-14500 BP zu.

Gefährdung und Schutz

Zu den natürlichen Ursachen, die entscheidenden Einfluss auf die Populationsdynamik der Eisvogelbestände haben, gehören extreme Winterbedingungen, niederschlagsreiche Sommer, Hochwasser mit dem Verlust von Bruten und einer Wassertrübung und Prädatoren. Menschliche Einwirkungen wie Fließgewässerbegradigung und -kanalisierung, Uferbebauung, Eutrophierung und Gewässerverschmutzung sowie die Intensivierung der Teichwirtschaft vernichten Brutplätze und Nahrungshabitate und führen zu langfristigen Bestandsabnahmen. Störungen aller Art an den Brutröhren, direkte Verfolgung durch Angler, Fischer und Sammler sowie anthropogen bedingte Unfälle z.B. im Straßenverkehr und an Glasscheiben verursachen weitere Verluste (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982, BEZZEL in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, HÖLZINGER 1987). Schutzmaßnahmen für den Eisvogel sind die Erhaltung naturnaher Flüsse und Bäche, die Renaturierung verbauter Fließgewässerabschnitte, die Anlage von Abbruchkanten, das Anbieten künstlicher Brutwände und die Verbesserung des Nahrungsangebotes. Bedeutende Brutgebiete sollten unter Schutz gestellt werden. Alle Verfolgungen sind einzustellen, Konflikte mit Binnenfischern durch entsprechende Maßnahmen z.B. „Ablenkteiche“ zu entschärfen und Störungen im Brutrevier zu minimieren (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER 1987).

 

Rote Liste Deutschland:                    Ungefährdet (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               V – Art der Vorwarnliste (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

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