Grauspecht (Picus canus)

Grauspecht, Männchen © hfox/Fotolia.comGrauspecht, Männchen © hfox/Fotolia.com

Verbreitung

Das Areal des Grauspechts befindet sich in der Paläarktis und Orientalis. Von den Pazifikinseln Sachalin und Hokkaido aus erstrecken sich die Vorkommen bis nach Europa, wo sie zungenförmig über Mittelschweden und Südnorwegen bzw. über den Balkan, Süddeutschland, die Schweiz und Mittelfrankreich auslaufen und die Atlantikküste erreichen. Außerdem wird Südostasien von Sumatra bis Hinterindien besiedelt (CONRADS in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994). In Europa fehlt die Art fast im gesamten Mittelmeerraum, auf den Britischen Inseln, in Südschweden, nördlich 64 ° N und in den Tieflandbereichen Nordwest-Europas und Ungarns. Der größte Teil des europäischen Bestandes (ca. 87.000-220.000 BP) brütet in den Gebirgsgegenden Mittel- und Osteuropas sowie in Russland und Weißrussland (SAARI & SÜDBECK in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Deutschland trennt eine scharfe Verbreitungsgrenze, die mit der 100-m-Höhenlinie übereinstimmt (RHEINWALD 1993), den relativ gleichmäßig besiedelten Südteil vom unbewohnten Norden. Diese Grenze verläuft durch Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und die Oberlausitz. In Sachsen-Anhalt sind die meisten Vorkommen südlich der Magdeburger Börde und Elbe lokalisiert. Verbreitungsschwerpunkte bilden der Harz und das südöstlich vorgelagerte Hügelland. Weitere Vorkommen befinden sich im Zeitzer Forst und in den Buchenbeständen der Dübener Heide. Einige Brutpaare kommen im Hakel und bei Halle vor (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997).

Ökologie und Zugstrategie

Der Grauspecht brütet in unterschiedlichen Biotopen, bevorzugt aber in reich strukturierten Wäldern, vorzugsweise Buchenwäldern, der collinen bis montanen Stufe. Die Art besiedelt auch Feldgehölze, Parkanlagen, Streuobstwiesen, Auenwälder und in höheren Lagen Nadelwälder. Voraussetzungen für eine Besiedlung sind Altholzbestände und offene Stellen wie Lichtungen, Wiesen und Waldränder, die zur Nahrungssuche, meist nach Ameisen, dienen. Der Grauspecht ist ein Stand- und Strichvogel, der z.T. in subalpinen Lagen ausharrt bzw. im Spätherbst und Frühwinter klimabegünstigte Gebiete wie Auenwälder und Gebiete in Siedlungsnähe aufsucht (CONRADS in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994).

Bestandsentwicklung

In großen Teilen Mitteleuropas kam es seit den 1970er Jahren zu einer Abnahme des Bestandes des Grauspechts, so auch in Sachsen-Anhalt (BAUER & BERTHOLD 1997, DORNBUSCH 1999). Erst in jüngster Zeit konnten sich die Vorkommen vielerorts wieder stabilisieren. In Deutschland lagen die Bestandsveränderungen unter 20 % (WITT et al. 1996). Nach RHEINWALD (1993) haben Mitte der 1980er Jahre ca. 23.000 BP in Deutschland gebrütet, Mitte der 1990er Jahre waren es 9.000 bis 32.000 BP (WITT et al. 1996). 2015 wurden in Sachsen-Anhalt 400 bis 500 Brutpaare gezählt. Somit kann anhand des berücksichtigten Bestandtrends in Sachsen-Anhalt keine Zuweisung einer Gefährdungskategorie erfolgen.

Gefährdung und Schutz

Die mitteleuropäischen Bestände des Grauspechts sind durch den Rückgang des Nahrungsangebotes infolge von Eutrophierung und Pestizideinsatz und durch Lebensraumverluste bedroht. Durch die Umwandlung strukturreicher, alter Laub- und Mischwälder in monotone Nadelholzforste, durch die Entnahme von Höhlenbäumen, durch intensivere Waldbewirtschaftungsformen, durch den Verlust alter Streuobstwiesen und Auenwälder sowie durch die zunehmende Erschließung der Bergmischwälder werden die Habitate der Art zerstört (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER 1987, SAARI & SÜDBECK in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Um weitere Bestandsrückgänge zu verhindern, sind großflächig alte Laubwälder zu schützen und Altersklassenforste durch naturnahe Mischwälder zu ersetzen. Wichtig ist auch die Verlängerung der Umtriebszeiten, der Verzicht auf großflächige Kahlschläge und ein reduzierter Düngemittel- und Biozideinsatz (BAUER & BERTHOLD 1997, TUCKER & HEATH 1994).

 

Rote Liste Deutschland:                    2 – Stark gefährdet (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               Ungefährdet (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

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