Großtrappe (Otis tarda)

Großtrappe während der Balz © Lutz DöringGroßtrappe während der Balz © Lutz Döring

Verbreitung

Die Großtrappe besiedelt als Charaktervogel der Steppen in zwei Unterarten die südliche Paläarktis. Die Verbreitung der Nominatform Otis t. tarda erstreckte sich ehemals von den großen Ebenen West-, Mittel- und Südost-Europas sowie von Nordwest-Marokko über Vorderasien bis Kasachstan und Südwest-Sibirien. Otis t. dybowskii brütet im östlichen Arealbereich, das vom östlichen Altaivorland beginnend bis in die Mandschurei und das Ussurigebiet reicht. Nach drastischen Bestandsrückgängen ist das Areal der Großtrappe stark geschrumpft und disjunkt in mehr oder weniger große Verbreitungsinseln zerfallen (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973). Die Iberische Halbinsel und Russland beherbergen derzeit über 90 % des gesamten europäischen Bestandes, das sind 26.000-32.000 Exemplare (TUCKER & HEATH 1994). Mitteleuropa weist nur noch zwei voneinander getrennte und in sich stark fragmentierte Verbreitungsgebiete im norddeutschen Tiefland und in der pannonischen Tiefebene (Ungarn, Österreich, Slowakei und Tschechien) auf. In Schottland, England, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark, Südschweden, Polen und Griechenland sind die Brutvorkommen bereits erloschen (ALONSO & PINTO in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, BAUER & BERTHOLD 1997). Im Osten Deutschlands existierten nur noch in Sachsen-Anhalt (15-20 Vögel) und in Brandenburg (75-80 Vögel, Stand 1995) Restbestände (DORNBUSCH 1983, 1996, LITZBARSKI & LITZBARSKI 1996). Ca. 50 % des deutschen Trappenbestandes befinden sich in den brandenburgischen Einstandsgebieten Havelländisches Luch und Belziger Landschaftswiesen (LITZBARSKI & LITZBARSKI 1996). In Sachsen-Anhalt sind Großtrappen im Fiener Bruch zu beobachten, erscheinen aber auch vereinzelt in verwaisten Einstandsgebieten wie im Zerbster Ackerland und im Trübenbruch.

Ökologie und Zugstrategie

Die Großtrappe bewohnt im Tiefland und unteren Hügelland großräumige, baumlose Grassteppen (Primärbiotop) sowie gehölzarmes, flaches Kulturland mit Acker- und Grünland sowie Brachen. Die Gebiete müssen weithin überschaubar sein, zumindest während der Balz und in der frühen Brutperiode niedrige Vegetation aufweisen und ausreichend Nahrung über das ganze Jahr bieten. Im Sommer sind Insektennahrung besonders während der Aufzucht der Jungvögel und im Winter Luzerne und Raps wichtig (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973). Die Populationen in Südwest- und Mitteleuropa sind Stand- und Strichvögel, die östlicheren sind Zugvögel, deren Wanderungen bis nach Vorderasien und Pakistan führen. In kalten, schneereichen Wintern erfolgen Ausweichwanderungen der mitteleuropäischen Vögel in westliche und südwestliche Richtung (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973).

Bestandsentwicklung

Im 18. Jahrhundert erreichte die Großtrappe in Mitteleuropa ihre weiteste Verbreitung, das war begünstigt durch die Ausbreitung der extensiv betriebenen Landwirtschaft bei gleichzeitiger Zurückdrängung der Waldflächen. Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion führte in den meisten europäischen Ländern ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu drastischen Rückgängen und zum Aussterben der Vögel. Die Bestandsabnahmen hielten auch im 20. Jahrhundert an, sodass die Restbestände in Deutschland von 1940 bis Mitte der 1990er Jahre nochmals um 98 % zurückgingen. Aufgrund der Intensivierung der agrarischen Landnutzung konnte der weitere Rückgang nicht aufgehalten werden, so dass der Landesbestand 1994/95 nur noch mit 15 –20 Vögeln angegeben wurde, die sich auf die Einstandsgebiete Zerbster Land (3 bis 5 Ind.), Magdeburger Börde (4 Ind.), Fiener Bruch (6 bis 9 Ind.) und Trüben (2 Ind.) verteilten (DORNBUSCH 1996). Im letzten verbliebenen Einstandsgebiet Fiener Bruch sank der Bestand bis zum Jahr 2004 auf 3 Weibchen, die durch Besuche bei den Hähnen auf dem Balzplatz in den Belziger Landschaftswiesen (Brandenburg) aber weiterhin befruchtete Eier legten (LITZBARSKI et al. 2011). Das Aussterben der Großtrappe in Sachsen-Anhalt schien Anfang der 2000er Jahre daher absehbar. Zwar gab es schon in den 1990er Jahren und dann wieder ab 2004 erste Schutzbemühungen im Fiener Bruch, aber erst ein umfangreiches mit Europäischen Fördermitteln und Landesgeldern finanziertes Schutzprojekt des Fördervereins Großtrappenschutz e.V. im Vogelschutzgebiet Fiener Bruch brachte eine Trendwende, so dass sich aktuell regelmäßig wieder um 80 (Frühjahr 2017) Großtrappen im Fiener Bruch aufhalten, bei Zuflug von Vögeln aus den Belziger Landschaftswiesen auch bis zu 100. Aufgrund des noch deutlich zu geringen Reproduktionserfolges ist die Bestandsentwicklung derzeit noch stark von der Auswilderung handaufgezogener Großtrappen abhängig.

Gefährdung und Schutz

Ein Komplex verschiedener Ursachen führte die Großtrappe an den Rand des Aussterbens, wo bei sich besonders Intensivierungsmaßnahmen der Landwirtschaft fatal auswirkten. Habitatverlust, Nahrungsmangel (besonders für die Küken), Störungen an den Balz- und Brutplätzen, Biozidbelastung und Verluste durch Ausmähen waren die Gründe. Gleichzeitig wurde der Bestand durch intensive Bejagung in den Brut- und Überwinterungsgebieten stark dezimiert. Die zunehmende Verdrahtung der Landschaft birgt neue Gefahren durch Kollision. Die geschwächten Bestände werden außerdem durch extreme Witterungsverhältnisse im Winter und während der Brutzeit sowie durch Prädation negativ beeinflusst (BAUER & BERTHOLD 1997, DORNBUSCH 1983, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973, LITZBARSKI & LITZBARSKI 1996, TUCKER & HEATH 1994). Die weltweit gefährdete Art hat in Deutschland nur eine Zukunft, wenn es gelingt, ausgewählte, weiträumige Agrarlandschaften „trappengerecht“ zu gestalten, extensiv zu nutzen und unter Schutz zu stellen. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der Habitatstruktur wie vielfältiger Ackerbau, Schaffung von Dauergrünland, Abstimmung der Mahdtermine, Verringerung der Viehdichte auf Weiden, Abbau von Koppelzäunen, Sicherung bzw. Rückbau von Freileitungen und zur Verbesserung des Nahrungsangebotes der Anbau von Raps, Luzerne und Kohl als Winternahrung. Außerdem sollten eine Reduktion des Düngemittel- und Biozideinsatzes sowie eine Verringerung des Störungspotenzials durch die Landwirtschaft und den Freizeitverkehr erfolgen. Windkraftanlagen sind aus diesen Gebieten fernzuhalten. Zur Bestandsstützung sind die Rettung bedrohter Gelege und die Auswilderung der aufgezogenen Jungtrappen wichtig (BAUER & BERTHOLD 1997, DORNBUSCH 1994, LITZBARSKI & LITZBARSKI 1996).

 

Rote Liste Deutschland:                   1 – Vom Aussterben bedroht (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:              2 – Stark gefährdet (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

Projekte

Großtrappenschutz im Fiener Bruch

Zur Erhaltung der Großtrappe als Brutvogel in einer faunistisch und floristisch artenreichen Kulturlandschaft, etablierte der Förderverein Großtrappenschutz e.V. ein umfassendes Schutzprojekt im Fiener Bruch. Das Projekt wurde durch ELER-Mittel finanziert. Der Förderverein setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirtschaftsbetrieben und Jägern.

Ausführliche Informationen unter: http://info.grosstrappe.de/projekt-grosstrappenschutz-im-fiener-bruch/

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