Raufußkauz (Aegolius funereus)

Raufußkauz © Lutz DöringRaufußkauz © Lutz Döring

Verbreitung

Der Raufußkauz ist in der Holarktis zirkumpolar verbreitet und bewohnt in fünf Unterarten hauptsächlich die borealen und teilweise auch die gemäßigten Zonen Eurasiens und Nordamerikas. Weiter südlich existieren isolierte Gebirgspopulationen im Kaukasus, im Tien Schan, im westlichen Himalaja und in Zentralchina. Die Verbreitung der auf Europa beschränkten Nominatform A. f. funereus deckt sich größtenteils mit dem Areal der Fichte Picea abies. Die südlichsten europäischen Vorkommen sind in den Pyrenäen und in Griechenland zu finden. Der Bestand in Europa wird auf mindestens 37.000 BP geschätzt, die hauptsächlich in Russland, Skandinavien, Weißrussland und im Baltikum brüten (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, KORPIMÄKI in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, TUCKER & HEATH 1994). Nach MEBS et al. (1997) brütet der Raufußkauz in allen größeren Bundesländern Deutschlands. Die meisten besetzten Reviere werden aus Niedersachsen, Thüringen und Bayern gemeldet. In Sachsen-Anhalt konzentriert sich der größte Teil der Nachweise auf das Harzgebirge. Brutnachweise und Brutzeitbeobachtungen liegen auch aus dem Kyffhäuser (SAUERBIER in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997) und den Tieflandbereichen vor. Im Mai 1981 gelang eine Beobachtung im Hakelwald (STUBBE et al. 1991). Im Jahr 1993 bestand Brutverdacht in der Dübener Heide, 1995 wurde mindestens eine Brut nachgewiesen (THIEL in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). Ein bzw. zwei rufende Männchen bzw. Paare wurden in den Jahren 1997 bis 1999 aus dem Altmarkkreis Salzwedel gemeldet (GNIELKA in GEORGE & WADEWITZ 1998 und 2000).

Ökologie und Zugstrategie

Der Raufußkauz ist ein Brutvogel der borealen Nadelwälder. In Mitteleuropa werden Gebirge von der montanen bis zur subalpinen Stufe, aber auch Tieflandbereiche besiedelt. Voraussetzung ist ein ausreichendes Höhlenangebot, nahe liegende und dichte Tageseinstände und kleinere, unterholzfreie bzw. offene Bereiche zum Beuteerwerb. Neben strukturreichen Nadelwäldern mit geringem Laubholzanteil werden auch reine Buchenwälder und bei künstlichem Höhlenangebot monotone Fichtenforste besiedelt (BAUER & BERTHOLD 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, MÖCKEL 1983). Während die Altvögel in Mitteleuropa überwiegend Stand- und Strichvögel sind, führen die Jungvögel Dismigrationswanderungen durch. Nordeuropäische Raufußkäuze zeigen eine höhere Zugbereitschaft, eine geringe Brutorttreue und absolvieren längere Wanderstrecken (BEZZEL 1985).

Bestandsentwicklung

Der Raufußkauzbestand in Mitteleuropa war seit dem 19. Jahrhundert, regional auch bis Mitte des 20. Jahrhunderts rückgängig. Seit den 1960er Jahren waren bei den jährlich sehr stark schwankenden Beständen in Deutschland Zunahmen und Ausbreitungstendenzen zu verzeichnen, sodass in zunehmendem Maße auch Tieflandbereiche (wieder-) besiedelt werden (BAUER & BERTHOLD 1997, MEBS 1998, MÖCKEL 1996). Seit Anfang der 1990er Jahre sind die Vorkommen aber erneut rückläufig (MAMMEN 1997). Gegenwärtig existieren in Deutschland mindestens 1.900-2.700 besetzte Reviere (MEBS et al. 1997). Nach DORNBUSCH (1999) ist die Art in Sachsen-Anhalt ein seltener Brutvogel mit konstanter Bestandsentwicklung. MEBS et al. (1997) geben nach Expertenbefragungen für Sachsen-Anhalt ca. 30 besetzte Reviere an, in GNIELKA & ZAUMSEIL (1997) werden für den Südteil des Landes 25-50 BP genannt und NICOLAI (1997) schätzt ein, dass sich im sachsen-anhaltischen Harzbereich 60 bis 100 Reviere befinden. Im Jahr 2015 wurden in Sachsen-Anhalt 100-180 BP gezählt.

Gefährdung und Schutz

Die Hauptgründe für Bestandsrückgänge und mangelnde Vitalität in Raufußkauz-Populationen sind Habitatverlust und Lebensraumfragmentierung. Besonders zu nennen sind dabei wald- und straßenbauliche Maßnahmen wie Kahlschläge, kurze Umtriebszeiten, Verlust von höhlenreichen Altbeständen und Wegebau sowie Windwürfe. Störungen an den Brutplätzen, Schadstoffbelastung und direkte Verfolgung stellen weitere negative Faktoren dar (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, HÖLZINGER 1987). Die Ausweisung von Schutzgebieten und eine schonende Forstwirtschaft u.a. durch die Erhaltung von Altholzbeständen und den Übergang zur Femel- und Plenterwirtschaft tragen zur Bestandssicherung der Art bei. Das Ausbringen künstlicher Nisthilfen kann die Besiedlung höhlenarmer Wirtschaftsforste unterstützen (BAUER & BERTHOLD 1997).

 

Rote Liste Deutschland:                    Ungefährdet (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               Ungefährdet (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

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