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Verbreitung
Die Rohrweihe besiedelt in acht Unterarten Europa, Nordafrika und Asien sowie mit isolierten Vorkommen Australien, Neuseeland, Neuguinea, Madagaskar und weitere Inselgruppen im indischen und pazifischen Ozean. Die Nominatform C. a. aeruginosus ist vom Mittelmeerraum nördlich bis Großbritannien, Dänemark, Schweden und Finnland sowie östlich bis zum Baikalsee und der nordwestlichen Mongolei verbreitet (BEZZEL 1985, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1989). Der größte Teil der europäischen Population konzentriert sich in Polen, Russland und der Ukraine (BAVOUX et al. in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Deutschland werden Schleswig-Holstein und die östlichen Bundesländer außerhalb der Mittelgebirgsregionen geschlossen und in teilweise hohen Dichten besiedelt. Im Westen und Süden der Bundesrepublik brütet die Rohrweihe nur in geringer Anzahl (NICOLAI 1993a, RHEINWALD 1993). Sachsen-Anhalt stellt innerhalb Deutschlands einen Verbreitungsschwerpunkt der Art dar (DORNBUSCH 1999). Verbreitungslücken bestehen nur im Gebiet des Harzes und des Flämings sowie in Teilbereichen der gewässerarmen Heide- und Ackerlandschaften. Besonders hohe Brutpaardichten wurden bei der Kartierung für den Atlas der Brutvögel für den Südteil des Bundeslandes im Wulfener Bruch, im Umfeld des Muldestausees, in Teilen des Köthener Ackerlandes, in der Saale-Elster-Aue, im Umfeld der Mansfelder Seen und im Gebiet um Weißenfels festgestellt (GEDEON in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997).
Ökologie und Zugstrategie
Die Rohrweihe bevorzugt offene Feuchtgebiete mit Süß- und Brackwasser und dichter Vegetation von Meeresniveau bis 400 m ü. NN, brütet aber in Zentralasien auch bis 2.000 m ü. NN. Die Nester werden hauptsächlich in dichten Schilf- und Röhrichtbeständen versteckt am Boden oder über dem Wasser errichtet. Seit Beginn der 1970er Jahre brütet die Rohrweihe zunehmend in Getreide- und Rapsfeldern. Als Jagdgebiete werden offene Landschaftsbereiche wie Schilfgebiete mit angrenzenden Wasserflächen, Verlandungszonen, Dünen und landwirtschaftliche Nutzflächen aufgesucht (BAVOUX et al. in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1989, HÖLKER & SPEER in KOSTRZEWA & SPEER 2001). Im Südteil von Sachsen-Anhalt brütet die Rohrweihe hauptsächlich in den Verlandungsbereichen naturnaher Teiche, Seen und Altarme sowie in Braunkohlentagebau-Folgelandschaften und ehemaligen Kies- und Tongruben (GEDEON in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). Während im Kartierungszeitraum von 1990 bis 1995 keine Getreidebruten festgestellt wurden, fand KLAMMER (in GEORGE & WADEWITZ 1999) im östlichen Saalkreis 1998 mehrere der 23 BP in Wintergersteschlägen. Die nord-, west- und mitteleuropäischen Rohrweihen überwintern als Kurz- bzw. Langstreckenzieher im tropischen Westafrika, teilweise auch im Mittelmeerraum und in den Niederlanden. Die Brutgebiete werden ab Ende Juli/Anfang August verlassen. Der gerichtete Wegzug in die Winterquartiere beginnt Mitte August. Die ersten Vögel kehren Ende März nach Deutschland zurück (BEZZEL 1985).
Bestandsentwicklung
Die Bestände der im 19. Jahrhundert noch weit verbreiteten Rohrweihe wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Verfolgung und Lebensraumzerstörung stark dezimiert und konnten sich erst nach 1930 wieder erholen. Ab 1950 setzte ein neuerlicher Bestandsrückgang ein. Nach 1970 nahm infolge des Rückgangs der Pestizidbelastung, verstärkter Schutzbemühungen und der Schaffung neuer Lebensräume in den meisten Gebieten Mitteleuropas die Brutpaaranzahl deutlich zu. Dieser Anstieg wurde auch in Deutschland festgestellt, wo sich die Bestände Ende der 1980er Jahre stabilisierten (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLKER & SPEER in KOSTRZEWA & SPEER 2001, MAMMEN et al. 2000). Zwischen 1992 und 1998 wurde eine wiederholte Abnahme von über 15 % registriert (MAMMEN & STUBBE 2000b). Der deutsche Bestand wird auf 4.100-5.600 BP (1994, WITT et al. 1996) bzw. auf knapp 5.000 BP (HÖLKER & SPEER in KOSTRZEWA & SPEER 2001) und im Jahr 2009 auf 7.500-10.000BP geschätzt. In Sachsen-Anhalt zählt die Rohrweihe zu den mittelhäufigen Arten bei langfristiger Bestandsstabilität. Im Jahr 2015 wurden 1.000-1.500 BP gezählt.
Gefährdung und Schutz
Gegenwärtig ist die Rohrweihe hauptsächlich durch Veränderung und Zerstörung der bevorzugt besiedelten Feuchtgebiete gefährdet. Maßnahmen zur Regulierung von Fließgewässern, zur Absenkung des Grundwasserspiegels und zur Entwässerung tragen entscheidend dazu bei. Die Brutplätze werden zunehmend durch die Nutzung der Ufer- und Schilfbereiche für Freizeitakivitäten beeinträchtigt. Weitere Gefährdungsursachen stellen der Rückgang des Nahrungsangebotes, die Belastung mit Umweltchemikalien und die Verfolgung auf den Zugwegen dar (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLZINGER 1987). Für den Schutz der Weihenart ist eine großflächige Erhaltung und Renaturierung der Lebensräume notwendig. Die Wiedervernässung trocken gefallener Schilfgebiete und ehemaliger Feuchtwiesen, die Anlage von Uferrandstreifen und Flächenstilllegungen sowie die Schaffung neuer Lebensräume wie Tümpel, Hecken und Ackerraine sind konkrete Einzelmaßnahmen dafür. Schilfbruten sollten durch Ruhezonen, Feldbruten nach Absprache mit den betreffenden Landwirten durch Schutzzonen oder die Verlegung des Mahdtermins gesichert werden. Gleichzeitig muss die Verfolgung in allen Arealbereichen der Art eingestellt und die Nutzung von persistenten Pestiziden und Rodentiziden eingeschränkt werden (BAUER & BERTHOLD 1997, HÖLKER & SPEER in KOSTRZEWA & SPEER 2001).
Rote Liste Deutschland: Ungefährdet (5. Fassung, Stand November 2015)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: Ungefährdet (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.