Schwarzmilan (Milvus migrans)

Schwarzmilan © Lutz DöringSchwarzmilan © Lutz Döring

Verbreitung

Der Schwarzmilan ist eine Greifvogelart der alten Welt und besiedelt in sechs Unterarten Eurasien (außer Nordwest-Europa und die russischsibirischen Tundrengebiete nördlich 62 °N), Afrika (ohne die Sahara), Ostindonesien, teilweise Neuguinea und Australien. Die Brutverbreitung von Milvus m. migrans erstreckt sich von Nordafrika über die mediterrane und gemäßigte Zone Europas bis nach Westsibirien und Baluchistan, wo eine Mischzone mit M. m. lineatus besteht (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1989). Die Hauptverbreitungsgebiete in Europa befinden sich in Russland, Spanien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Vereinzelt brütet die Art in Schweden, Finnland und Estland und fehlt völlig auf den Britischen Inseln und in Dänemark (BIJLSMA in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Mitteleuropa werden die höchsten Dichten im Schweizer Alpenvorland südlich des Neuenburger Sees erreicht (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1989). In Deutschland fehlt der Schwarzmilan nur im Nordwesten (Arealgrenze) und im Fränkischen Weihergebiet. Außerdem sind die Mittel- und Hochgebirgslagen nahezu unbesiedelt (RHEINWALD 1993). Sachsen-Anhalt bildet in Deutschland einen Verbreitungsschwerpunkt der Art. Die höchsten Brutpaardichten werden im Bereich der unteren Saale (LK Bernburg bis 11,8 BP/100 km²) festgestellt (NICOLAI 1993a). Speziell kleinflächige Auenwaldreste an Saale und Elbe bergen kolonieartige Ansammlungen z.B. 8 BP im 0,67 km² großen NSG Plötzkauer Auenwald 1978 (GLEICHNER & BOBBE 1982), 19 BP im 1,65 km² großen Auenwald „Küchenhorn“ bei Wolmirstedt 1985 (ZÖRNER in Ulrich & ZÖRNER 1986), 34 BP in einem 20 km² großen Bereich der Saale-Elster-Aue südlich Halle (SCHÖNBRODT & TAUCHNITZ 2000). Im gewässerarmen Nordharzvorland existieren ebenfalls größere Vorkommen z.B. 1990 25 BP in der 13 km² große Waldinsel Hakel (STUBBE et al. 2000). Verbreitungslücken treten im Bereich des Harzes, des Flämings und in den zentralen Bereichen der Kieferheiden wie z.B. Dübener und Annaburger Heide auf (GEDEON in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997, ORTLIEB 1998).

Ökologie und Zugstrategie

Der Schwarzmilan brütet hauptsächlich in Feldgehölzen sowie in den Randlagen und lichten Altholzbeständen größerer Wälder, die in der Nähe fischreicher Gewässer liegen. Die Art bevorzugt im Flachland Auenwälder, Eichenmisch- und Föhrenwälder sowie im Bergland Mischwälder an Steilhängen (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1989). Bei günstigen Nahrungs- und Brutplatzbedingungen werden auch gewässerferne „Trockenhabitate“ besiedelt (ORTLIEB 1998). In Europa werden Großstädte als Bruthabitat gemieden (BIJLSMA in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Wasserflächen, offenes Kulturland und urbane Bereiche stellen die Nahrungshabitate der Art dar. Nach der Brutzeit und im Winterquartier werden gemeinsame Schlafplätze genutzt (ORTLIEB 1998, SPEER in KOSTRZEWA & SPEER 2001). Die mitteleuropäischen Schwarzmilane sind Langstreckenzieher, deren Überwinterungsgebiet im tropischen Afrika liegt und sich von Senegal und Kenia bis Südafrika erstreckt. Überwinterungen sind auch aus dem Mittelmeerraum bekannt. Auf dem Zug wird das Mittelmeer über die Meerengen von Gibraltar und am Bosporus umgangen bzw. über Sizilien und Tunesien gequert. Der Abzug aus den mitteleuropäischen Brutgebieten erfolgt im August, die Heimkehr im Frühjahr Ende März bis Mitte April (BAUER & BERTHOLD 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1989).

Bestandsentwicklung

Nach BIJLSMA (in HAGEMEIJER & BLAIR 1997) bleiben die Bestände in den europäischen Kerngebieten stabil auf gleichbleibendem Niveau, nur in Russland ist eine geringe Bestandsabnahme zu verzeichnen. Außerhalb dieser Gebiete, besonders in Osteuropa und der Ukraine, werden Rückgänge der Art beobachtet. BAUER & BERTHOLD (1997) beleuchten die Bestandssituation in Mitteleuropa und Deutschland an Hand zahlreicher Quellen detaillierter: Ende des 19. Jahrhunderts kam es aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen und Habitatzerstörung in mehreren Regionen zu starken Rückgängen und zum teilweisen Erlöschen von Vorkommen der Art. Zwischen 1930 und 1960 konnten Bestandsanstiege in Deutschland und Österreich sowie die Wiederbesiedlung von Schleswig-Holstein festgestellt werden. Seit Ende der 1960er Jahre waren die Bestände in einigen Bundesländern wieder rückläufig (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin). Die Daten des Monitoringprogramms Greifvögel und Eulen Europas weisen seit 1988 Bestandsanstiege für Sachsen-Anhalt (MAMMEN 1995) und seit 1990 für ganz Deutschland aus (MAMMEN & STUBBE 2000b). WITT et al. (1996) geben für das Jahr 1994 für Deutschland 2.100- 3.000 BP an, ORTLIEB (1998) 3.500-4.000 BP, 2005-2009 wurden 6.000-9.000 BP gezählt. Im Bundesland Sachsen-Anhalt brüteten ca. 800-1.200 Paare im Jahr 2015.

Gefährdung und Schutz

Nach der Meinung zahlreicher Autoren (BAUER & BERTHOLD 1997, BIJLSMA in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, HÖLZINGER 1987, SPEER in KOSTRZEWA & SPEER 2001, TUCKER & HEATH 1994) sind Schwarzmilane besonders durch die Zerstörung ihres Lebensraumes (Auen), durch veränderte Landnutzung, durch Umweltchemikalien (Pestizide, Schwermetalle), durch direkte Verfolgung, durch Störungen an den Brutplätzen und durch ungesicherte Freileitungen gefährdet. Dieser Bedrohung ist durch den Schutz naturnaher Auenlandschaften und Auenwälder, die Erhaltung von Eichen-Altholzbeständen, die Sanierung von Gewässern und das Zurückdrängen jeglicher Art von Verfolgung entgegenzuwirken.

 

Rote Liste Deutschland:                    Ungefährdet

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               Ungefährdet

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

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