Sperlingskauz (Glaucidium passerinum)

Sperlingskauz © Jens HaberlandtSperlingskauz © Jens Haberlandt

Verbreitung

Der Sperlingskauz, die kleinste Eulenart der Paläarktis, ist in der borealen Nadelwaldzone von Norwegen bis Ostsibirien und Sachalin verbreitet. In der gemäßigten Zone Europas reicht das Areal bis zu den Alpen und Karpaten, in Zentralasien bis zum Altai- und Sajangebirge. Die Nominatform G. p. passerinum bewohnt Skandinavien, Zentraleuropa, Nordrussland und Westsibirien, G. p. orientale die östlicheren Arealbereiche (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994). Der Bestand in Europa zählt über 33.000 BP, die hauptsächlich in Russland und Schweden brüten (TUCKER & HEATH 1994). WIESNER (1997) legte eine aktuelle Verbreitungskarte für Deutschland vor. Der Sperlingskauz besiedelt hauptsächlich die Nadelwälder der Alpen und Mittelgebirge, aber auch lokal die Tiefebenen. Die Verbreitung ist noch nicht vollständig bekannt, was besonders den Verlauf der westlichen Arealgrenze betrifft. In den letzten Jahren wurden Vorkommen in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Brandenburg entdeckt. Seit 2007 ist der Sperlingskauz ständiger Brutvogel in Schleswig-Holstein (NICKEL 2022, pers. Mitt.). Brutnachweise fehlen aus den Bundesländern, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und dem Saarland. Im Jahr 1993 wurde im Oberharz der erste Brutnachweis für Sachsen-Anhalt erbracht (OELKERS in WIESNER 1997). Weitere Reviere existieren im Mittel- und Unterharz (u.a. LANGLOTZ in GEORGE & WADEWITZ 2001, ZAUMSEIL in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). Brutnachweise aus anderen Regionen wie z.B. der Colbitz-Letzlinger und der Dübener Heide konnten bisher nicht erbracht werden.

Ökologie und Zugstrategie

Der Sperlingskauz brütet in reich strukturierten Femel- und Plenterwäldern mit hohem Nadelwaldanteil, geringem Feinddruck sowie einem großen Höhlen- und Nahrungsangebot. Der Kauz benötigt deckungsreiche Tageseinstände, lichte, höhlenreiche Altholzbestände zur Brut und als Beutedepot, hohe Singwarten und Randbereiche bzw. offene Flächen zum Nahrungserwerb. Viele Brutplätze liegen in der Nähe von Gewässern. Die Art ist Standvogel in Europa und wird nur ausnahmsweise bis zu 250 km von den nächsten Brutplätzen entfernt nachgewiesen. In Nord- und Nordost-Europa neigt der Sperlingskauz bei Nahrungsmangel zu Evasionen (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994).

Bestandsentwicklung

Fehlende langfristige Untersuchungen und die starken Schwankungen der Siedlungsdichten erschweren Angaben zu Bestandshöhe und -entwicklung. In Deutschland waren im 19. Jahrhundert die Alpen, alle Mittelgebirge und deren Vorländer sowie Teilbereiche des norddeutschen Tieflandes besiedelt. Mitte des 20. Jahrhunderts waren in vielen Gebieten wie z.B. im Odenwald und Schwarzwald Bestandsrückgänge festzustellen. Seit den 1970er Jahren deuten neuentdeckte Vorkommen und höhere Dichten in Verbreitungszentren auf Bestandszunahmen und Ausbreitungstendenzen hin (BAUER & BERTHOLD 1997). WIESNER (1997) schätzt den gegenwärtigen Bestand auf ca. 2.000 BP. In Sachsen-Anhalt ist der Sperlingskauz ein sehr seltener Brutvogel (DORNBUSCH 1999). Nach dem ersten Brutnachweis im Jahr 1993 wurden 1998 im Nationalpark Hochharz zwei BP und fünf weitere rufende Männchen (WADEWITZ, z.T. HELLMANN) sowie vier Rufer im Mittel- und Unterharz (BOCK & KRAMER in GEORGE & WADEWITZ 1999) festgestellt. 2015 wurden 40-70 BP im Bundesland gezählt.

Gefährdung und Schutz

Der Sperlingskauz ist durch Veränderung und Einengung des Lebensraumes gefährdet. Die Umwandlung naturnaher Wälder in monotone Altersklassenforste, kurze Umtriebszeiten in der Forstwirtschaft, Wege- und Straßenbau, immissionsbedingtes Waldsterben und großflächige Kahlschläge tragen dazu bei. Weiterhin ist die Art durch Biozide, Störungen im Brutrevier und direkte Verfolgung bedroht. Eine naturnahe Waldbewirtschaftung kann die langfristige Existenz der Art sichern. In den Revieren sind die Höhlenbäume zu schonen bzw. gegebenenfalls durch künstliche Nistkästen zu ersetzen (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982, HÖLZINGER 1987). Künstliche Nisthilfen werden allerdings oftmals nicht angenommen. So wurde zwischen 2007 und 2022 in Schleswig-Holstein in 70 Nistkästen keinerlei Bruterfolg festgestellt (NICKEL 2022, pers. Mitt.).

 

Rote Liste Deutschland:                    Ungefährdet 

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               Ungefährdet

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

ergänzt mit Informationen zur Situation in Schleswig-Holstein von Chr. Nickel, Landesverband Eulenschutz in Schleswig-Holstein e.V. (2022), pers. Mitt.

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