FFH-Gebiet "Buchenwaldgebiet und Hammerbachtal in der Dübener Heide"

Lebensraum des Bibers  © Christoph HenkeLebensraum des Bibers © Christoph Henke

Wald ist nicht gleich Wald.

Schon auf den ersten Blick wird dies deutlich. In Reih und Glied gepflanzte Forstmonokulturen erinnern eher an Maisäcker, als dass sie dem romantischen und urwüchsigem Bild eines Waldes entsprächen. Natürliche oder naturnahe Wälder sind zumeist durch eine hohe Arten- und Strukturvielfalt gekennzeichnet und vermitteln eher das Bild vom Wald als „Hallraum der Seele“, wie der Dichter Joseph von Eichendorff ihn sah. Wären menschliche Eingriffe vergangener Epochen in die Waldentwicklung unterblieben, hätte dies zu einer nahezu flächendeckenden Bewaldung Deutschlands geführt, wobei sich auf den verschiedenen Standorten eine jeweils typische Waldformation etabliert hätte. Im Bereich der Endmoräne (eiszeitliche Materialaufschiebungen) der Dübener Heide sind dies vornehmlich Buchenwälder.

Das FFH-Gebiet „Buchenwald und Hammerbachtal in der Dübener Heide“ beherbergt solche natürlichen bzw. naturnahen Wälder und hebt sich so von den umliegenden, monotonen Nadelwaldforsten ab. Der Charakter des Schutzgebiets wird aufgrund der überwiegend bodensauren Bereiche standorttypisch vom FFH-Lebensraumtypen (LRT) „Hainsimsen-Buchenwald“ geprägt. Auf basenreicherem Untergrund ist die Ausprägung des Waldmeister-Buchenwaldes vorzufinden. Mancherorts sind die Wälder zu imposanten „Hallenbuchenwäldern“ herangewachsen. Die Bedeutung dieser Bezeichnung erfährt man am besten inmitten der riesigen Bäume, die wie Säulen das in über 30 m Höhe liegende geschlossene Kronendach tragen. Da Strauch- und Krautschicht kaum ausgebildet sind, schweift der Blick weit in diese Halle aus Stämmen und Blättern hinein.

Während die Seele manches Wanderers träumerisch durch diese Landschaft schwebt, bewegen sich andere aus viel rationaleren Gründen fast lautlos zwischen den Baumriesen umher. In der Dämmerung braucht man hier nicht viel Glück, um eine der zahlreichen, schnell vorbeihuschenden, kaum hörbar fiependen Fledermäuse auszumachen. Sie nutzen das Gebiet als Jagdhabitat oder quartieren hinter abblätternder Rinde, in Baumspalten oder in alten Bruthöhlen, wie sie z. B. Schwarz- oder Grauspecht (Dryocopus martius, Picus canus) in die Bäume hämmern. Welche Art vor einem in der Luft flattert, ist oft auch für Spezialisten nicht ohne Hilfsmittel oder Fang auszumachen. Das Wissen, dass es eine vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) oder der gefährdete Große Abendsegler (Nyctalus noctula) sein könnte, unterstreicht den naturschutzfachlichen Wert des Schutzgebiets, in dem viele weitere Fledermausarten vorkommen.  

Diese Artenvielfalt resultiert aus dem mit den Waldlebensräumen im Komplex stehenden offenen und halboffenen Lebensräumen entlang des Hammerbachtals. Filigran schlängelt sich der Hammerbach durch die sanften Hügel der Endmoräne in Richtung Mulde. Nördlich des Teichs am Eisenhammer wird sein Lauf jedoch durch Querbauwerke unterbrochen und in verschiedenen Becken aufgestaut. Der Landschaftsarchitekt dieser märchenhaften Kulisse ist in Deutschland mittlerweile kein Unbekannter mehr. Die Biber (Castor fiber) graben sich an Gewässerufern Höhlen oder legen, wie hier, an Fließgewässern Dämme und Burgen an. Die beeindruckende, wasserbauliche Schaffenskraft des zweitgrößten Nagers der Erde zieht sich ca. 500 m entlang eines Weges. Solch Ausmaße sind in Sachsen-Anhalt nicht allzu häufig. Die Wasserkaskaden oder den Baumeister selbst bei einem Spaziergang komfortabel vom Weg aus bestaunen zu können, ist noch viel seltener. Die natürliche bzw. naturnahe Beschaffenheit des Hammerbachtals bietet weiteren, gewässergebundenen Arten wie dem Fischotter einen Lebensraum. Derzeit nutzt dieser das Gebiet gelegentlich als Nahrungshabitat und Wanderkorridor.

Der Hammerbach ist dem Lebensraumtyp „Flüsse mit Wasservegetation“ zuzuordnen. Seine Ränder säumen Erlen-Eschenwälder, welche die repräsentative Vegetation dieser feuchten, zeitweilig überstauten Bereiche darstellen. Angrenzende Wiesen und Weiden ergänzen die idyllische Landschaft des FFH-Gebietes, welches mit seinen Wäldern, Feuchtgebieten und Grünländern den Charakter der Natur- und Kulturlandschaft Dübener Heide porträtiert.

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