FFH-Gebiet "Kupferschieferhalden bei Hettstedt"

Kupferschieferkleinhalden innerhalb einer Ackerfläche  © Lutz DöringKupferschieferkleinhalden innerhalb einer Ackerfläche © Lutz Döring

Die weithin sichtbaren und zum Teil riesigen kegelförmigen Halden ...

... des Kupferschieferabbaus der letzten Jahrzehnte prägen heute die regionale Identität vieler Menschen im Raum Mansfeld und Sangerhausen. Doch ist dies nicht nur ein Phänomen des modernen Zeitalters mit großmaschinellen Abbaumethoden zur Förderung der Erze. Der Kupferbergbau hat in unserer Region eine jahrhundertealte Geschichte und beeinflusste somit nicht nur die Lebensumstände unserer Vorfahren, sondern auch heute noch können wir uns an der besonderen Eigenart der daraus entstandenen Landschaft erfreuen und müssen aber auch gleichzeitig den damit verbundenen Anforderungen gerecht werden. Besonders die bis auf das Mittelalter zurückzuführenden Kleinhalden der alten Familienschächte bieten heute für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten einen geeigneten und somit schützenswerten Lebensraum.

Als ein Beispiel für die Bedeutung dieser Lebensräume im europäischen Maßstab soll hier das FFH-Gebiet „Kupferschieferhalden bei Hettstedt“ beschrieben werden. Dieses europäische Schutzgebiet bei Hettstedt ist, neben den Gebieten bei Klostermansfeld und Wimmelburg, mit einer Fläche von über 460 ha das größte der drei Kupferschieferhalden-FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts, welche insbesondere auf den Erhalt dieser Lebensräume ausgerichtet sind. Das aus sechs Teilflächen bestehende Hettstedter Schutzgebiet erstreckt sich von dem Haldengebiet östlich Gerbstedt über Welfesholz und Hettstedt bis nordwestlich von Wiederstedt in Richtung Quenstedt und umfasst dabei viele Kleinhaldenareale aber auch Waldgebiete sowie andere Trocken- und Magerrasenbestände und natürlich nicht wenige, aber gleichzeitig auch für das Gebiet charakteristische Ackerflächen.

Das Vorkommen der typischen Schwermetallrasen auf den Halden ist verbunden mit den besonders hohen Gehalten der im Gestein enthaltenen Schwermetalle, z. B. Kupfer oder Zink, die in der Regel in zu hohen Konzentrationen eine toxische Wirkung auf die Pflanzen haben. Jedoch gibt es einige spezialisierte Pflanzenarten, die sich so an diese eigentlich giftigen Standorte anpassen konnten, dass sie diesen Lebensraum gemeinsam mit nur wenigen anderen konkurrierenden Arten besiedeln können. So findet man zum Beispiel auf den Flächen mit den höchsten Schwermetallgehalten das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris var. humilis), das Kupferblümchen (Minuartia verna subsp. hercynia) wie auch die Galmei-Grasnelke (Armeria maritima subsp. halleri). Mit abnehmendem Schwermetallgehalt des Bodens lässt sich eine Verdichtung der Vegetation beobachten. Hinzu kommen jetzt Arten, die auch häufig in gewöhnlichen Magerrasen anzutreffen sind, wie verschiedenen Schwingelarten (Festuca spec.) als Gräser,  Gelbe Skabiose (Scabiosa ocholeuca), Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum) oder das Echte Labkraut (Galium verum). Als besonders typisch und auch artenreich im Gebiet vertreten, sind außerdem die Gesteinsflechten zu erwähnen. Schaut man sich die einzelnen Steine genau an, erkennt man häufig zum Teil farbige krustenartige Überzüge oder auch nur kleine Pünktchen und Flecken. Diese immer aus einem Pilz und einer Alge bestehenden Lebewesen benötigen die offenen Gesteinsflächen zum Überleben und gehen bei einer Zunahme des Bewuchses deutlich zurück. Eine der häufigsten Arten im Gebiet ist die Mauerflechte (Protopameliopsis muralis), sie bildet meist kreisrunde grünliche Krusten auf den Gesteinsflächen. Mit besonders viel Geduld lassen sich auch einige regelmäßig auf diesen trockenen und mageren Gesteinshalden vorkommenden Tierarten finden. Die Zauneidechse (Lacerta agilis) nutzt die offenen Gesteinsflächen als Sonnenplatz und der Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) findet hier für seine Jungenaufzucht die passenden Bruthöhlen.

Um diesen doch recht unscheinbaren Lebensraum in unserer Region zu erhalten, ist es notwendig, besonders die noch nicht mit Gebüsch und Bäumen bewachsenen Haldenflächen in ihrer Form zu erhalten. Eine Zerstörung der Halden, z. B. durch das versehentliche Anpflügen des Haldenfußes oder die Nutzung als kurvenreiche Motocrossstrecke beeinträchtigt die Lebensräume unwiderruflich. Durch die Bereitstellung von Fördergeldern des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) war es bereits möglich, für Teile der Haldengebiete Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen und somit den Lebensraum für diese spezialisierten Tier- und Pflanzenarten weiter zu bewahren.

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