FFH-Gebiet "Saaledurchbruch bei Rothenburg"

Saale bei Rothenburg © LVwASaale bei Rothenburg © LVwA

Das Durchbruchstal der unteren Saale ...

... zwischen Dobis, Friedeburg und Könnern ist eines der landschaftlich schönsten Gebiete im Großraum Halle. Das Gebiet ist sowohl wegen seiner Landschaft als auch der außerordentlichen Naturausstattung einen Besuch wert.

Das die Halle-Hettstedter Gebirgsbrücke schneidende Durchbruchstal, welches erst seit der Saalekaltzeit von der Saale genutzt wird, bietet mit seinen steilen und teils felsigen Hängen geeignete Standortbedingungen für ein Mosaik aus verschiedensten Trockenrasen und Felsfluren. Wegen der Ausdehnung der Trockenlebensräume und der stark kontinental beeinflussten Ausprägung mit verschiedenen auf das mitteldeutsche Trockengebiet beschränkten Arten besitzt das Gebiet bundesweite Bedeutung. Als Folge fehlenden wirtschaftlichen Interesses an den zuvor überwiegend gehölzfreien Hängen hat sich ein Teil der Trockenlebensräume seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend zu Wald entwickelt.

Auf den Steppen-Trockenrasen des Gebietes können floristische Highlights wie Stängelloser Tragant (Astragalus exscapus), Schmalblütiges Träubel (Muscari tenuiflorum), Pferde-Sesel (Seseli hippomarathrum) oder Steppen-Fahnenwicke (Oxytropis pilosa) entdeckt werden, die sonst fast nirgends in Deutschland vorkommen. Gleichzeitig beherbergen Trockenrasen auf Kalkgestein Seltenheiten aus dem Mittelmeergebiet wie Nadelröschen (Fumana procumbens), Kugelblume (Globularia bisnagarica) oder Zwerg-Steppenkresse (Hornungia petraea) sowie sehr seltene Moose, so dass das Gebiet mit seinen Trockenrasen einen außergewöhnlichen pflanzlichen Artenreichtum bietet. Eigentlich allen Pflanzenarten solcher trockenheißen Standorte sind Anpassungen an die zeitweise pflanzenfeindlichen Bedingungen eigen: beispielsweise verringerte Blattflächengröße, dicke Wachsschichten oder dichte Behaarung als Verdunstungsschutz, verdickte Blätter zur Wasserspeicherung und als Welkeschutz oder gleich ganz eine Beschränkung der Belaubung auf die Zeit von Spätherbst bis Frühjahr, verbunden mit einer Überdauerung der jährlichen Trockenphase als Samen, Zwiebeln, Knollen oder Rhizome.        

Die oft blütenreichen Trockenrasen sind artenreicher Lebensraum für zahlreiche Insekten, z.B. für die Feldgrille (Gryllus campestris), den Steppengrashüpfer (Chortippus vagans) oder die gefährdeten Schmetterlingsarten Zwerg-Bläuling (Cupido minimus) und Magerrasen-Perlmutterfalter (Boloria dia). Einige alte Kirschbäume innerhalb der ausgedehnten Komplexe aus Halbtrockenrasen und Streuobst bei Friedeburg beherbergen ein aktuelles Vorkommen des Eremiten (Osmoderma eremita), eines auf alte Bäume mit großem Stammdurchmesser und umfangreichen Mulmvorrat beschränkten Käfers, der „seinen“ Brutbaum zeitlebens fast nie verlässt. Unter den Wirbeltieren sind die großen Bestände der Zauneidechse (Lacerta agilis) sowie der Brutvogelarten Neuntöter (Lanius collurio), Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) und Wendehals (Jynx torquilla) charakteristisch für die offenen und halboffenen Trockenlebensräume.

In einer Lösswand bei Friedeburg besteht eine der Gründungspopulationen des Bienenfressers (Merops alpiaster) seit dem Beginn der erfolgreichen Besiedlung Sachsen-Anhalts in den letzten Jahrzehnten.

Im Bereich der Hangwälder stechen die wenigen historisch alten Waldstandorte im Zickeritzer Busch oder im Nussgrund aufgrund ihres reichen Frühblüheraspektes ins Auge. Ein Großteil der erst seit einigen Jahrzehnten bestehenden Wälder wird dagegen von Robinien dominiert. Die Auenbereiche des Gebietes sind wegen des Charakters als Durchbruchstal räumlich stark eingeengt, umfassen aber dennoch ein abwechslungsreiches Mosaik aus Altarmen, alten Abgrabungsgewässern, kleinen Auenwaldstücken, Auengrünland und halboffenen Bereichen. In den Gewässern kommen verschiedene Amphibienarten mit teils großen Beständen vor, z. B. Knoblauch-, Wechsel- und Erdkröte (Pelobates fuscus, Bufo viridis, Bufo bufo), Moorfrosch (Rana arvalis) und am Gebietsrand nahe der Georgsburg der Kammmolch (Triturus cristatus). Der Strukturreichtum des Schutzgebietes bietet gute Bedingungen für zahlreiche Fledermäuse. Aktuell nachgewiesen wurden beispielsweise die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii), die Fransenfledermaus (Myotis nattereri) oder das Braune Langohr (Plecotus auritus).

Als weitere Besonderheit des Gebietes müssen die Kleinhalden des historischen Kupferschieferbergbaus genannt werden, die nahe der Georgsburg, südlich von Dobis und westlich von Friedeburg zu finden sind. Der erhöhte Schwermetallgehalt im Substrat bedingt das Vorkommen einer hochgradig spezialisierten Flora, die die Toxizität der Standorte toleriert. Mit einem großen Vorkommen des Kupferblümchens (Minuartia hercynica) ist dies besonders anschaulich an der Halde nahe der Georgsburg zu beobachten.

Zur Erhaltung der Trockenlebensräume trotz des Rückgangs der traditionellen Bewirtschaftung wurde 2006 gemeinsam durch die Hochschule Anhalt (FH), den BUND – Regionalverband Halle-Saalekreis, das Professor Hellriegel-Institut sowie das Büro Salix  ein Projekt zur Offenhaltung von Steilhängen durch Beweidung mit Ziegen initiiert. Davon profitieren mehrere Projektflächen im Gebiet.

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