Annaburger Heide (FFH0176)

Annaburger Heide © Doreen GuniaAnnaburger Heide © Doreen Gunia

Größe [ha]: 1.590
Landkreise und kreisfreie Städte:Wittenberg
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Annaburg

Gebietsbeschreibung

Teile der militärischen Übungsflächen in der „Annaburger Heide“ mit mehreren großen Offenlandbereichen werden vom gleichnamigen FFH-Gebiet erfasst. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um ökologisch äußerst wertvolle offene Sandflächen und zum Teil mit Zwergstrauchheiden oder Wald bestandene Dünenkomplexe. Das Schutzgebiet ist Teil des weitaus größeren Vogelschutzgebietes Annaburger Heide.  

Lebensraumtypen und Flora

Das Gebiet wird geologisch durch weichselkaltzeitlich angelegte Niederterrassen bestimmt, denen ausgedehnte Dünenzüge aufgesetzt sind. Die anthropogen bedingt waldfreien Standorte tragen ausgedehnte Zwergstrauchheiden, die dem FFH-LRT 4030 Trockene Europäische Heiden (ca. 350 ha) zugeordnet werden. Die Zwergstrauchheiden auf Binnendünen hingegen gehören zum FFH-LRT 2310 Dünen mit Heidekraut- und Ginsterheiden (ca. 50 ha). Im Gebiet werden diese Gesellschaften von Besenheide (Calluna vulgaris), Haar-Ginster (Genista pilosa), Rot-Straußgraß (Agrostis capillaris), Pillen-Segge (Carex pilulifera), Dreizahn (Danthonia decumbens), Schlängel-Schmiele (Deschampsia flexuosa), Gemeinem Ferkelkraut (Hypochoeris radicata), Gemeiner Hainsimse (Luzula campestris), Blutwurz (Potentilla erecta), Kleinem Ampfer (Rumex acetosella) und Kleinem Habichtskraut (Hieracium pilosella) aufgebaut. Durch die zeitweise Verringerung der militärischen Nutzung Mitte der 1990er Jahre setzten in den Heiden Sukzessionen ein, die zu partiellem Aufkommen von Gehölzen führten. Auch großflächige Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos)-Dominanzbestände bildeten sich aus. Mit den Heiden häufig eng verzahnt werden die Dünen auch durch den FFH-LRT 2330 Dünen mit offenen Grasflächen (ca. 15 ha) besiedelt. Hier bestimmen Schmalrispiges Straußgras (Agrostis vinealis), Silbergras (Corynephorus canescens), Sand-Segge (Carex arenaria) und Haar-Schafschwingel (Festuca filiformis) die Pflanzengesellschaft. Hinzu treten Kleines Filzkraut (Filago minima), Frühlings-Spergel (Spergula morisonii) und Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis). Die Dünen sind großflächig offen und weisen vegetationslose Sandflächen auf, sodass hier gegenwärtig äolische Umlagerungsprozesse stattfinden. Hydromorphe Standorte beherbergen neben Großseggenriedern auch nährstoffarme und artenreiche Feuchtwiesen bzw. deren Brachestadien, in denen als floristische Besonderheit 2010 der Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe) mit einer individuenreichen Population nachgewiesen werden konnte. Weitere typische Arten sind Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris), Hunds-Veilchen (Viola canina), Kriech-Weide (Salix repens), Pfeifengras (Molinia caerulea) sowie zahlreiche Kleinseggen-Arten. Diese Ausprägungen können zum FFH-LRT 6410 Pfeifengraswiesen (ca. 5 ha) gestellt werden. In sauren, nur schwach vermoorten Senken trittt das im Tiefland bereits sehr selten gewordene Scheidige Wollgras (Eriophorum vaginatum) auf. Die Waldflächen werden von großflächigen Kiefernforsten geprägt.

Die Bestände des FFH-LRT Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wälder (ca. 2 ha) und des FFH-LRT 9190 Alte bodensauer Eichenwälder auf Sandebenen (ca. 3 ha) nehmen hingegen nur verhältnismäßig kleine Flächen ein. Bemerkenswert ist hier das Vorkommen der Wohlriechenden Weißwurz (Polygonatum odoratum).

Fauna

Seit 2010 liegen mehrere gesicherte Nachweise über das Vorkommen des Wolfes (Canis lupus) in der Annaburger Heide vor. Vom Biber (Castor fiber) existieren in den Grabensystemen des Gebietes mehrere Ansiedlungen, die aber auf Grund der z. T. pessimalen Habitatausstattung, u. a. durch ein eingeschränktes Angebot an nutzbaren Gehölzen, nur temporär besetzt sind. Der Wechsel von Offenland- und Waldhabitaten führt dazu, dass für Fledermausarten gut nutzbare Lebensräume vorhanden sind. An mehreren Stellen konnte hier die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) nachgewiesen werden, die sehr wahrscheinlich im Gebiet reproduziert. Reproduktionsnachweise gelangen auch für Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri) und Braunes Langohr (Plecotus auritus). Außerdem kommen Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) und Fransenfledermaus (Myotis nattereri) im Gebiet vor.

Im Neugraben wurde im Jahr 2004 das Vorkommen des Schlammpeitzgers (Misgurnus fossilis) festgestellt. Die geringe Intensität der Grabenunterhaltung innerhalb des Waldgebietes fördert das Vorkommen dieser Art.
Aus dem Gebiet sind Altnachweise des Goldenen Scheckenfalters (Euphydrias aurinia) bekannt, aktuelle Bestätigungen fehlen.

Als Teil eines über die Grenzen des FFH-Gebietes reichenden EU SPA beherbergt die Annaburger Heide verschiedene wertgebende Vogelarten. Die weiten Offenflächen mit Heiden im Wechsel mit ausgedehnten Gehölzsukzessionsstadien bieten vor allem dem Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) so günstige Bedingungen, dass dieser hier einen Bestand mit landesweiter Bedeutung aufweist. Auch der Wiedehopf (Upupa epops) brütet mit einigen Paaren im Gebiet. Neuntöter (Lanius collurio), Heidelerche (Lullula arborea) und Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) kommen in großer Zahl vor. Der Raufußkauz (Aegolius funereus) besitzt im Gebiet einen Vorkommensschwerpunkt in Sachsen-Anhalt. Allerdings brütet die Art überwiegend in Kiefern-Altbeständen außerhalb des FFH-Gebietes.

Literatur: 124, 125, 264, 366, 384, 385, 391, 407, 472, 549

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

Links / Dokumente

Hauptteil (N2000-LVO LSA)

Gebietsbezogene Anlage (N2000-LVO)

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen

Auf den Flächen des Truppenübungsplatzes Altmark gilt die Vereinbarung über den Schutz von Natur und Landschaft auf militärisch genutzten Flächen des Bundes (Vereinbarungsgebiete).
Ministerialblatt LSA 2011, Nr. 38

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte des Gebietes finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

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