Glücksburger Heide (SPA0022)

Blick vom Panzerhügel auf die Heidelandschaft © Doreen GuniaBlick vom Panzerhügel auf die Heidelandschaft © Doreen Gunia

Größe [ha]:1.805
Landkreise und kreisfreie Städte:Wittenberg
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Jessen (Elster)

Gebietsbeschreibung

Das relativ kleine EU SPA Glücksburger Heide befindet sich im Osten von Sachsen-Anhalt an der Grenze zu Brandenburg nördlich der Stadt Jessen. Das EU-Vogelschutzgebiet umfasst ein jahrzehntelang intensiv militärisch genutztes Gelände, das ab 1936 der deutschen Luftwaffe zunächst als Bombenabwurfplatz diente. Es folgte die Nutzung eines Feldflugplatzes im Südwestteil und einer Startbahn im Norden im Bereich des späteren Hubschrauberlandeplatzes im 2. Weltkrieg. Mit der Übernahme des Geländes durch die Sowjetische Armee kam es nach 1945 mit Schießplatz und Flugbahn zu einer mehrfachen räumlichen Ausdehnung des militärisch genutzten Gebietes sowie zur großflächigen Sperrung für die Öffentlichkeit (SIMON et al. 2008). Ab Mitte der 1960er Jahre wurde das Gebiet zum Artillerieschießplatz mit Panzerbetrieb. Der intensive Übungsbetrieb ging einher mit dem Verlust der ursprünglich vorhandenen Eichen- und Buchenwälder und verhinderte in großen Teilen eine Wiederbewaldung des Gebietes. Panzerfahrtrassen und Schießbahnen sind teils noch heute sichtbar. Mit dem Abzug der Streitkräfte im Jahr 1992 endete die militärische Nutzung. Oberirdische Anlagen wurden weitestgehend zurückgebaut. Eine abschließende Munitionsberäumung erfolgte in den 1990er Jahren nur auf Teilflächen. Auf Grund noch vorhandener Restmunition ist auch heute eine forstliche oder touristische Nutzung weitgehend verboten (SIMON et al. 2008). Das 1.805 ha große EU SPA ist damit größtenteils von äußeren Einflüssen verschont und bietet Rückzugsmöglichkeiten für viele Tier- und Pflanzenarten.

Das EU SPA wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet gemeldet und mit der Meldetranche 2003 im Flächenzuschnitt geringfügig verändert. Das EU SPA ist flächengleich auch als FFH-Gebiet gemeldet. Der größte Teil des Gebietes wurde bereits seit 2002 als NSG "Mittlere Glücksburger Heide" landesrechtlich geschützt, im Jahr 2011 als NSG "Glücksburger Heide" neu verordnet.

Naturräumlich gehört die Glücksburger Heide zum südlichen Fläming-Hügelland sowie zur gleichnamigen Landschaftseinheit. Das Gelände steigt nach Süden von 80 auf 90 m über NN an. Die tiefstgelegenen Bereiche der Marcolinischen Wiesen im Westen erreichen nur 77,5 m über NN. Das Relief ist somit weitgehend eben, wobei kleine, meist anthropogen entstandene Hohlformen von max. 3 m Tiefe nicht selten sind (SIMON et al. 2008). Das Gebiet ist durch glazial und periglazial entstandene Böden gekennzeichnet. Lockere Sandböden und ein relativ geringer Jahresniederschlag von 533 mm sind für die potenzielle natürliche Vegetation der Kiefern-Eichenwälder verantwortlich.

Aktuell finden sich teils Pionierwälder aus Birken und Kiefern bzw. Kiefernforste, in denen auf sauren Böden im Unterwuchs die Heidelbeere zu finden ist. Die Landschaft wird jedoch großflächig vor allem durch Zwergstrauchheiden und Sandtrockenrasen geprägt. Die dominierende Art der Heiden ist die Besenheide, die von Haarginster, Besenginster und Kriechweide durchsetzt ist. Wertvolle Silbergras- und Moosbestände bieten Lebensraum für seltene Laufkäfer, Heuschrecken, Vögel und andere Tiergruppen. Offenland- und Trockenbiotope werden jedoch mit fortschreitender Sukzession zunehmend zurückgedrängt und es entwickeln sich birken- und zitterpappeldominierte Vorwälder. Die „Marcolinischen Wiesen“ im Westen des EU SPA sind grundwasserbeeinflusst und weisen noch seggen-, binsen- und hochstaudenreiche Bereiche auf. Durch Melioration in den angrenzenden Ackerflächen wurden artenreiche Feuchtbiotope allerdings stark zurückgedrängt, so dass sich weitläufige Landreitgras-Fluren ausbreiten konnten.

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Als ehemaliger Truppenübungsplatz ist die Glücksburger Heide auch heute noch weitgehend für touristische und forstliche Nutzung gesperrt, so dass hier viele Vogelarten ein Rückzugsgebiet finden. Bereits 127 Vogelarten wurden hier nachgewiesen, von denen 98 Arten im Gebiet brüten (SIMON et al. 2008). Trotz seiner gegenüber anderen Heidegebieten Sachsen-Anhalts deutlich geringeren Flächengröße ist das Gebiet für zwei typische Brutvogelarten der Heiden, Ziegenmelker und Heidelerche, eines der landesweit wichtigsten Brutgebiete. Landesweit bedeutende Rastvogelbestände sind für das Gebiet nicht bekannt.

Brutvögel

Eine Charakterart der Glücksburger Heide ist der Ziegenmelker, der nahezu im gesamten Gebiet mit hoher Dichte vorkommt. SCHULZE & MEYER (2004) wiesen 117 Reviere im EU SPA sowie weitere 31 Reviere in den westlich vorgelagerten lichten Kiefernforsten und Birkenwäldern nach. Zu Projektabschluss wurde der Bestand von RANA (2005 in SIMON et al. 2008) auf 100 bis 200 BP geschätzt. Managementplan (ÖKO & Plan 2007) und SIMON et al. (2008) gehen jedoch von einem Maximalbestand von 100 bis 125 Revieren für das SPA aus, der die Kapazität der derzeit (noch) optimalen Habitatstrukturen im Gebiet ausschöpft. Davon ausgehend beherbergt die Glücksburger Heide das zweitgrößte Ziegenmelkervorkommen Sachsen-Anhalts und ist damit eines der Top-5-Gebiete für diese Art. Der Bestand kann als mehr oder weniger stabil angesehen werden.

Heidelerche und Neuntöter kommen ebenfalls in hoher Dichte und fast im gesamten Gebiet vor (SIMON et al. 2008). Für die Heidelerche ist das Gebiet eines der fünf wichtigsten Gebiete Sachsen-Anhalts. Als weitere typische Bewohner von Sandheiden, Kiefernwäldern und Sukzessionsflächen brüten im Gebiet Wendehals, Raubwürger, Sperbergrasmücke, Brachpieper und Schwarzkehlchen (SCHULZE & MEYER 2004, SIMON et al. 2008). Der Brachpieper kam Mitte der 1990er Jahre noch mit 12-15 BP vor (SIMON & SIMON 1996 in SCHULZE & MEYER 2004). Parallel zum Rückgang offener Sandflächen im Gebiet nahm der Bestand schnell ab, so dass SIMON et al. (2008) den Brachpieper nur noch als unregelmäßigen Brutvogel bezeichnen, dessen letzte zwei Reviere sich bereits auf einem suboptimalem Standort mit hohen Verbuschungsgrad und aufkommenden Kiefern befinden.

Neben dem recht verbreiteten Wendehals ist in der Glücksburger Heide der Schwarzspecht mit 2 bis 3 BP ansässig. Er besiedelt die Kiefernbestände im Bereich der Randlagen (SIMON et al. 2008). Für andere Spechtarten sowie für Greifvögel bietet die Glücksburger Heide auf Grund des geringen Waldanteils dagegen keine optimalen Bedingungen. Mit 1 bis 2 Paaren kommt der Baumfalke vor (SIMON et al. 2008). Brutzeitbeobachtungen liegen auch von Wespenbussard, Rohrweihe und Rotmilan vor. Für diese Arten fehlt jedoch ein aktueller Brutnachweis, so dass der Bestand für diese Arten mit 0 bis 1 BP angegeben wird (SCHULZE & MEYER 2004, SIMON et al. 2008). Die Landeserfassung des Raufußkauzes erbrachte einige Nachweise für die Glücksburger Heide (PSCHORN 2011a), jedoch nicht innerhalb des EU SPA. Auch sind in der Glücksburger Heide einzelne Brutvorkommen von Wiedehopf, Steinschmätzer und Ortolan bekannt (SIMON et al. 2008).

Literatur

verändert nach:

MAMMEN, K. & U.; DORNBUSCH, G.; FISCHER, S. (2013): Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 10/2013.

Links / Dokumente

Das Natura 2000-Gebiet ist durch das Naturschutzgebiet "Glücksburger Heide" rechtlich gesichert.

NSG-Verordnung "Glücksburger Heide"

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte sowie den Managementplan des Gebietes finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

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