Landgraben-Dumme-Niederung nördlich Salzwedel (FFH0001)

Landgraben-Dumme-Niederung © Nora Wuttke (ÖKOTOP - Büro für angewandte Landschaftsökologie)Landgraben-Dumme-Niederung © Nora Wuttke (ÖKOTOP - Büro für angewandte Landschaftsökologie)

Größe [ha]: 2.903
Landkreise und kreisfreie Städte: Altmarkkreis Salzwedel
Verwaltungseinheiten:Einheitsgemeinde Stadt Arendsee (Altmark); Einheitsgemeinde Hansestadt Salzwedel; Verbandsgemeinde Beetzendorf-Diesdorf

Gebietsbeschreibung

Die Landgraben-Dumme Niederung einschließlich des Cheiner Torfmoores erstreckt sich in der Landschaft der „Westlichen Altmarkplatten“ nordwestlich bis nordöstlich von Salzwedel unmittelbar entlang der Landesgrenze zu Niedersachsen. Auf Grund seiner Lage an der ehemaligen innerdeutschen Staatsgrenze wurde das Gebiet über Jahrzehnte nur extensiv genutzt, so dass sich hier artenreiche Grünländer im Mosaik mit Röhrichten, Großseggenriedern, Grauweidengebüschen, Erlenbruchwäldern und naturnahen Fließgewässern erhalten haben. Das Gebiet ist Teil des Grünen Bandes.

Lebensraumtypen und Flora

Als flächige Wälder kommen Bestände des FFH-LRT 91E0* Erlen-Eschenwälder (6 ha) vor. In ihnen siedeln neben Waldarten frischer Standorte auch Feuchtigkeit liebende Arten wie Schlank- und Ufer-Segge (Carex acuta, C. riparia), Großer Wasserschwaden (Glyceria maxima), Wasser-Minze (Mentha aquatica) oder Wolfstrapp (Lycopus europaeus).
Weiterhin treten nicht zu den FFH-Lebensraumtypen zählende Grauweidengebüsche und Erlenbruchwälder auf. Im Stadtforst Salzwedel ist großflächig auf über 100 ha ein gut wasserversorgter Wasserfeder-Erlen-Bruch ausgebildet.

In den großflächigen Grünländern des Gebietes wachsen auf weniger vernässten Standorten Bestände des FFH-LRT 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (200 ha). Dabei handelt es sich um Labkraut-Fuchsschwanz-Wiesen, in denen neben dem Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus pratensis) auch Rasen-Schmiele (Deschapsia cespitosa), Rot-Schwingel (Festuca rubra) und Wolliges Honiggras (Holcus lanatus) auftreten. Auf nährstoffärmere Standorte weisen die Vorkommen von Zittergras (Briza media), Gemeiner Hainsimse (Luzula campestris), Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) und Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) hin. Weitere bemerkenswerte Arten sind Wiesen-Pippau (Crepis biennis), Weißes Labkraut (Galium album), Scharfer Hahnenfuß (Ranuculus acris), Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis), Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi), Echtes Labkraut (Galium verum), Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis), Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare) und Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea). Standörtlich treten bereits Feuchtwiesen mit Arten wie Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris), Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis), Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) und Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) auf.
Große Flächen z. B. im Cheiner Torfmoor werden von der Waldengelwurz-Kohldistel-Wiese eingenommen, in die fragmentarische Salzwiesen (FFH-LRT 1340*, 2,7 ha) eingebettet sind. In dieser Feuchtwiese, findet man neben den o. g. Arten außerdem Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Begrannten Klappertopf (Rhinanthus angustifoilia), Natternzunge (Ophioglossum vulgatum), Sumpf-Dreizack (Triglochin palustre), Erdbeerklee (Trifolium fragiferum), Milchkraut (Glaux maritima), Teufelsabbiss (Succisa pratensins), Kleinen Baldrian (Valeriana dioica) und Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium).
In minimaler Ausprägung trifft man im Cheiner Torfmoos auch Vorkommen des FFH-LRT 6430 Feuchte Hochstaudenfluren (0,1 ha) mit Wasserdost (Eupatorium cannabinum) und Gelber Wiesenraute (Thalictrum flavum) an.

Die Fließgewässer werden vom FFH-LRT 3260 Flüsse mit Wasservegetation (6 ha) mit Vorkommen von Berle (Berula erecta), submersen und flutenden Beständen der Gelben Teichrose (Nuphar lutea) sowie Schwimmendem und Kamm-Laichkraut (Potamogeton natans, P. pectinatus), Sumpf-Wasserstern (Callitriche palustris agg.), Einfachem Igelkolben (Sparganium emersum), Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia), Blauem Wasser-Ehrenpreis und Bachbunge (Veronica anagallis-aquatica, V. beccabunga) sowie Brunnenkresse (Nasturtium officinale agg.) besiedelt.
Selten treten Stillgewässer auf, in denen die Wasserhahnenfuß-Gesellschaft als Einheit des FFH-LRT 3150 Eutrophe Seen (0,2 ha) vorkommt. Neben dem Wasser-Hahnenfuß (Ranunculus aquatilis) wurde auch Froschbiss (Hydrocharis morsus-ranae) nachgewiesen.

Fauna

Für den Fischotter (Lutra lutra) stellen die zahlreichen Gewässer des Gebietes einen wichtigen Lebensraum dar. Der Struktur- und Gewässerreichtum bietet sehr gute Voraussetzungen für eine artenreiche Fledermausfauna. Neben der Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus), die die Niederung als Jagdgebiet nutzt, kommen weitere Arten vor, die hier auch reproduzieren. In Fledermauskästen wurden große Wochenstubengesellschaften von Rauhaut- (Pipistrellus nathusii) und Brandtfledermaus (Myotis brandtii) sowie Großem Abendsegler (Nyctalus noctula) und Braunem Langohr (Plecotus auritus) nachgewiesen. Daneben werden aber auch Wasser- (Myotis daubentonii) und Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) regelmäßig beobachtet. Bartfledermaus (Myotis mystacinus), Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri) und Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) gehören zu den selteneren Arten im Gebiet.

Vereinzelt ist die Zauneidechse (Lacerta agilis) in trockenen Bereichen anzutreffen.

In den Bruch- und Sumpfwäldern lebt weit verbreitet der Moorfrosch (Rana arvalis). Vom Kammmolch (Triturus cristatus) wurde eine kleine Population und vom Laubfrosch (Hyla arborea) wurden zahlreiche Rufergruppen nachgewiesen. Für den Kleinen Wasserfrosch (Rana lessonae) gelang 2010 der Neunachweis. Auch die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) kommt im Gebiet vor.

Der naturnahe Lauf der Dumme ist Lebensraum von Fischen, so u. a. von einer Population des Bachneunauges (Lampetra planeri). Auch der Bitterling (Rhodeus amarus) kommt ebenso wie der Steinbeißer (Cobitis taenia) in der Wustrower Dumme vor (Fangstatistik LHW). Aus dem Stadtforst Salzwedel sind Nachweise des Schlammpeitzgers bekannt (O. Wüstemann, schriftl. Mitt.).

Von der Zierlichen Moosjungfer (Leucorrhinia caudalis) wurden durch R. Moritz und J. Kipping im Jahre 2010 an einem Weiher des Cheiner Moores bis zu sechs Männchen und ein Weibchen nachgewiesen. Dabei handelt es sich um den bis dahin dritten bekannten Nachweisort der seltenen Art in Sachsen-Anhalt (Mitt. J. Huth). 2012 gelang eine Fundbestätigung an den unmittelbar angrenzenden Brietzer Teichen. Die Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) besiedelt einige der neu geschaffenen Kleingewässer im Gebiet. Der besondere naturschutzfachliche Wert der Wustrower Dumme drückt sich auch in einer artenreichen Fauna von Wasserinsekten aus. Von den Eintagsfliegen wurden bislang insgesamt 21, von den Köcherfliegen 46, von den Wasserwanzen 17 sowie von den Wasser bewohnende Käfern 45 Arten festgestellt. An wertgebenden Libellenarten konnte hier die Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia) nachgewiesen werden. Im Ostteil des Gebietes werden längere Abschnitte der Entwässerungsgräben und des ehemaligen Kfz-Sperrgrabens von der Vogelazurjungfer (Coenagrion ornatum) besiedelt.
Im Cheiner Torfmoor tritt auch die Schmale Windelschnecke (Vertigo angustior) auf. Außerdem kommt am Harper Mühlenbach zwischen Klein Grabenstedt und Bergen die Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana) vor.
Eine besondere Bedeutung weist das Gebiet auch für die Tagfalterfauna auf: die Feuchtwälder werden von bestandsgefährdeten Arten wie Gold-Dickkopf (Carterocephalus silvicolus), Kleinem Eisvogel (Limenitis camilla), Kleinem Schillerfalter (Apatura ilia) und Großem Schillerfalter (Apatura iris) besiedelt. In den Feuchtwiesen des Cheiner Torfmoores konnten mit Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina), Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia), Torfwiesen-Scheckenfalter (Melitaea athalia/neglecta) und Mädesüß-Perlmuttfalter (Brenthis ino) weitere, teilweise in Sachsen-Anahlt vom Aussterben bedrohte Arten, nachgewiesen werden.

Das FFH-Gebiet beherbergt eine vielfältige Brutvogelfauna. Der überwiegende Teil ist daher als EU SPA ausgewiesen. Gemessen an den Landesbeständen hat das Gebiet eine herausragende Bedeutung für Schwarzstorch (Ciconia nigra) und Kranich (Grus grus), des Weiteren für Eisvogel (Alcedo atthis) und Mittelspecht (Dendrocopos medius) sowie den in Sachsen-Anhalt unstet und selten vorkommenden Waldwasserläufer (Tringa ochropus). Aus der artenreichen Vogelwelt sind außerdem Krickente (Anas crecca), Wespenbussard (Pernis apivorus), Wiesenweihe (Circus pygargus), Waldschnepfe (Scolopax rusticola), Bekassine (Gallinago gallinago), Schwarzspecht (Dryocopus martius), Schlagschwirl (Locustella fluviatilis) und Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) hervorzuheben.

Literatur: 31, 40,57, 63, 70, 77, 99, 118, 122, 128, 164, 165, 166, 168, 279, 361, 383, 486, 511

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

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