Kalkflachmoor im Helsunger Bruch (FFH0087)

Helsunger Bruch © Dr. Matthias Jentzsch (LAU)Helsunger Bruch © Dr. Matthias Jentzsch (LAU)

Größe [ha]: 20
Landkreise und kreisfreie Städte: Harz
Verwaltungseinheiten:Einheitsgemeinde Stadt Blankenburg (Harz); Einheitsgemeinde Stadt Thale

Gebietsbeschreibung

Das FFH-Gebiet liegt etwa 1 km nördlich von Timmenrode im „Nördlichen Harzvorland“ an der tiefsten Stelle des Helsunger Bruches am Rand der Aufrichtungszone des Nordharzes. Die Ausbildung des Kalkflachmoores entstand durch Versinkungen des Kleinen Jordan im Muschelkalk östlich von Cattenstedt, der nördlich der Teufelsmauer wieder zutage tritt (mdl. Mitt. Dr. D. Mucke, Ingenieurbüro Geomontan Freiberg). Im Bereich des FFH-Gebietes befindet sich das NSG Hammelwiese (Interaktive Karte der NSG).

Lebensraumtypen und Flora

Das Kalkflachmoor wird überwiegend durch den FFH-LRT 7230 Kalkreiche Niedermoore (8 ha) repräsentiert. Es besteht aus hoch wachsender Seggen- und Binsen-Vegetation, in die auch Landröhrichte einwachsen. Ursprünglich war dieser Lebensraum von den Gesellschaften der Stumpfblütigen Binse und der Engelwurz-Kohldistel-Feuchtwiese, die bereits zu Wiesengesellschaften überleitet, sowie das Schilf-Röhricht und die Glatthafer-Wiese bestanden. Wertgebend war vor allem die Gesellschaft der Stumpfblütigen Binse (Juncus subnudulosus). Während die Vegetation zu Zeiten eines optimalen Wasserstandes (vor 1960) kaum eine Höhe von 30 cm erreichte, wächst sie heute nicht selten über 1,50 m auf. Ihre Pflanzenbestände haben aber eine lockere Struktur, so dass einige Orchideen-Arten noch Existenzmöglichkeiten finden, so z. B. Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), Sumpf-Sitter (Epipactis palustris) und Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii). Letzteres als Art nach Anhang II der FFH-Richtlinie weist im Gebiet nach einem nahezu vollständigen Rückgang bis auf eine einzige noch gefundene Pflanze in den Jahren 1995 bis 1997 durch die Mahd des Niedermoores eine Populationsentwicklung auf 245 Pflanzen im Jahre 2010 auf. Weitere typische Arten des LRT sind Sumpf-Läusekraut (Pedicularis palustris), Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris), Teufelsabbiss (Succisa pratensis), Gemeiner Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris), Gemeines Fettkraut (Pinguicula vulgaris), Pfeifengras (Molinia caerulea) und Firnisglänzendes Sichelmoos (Drepanocladus vernicosus).

Bestände des FFH-LRT 7210* Kalkreiche Sümpfe mit Schneidried (0,1 ha) sind lediglich noch an einer kleinen Stelle vorhanden, können sich aber seit Jahren dort halten, da sie vom FFH-LRT Kalkreiches Niedermoor umgeben sind. Neben der Binsen-Schneide (Cladium mariscus) als Leitart, kommen die Moose Campylium calcareum, Crotoneuron filicinum, Didymodon tophaceus und Palustriella commutata vor. Das Kalkflachmoor wurde Ende der 1960er Jahre melioriert. Seither herrscht Wassermangel im Moorgebiet verbunden mit erheblichen Nährstofffreisetzungen, die den Moorkörper schrumpfen lassen. Auch die Grabeneinstaue an den Grenzen des kleinen FFH-Gebietes änderten nichts an den schlechten standörtlichen Bedingungen. Der neue Stau, 2010 als Ersatzmaßnahme für den Torfabbau der Teufelsbadklinik errichtet, wurde auf der Grundlage eines hydrogeologischen Gutachtens installiert und scheint bisher deutliche Verbesserungen des Wasserhaushalts zu bewirken. Erst bei flächigem Einstau kann die ursprüngliche extensive Mahd wieder wirkungsvoll zur Revitalisierung des Kalkflachmoors umgesetzt werden. Als Art gem. Anhang II der FFH-Richtlinie konnte das Moos Drepanocladus vernicosus nachgewiesen werden (schrftl. Mitt. B. Otto vom 9. April 2013).

Hochstaudenfluren des FFH-LRT 6430 Feuchte Hochstaudenfluren (8 ha) breiten sich vor allem am Zapfenbach und entlang der Hauptgräben aus. Sie werden sowohl von der Gesellschaft des Großen Mädesüß als auch von nitrophilen Flussufersaumgesellschaften vertreten. Durch die seit Jahren anhaltende Torfzersetzung mit Freisetzung von Stickstoff ist die Wüchsigkeit dieser Gesellschaften erheblich. Zusätzlich wird über den Zapfenbach nährstoffreiches Wasser in das Gebiet gebracht. Typische Arten dieser Bestände sind Giersch (Aegopodium podagraria), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Gewöhnliche Zaunwinde (Calystegia sepium), Sumpf-Segge (Carex acutiformis), Wasserdost (Eupatorium cannabinum), Großes Mädesüß (Filipendula ulmaria) und Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara).

Fauna

Bei Erfassungen der Lurche konnte im Gebiet die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze nachgewiesen werden.

Aktuelle Nachweise von Insekten gibt es für die Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) und den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous). Das im Jahre 2001 festgestellte Vorkommen der Helm-Azurjungfer beschränkt sich auf einen ca. 360 m nördlich des FFH-Gebietes gelegenen Meliorationsgraben. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt im Bereich des NSG „Hammelwiese“ vor, wo sich kleine Bestände der Wirtspflanze Sanguisorba officinalis sowie Ameisennester befinden. Trotz Altnachweisen des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) ist die Art aktuell nicht mehr im Gebiet vertreten. Bemerkenswert sind ferner die Vorkommen von Sumpfschrecke (Mecosiethus grossus) sowie Langflügliger und Kurzflügliger Schwertschrecke (Conocephalidae). Unter den sonstigen, wertgebenden Libellenarten seien Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio), Kleiner Blaupfeil (Orthetrum coerulescens) und Nordische Moosjungfer (Leucorrhinia rubicunda) hervorgehoben.
Als Vertreter der Weichtiere sind aus dem Gebiet unter anderem die Sumpf-Windelschnecke (Vertigo antivertigo), die Schlanke Bernsteinschnecke (Succinea elegans) und die Zweizähnige Laubschnecke (Perforatella bidentata) bekannt. Aktuelle Erfassungen führten auch zur genauen Verortung der Habitate der Schmalen Windelschnecke (Vertigo angustior).

Von den Vögeln sind die Brutvorkommen von Rohrweihe (Circus aeruginosus), Wachtelkönig (Crex crex), Neuntöter (Lanius collurio) und Braunkehlchen (Saxicola rubetra) bedeutsam. Unweit der Gebietsgrenze brütet auch das Blaukehlchens.

Literatur: 10, 80, 207, 212, 264, 408, 459, 521

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

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