Kleine Flussmuschel  (Unio crassus)

Kleine Flussmuschel © RANA - Büro für Ökologie ud NaturschutzKleine Flussmuschel © RANA - Büro für Ökologie ud Naturschutz

Beschreibung

Als kleinste Unioide (Najade) in Deutschland erreicht die Kleine Flussmuschel, auch Bachmuschel genannt, eine Länge von 50 – 60 mm (maximal 110 mm), eine Höhe von 30 – 35 mm und eine Dicke von 25 – 35 mm. Die Schale ist elliptisch bis kurz eiförmig, meist nicht doppelt so lang wie hoch und am Vorderende kurz gerundet, wobei der Unterrand in der Mitte meist gerade, zuweilen konkav, seltener konvex ist. Der Hinterrand fällt gestreckt bogig ab und bildet sich breit zungenförmig aus. Meist dunkel-braunschwarz gefärbt, ist die relativ dickwandige Schale im wenig hervortretenden Wirbelbereich vielfach korrodiert. Der Wirbel selbst trägt dicke Runzelfalten. Die rechte Schlosshälfte besitzt einen kräftigen, stumpfen Hauptzahn. Die beiden linken Hauptzähne stehen schräg hintereinander.

Biologie und Ökologie

Die Kleine Flussmuschel ist eine Fließgewässerart, die stehende Gewässer nur besiedelt, wenn diese genügend bewegt sind. Sie dringt in kleinen Bächen bis in den Oberlauf vor und beansprucht klares, sauerstoffreiches Wasser über kiesig-sandigem Grund mit wenig Schlammanteil. Jungmuscheln sind besonders empfindlich gegenüber Wasserverschmutzung und setzen ein Lückensystem im Untergrund voraus, das ständig gut mit Sauerstoff versorgt wird. Gegenüber dem Salzgehalt liegt die Toleranzgrenze bei 0,5 %. Die Fortpflanzung der eingeschlechtlichen Art ist von einem niedrigen Nitratgehalt abhängig. Die Befruchtung der Eier erfolgt über das Wasser. Deshalb ist eine ausreichende lndividuendichte für die Fortpflanzung Bedingung. Die Entwicklung der Eier erfolgt im April bis Mai im Bereich der Außenkiemen von Wirtsfischen. Die Larven (Glochidien) sind 0,2 mm groß. Sie besitzen Haftfäden mit Häkchen, mit denen sie sich nach der Ausstoßung aus dem Muttertier in den Kiemen der Wirtsfische festsetzen. Als Wirtsfische sind Döbel, Elritze, Rotfeder, Kaulbarsch und Groppe bekannt. Nach 4 – 5 Wochen lösen sich die Jungmuscheln und leben in den ersten Jahren im Gewässergrund verborgen. Die Tiere erreichen ein Alter von 20 bis 50 Jahren (Angaben zusammengefasst nach EHRMANN 1933, FECHTNER & FALKNER 1990, GLOER & MEIER-BROOK 1998).

Verbreitung

Die Art ist sehr variabel und in drei Rassen mit Ausnahme der Britischen Inseln, der Iberischen Halbinsel und Italien über ganz Europa verbreitet. In Deutschland war sie ursprünglich die häufigste Großmuschel überhaupt. Heute ist die Kleine Flussmuschel im gesamten Verbreitungsgebiet in starkem Rückgang begriffen und vom Aussterben bedroht. GLOER und MEIER-BROOK (1998) melden für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern noch relativ große Bestände.

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Die Literaturangaben (GOLDFUSS 1900, HONIGMANN 1906, WOBICK 1906, REGIUS 1930, 1964, 1966, 1969) sowie die subrezenten Schalenfunde aus dem Bereich von Sachsen-Anhalt lassen auf eine ehemalige weite Verbreitung im Land schließen. Allerdings ist die ehemalige Verbreitung aufgrund lückenhafter Fundortangaben und geringer Durchforschung kaum mehr zu rekonstruieren.

Bereits seit längerem ist ein aktuelles Vorkommen im Süden des Landes im Helmesystem bekannt, wo sich die Population auf die Kleine Helme und den Mühlengraben bei Martinsrieth konzentriert. Darüber hinaus gibt es neuere Nachweise aus der Altmark: Hier wurden Populationen im System der Dumme (v.a. Molmker Bach und Beeke) sowie in der Jeetze nachgewiesen. Darüber hinausgehende bisher unbekannte Vorkommen in Sachsen-Anhalt gelten als wahrscheinlich. (LAU 2016)

Gefährdung und Schutz

Ursachen des starken Rückganges der Kleinen Flussmuschel sind vielfältige Eingriffe in die Gewässerstruktur durch Begradigung und Vertiefung sowie die Verschlechterung der Wasserqualität durch Eintrag von Abwässern und Pestiziden und daraus resultierende Veränderungen der Fischfauna. Maßnahmen zum Schutz betreffen somit die Renaturierung der Fließgewässer und das strikte Vermeiden von Abwasserzuflüssen. Der Eintrag von Düngemitteln und Pestiziden ist konsequent zu unterbinden. Die Wirtsfischpopulationen müssen gesichert werden.

 

Rote Liste Deutschland:                    1 – Vom Aussterben bedroht (Stand 2004)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               1 – Vom Aussterben bedroht (Stand 2004)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2001): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 152 S.

LAU - LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (2016): Tierartenmonitoring Sachsen-Anhalt - Bachmuschel. Online verfügbar unter http://www.tierartenmonitoring-sachsen-anhalt.de/index.php Zugriff am 11.10.2016.

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