Schlingnatter (Coronella austriaca)

Schlingnatter © Lutz DöringSchlingnatter © Lutz Döring

Beschreibung

Die Schling- oder Glattnatter ist neben Kreuzotter und Ringelnatter die dritte in Sachsen-Anhalt heimische Schlangenart. Die Grundfarbe kann variieren und grau, gelblich, rötlich oder bräunlich sein. Kennzeichnend ist ein dunkelbrauner Streifen, der vor oder hinter dem Auge beginnt und sich bis zum Hals fortsetzt. Die Gesamtlänge von ca. 75 cm wird nur selten überschritten.

Biologie und Ökologie

Als wärmeliebende Schlangenart ist die Schlingnatter überall dort zu erwarten, wo die Habitatstrukturen eine ausreichende Wärmeversorgung gestatten. Die Fundorte liegen oftmals in den Übergangsbereichen zwischen offener und bewaldeter Landschaft mit einer Verzahnung von niedriger Vegetation einerseits und nacktem, unbewachsenem, steinigem oder sandigem Boden andererseits. Die Schlingnatter präferiert offene Stellen, Wegschneisen und Schonungen in Laub-, Nadel- und Mischwäldern, Hecken an Wegböschungen und Steinrücken sowie Randstandorte wie Gräben, Dämme, Deiche, Wälle, Hänge, Steinbrüche und Grubenhabitate. Fundorthäufungen finden sich auf Weinbergen, Weinbergsbrachen sowie auf mit Gebüsch und Hecken durchsetzten Trocken- und Halbtrockenrasen, wo leicht erwärmbare Böden, zahlreiche Versteckmöglichkeiten im anstehenden oder zu Terrassen aufgeschichteten Gestein und hohe Wärmeeinstrahlung entscheidende Faktoren für die Etablierung individuenreicher Bestände bilden. Einen wichtigen Habitattyp bilden darüber hinaus die Zwergstrauchheiden auf Truppenübungsplätzen wie der Colbitz-Letzlinger, Glücksburger und Oranienbaumer Heide. Ausschlaggebend für das Vorkommen der Schlingnatter ist neben den oben genannten Habitatstrukturen auch eine ausreichende Beuteverfügbarkeit, wobei vor allem Eidechsen (Zauneidechse, seltener Waldeidechse und Blindschleiche) und Kleinsäuger bedeutsam sind. Der Trivialname Schlingnatter deutet auf die entsprechende Art des Beuteerwerbs bzw. -tötens hin.

Verbreitung

Das sehr große und weite Teile des gemäßigten Eurasiens überstreichende Areal reicht vom Norden der Iberischen Halbinsel über Süd-England und Süd-Skandinavien, den mediterranen Raum bis in das nördliche Kleinasien. In Deutschland ist die Art zwar in fast allen Bundesländern vertreten, weist aber einen deutlichen Verbreitungsschwerpunkt in den klimatisch begünstigten Mittelgebirgsräumen des Südens und Südwestens auf. So ist sie in Hessen, dem westfälischen Bergland, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Baden-Württemberg und Nordbayern weit verbreitet. Nach Norden zu splittert sich das Areal immer mehr in disjunkte Vorkommen auf (GÜNTHER & VÖLKL 1996).

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Rückgänge der Schlingnatter sind in Sachsen-Anhalt wahrscheinlich. Das betrifft Lebensräume wie Individuenzahlen gleichermaßen. Aufgrund methodischer Schwierigkeiten bei der Grunddatenerfassung und fehlender wissenschaftlicher Untersuchungen liegen aus den meisten Verbreitungsgebieten allerdings nur Einzelnachweise vor. In Sachsen-Anhalt stellen der Harz, das Helme-Unstrut Buntsandsteinplateau, die Ilm-Saale Muschelkalkplatten, das Muldetal und der Fläming Nachweisschwerpunkte dar (Unruh 2004). In Sachsen-Anhalt verteilen sich die Vorkommen auf Höhen bis 500 m ü. NN mit einem Schwerpunkt bei 51 bis 100 m ü. NN. Im Harz wird von einer oberen Verbreitungsgrenze von 507 m ü. NN ausgegangen, die bei Königshütte liegt. Die sehr heimlich und versteckt lebende Schlingnatter kommt in Sachsen-Anhalt mit mehreren regionalen Verbreitungsschwerpunkten vor. Derzeit liegen für 29 FFH-Gebiete aktuelle Präsenznachweise vor. Damit erreicht die Schlingnatter trotz ihrer kleinräumigen Verbreitung eine vergleichsweise hohe Repräsentanz innerhalb der Schutzgebietskulisse.

Gefährdung und Schutz

Entsprechend ihrer landesweit sehr unterschiedlichen Lebensräume ergeben sich lokal unterschiedliche Gefährdungsfaktoren für die Art. Zu den Gefährdungsursachen zählen:

  • Nutzungsintensivierung der Kulturlandschaft, aber auch Nutzungsaufgabe und anschließende Sukzession wertvoller Offenlebensräume, wie z.B. Abbaugebiete,
  • Beseitigung von Säumen, Rainen, Hecken,
  • Straßenbau, Gleisarbeiten der Bahn sowie zunehmende Sukzession (vorwiegend Beschattung) von Abgrabungen, Heiden, Mager- und Trockenrasen sowie Aufgabe militärischer und anderer Nutzungsflächen,
  • flächenhafte Aufforstung von Waldlichtungen auf nährstoffarmen Standorten (betr. auch den Harz), u.U. mit vorheriger Bearbeitung und Einebnung der Flächen mit schwerem Gerät, Verlust von Kleinstrukturen und die Aufforstung bis unmittelbar an die Wegränder (Beschattung, Verlust von linearen Habitaten und Wanderkorridoren),
  • Zerschneidung von Lebensräumen und Isolation von Populationen durch Neubau, Instandhaltung und Betrieb von Verkehrstrassen sowie unsachgemäße Beseitigung von randlicher Vegetation.

Naturschutzrechtliche Sicherung bedeutender Schlingnatter-Vorkommen, fördert i.d.R. gleichzeitig das Vorkommen weiterer gefährdeter Reptilienarten. Folgende Hilfsmaßnahmen sollten dabei berücksichtigt werden:

  • regelmäßige Biotoppflege an Bahn- oder Kanaldämmen z.B. Heckenschnitt, in Abbaugebieten, auf Heiden und Magerrasen, in Moorrandbereichen oder in Übergangszonen von Offenland zu Wald,
  • Schaffung oder Erhaltung vielseitig strukturierter, ausreichend breiter, ungenutzter äußerer und innerer naturnaher Waldsäume mit halboffenem Charakter in sonnenbegünstigter Lage sowie unbeschatteter Randstreifen zu beiden Seiten der Waldwege,
  • Liegenlassen von Kleinstrukturen als Versteckmöglichkeiten wie z.B. Baumstubben, Totholz- oder Steinhaufen, Verbindung geeigneter Lebensräume im Offenland und zwischen Offenland und Wald durch linienförmige Landschaftsstrukturen,
  • bei der Mahd in Schlingnatterhabitaten auf Mager-/Halbtrockenrasen während der Aktivitätsphase möglichst mit Balkenmähern und einer Schnitthöhe von mind. 15 cm zu arbeiten; bei Mahd oder Beweidung sollten Säume und Böschungen als Restflächen stehengelassen bzw. ausgegrenzt werden.



Rote Liste Deutschland:                    3 – Gefährdet (Stand 2009)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               G – Gefährdung anzunehmen, aber Status unbekannt (Stand 2004)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.

Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Heft 04/2015): Die Lurche und Kriechtiere des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Arten der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen. Halle (Saale). 640 S.

zum Anfang der Seite