Wechselkröte (Bufo viridis)

Wechselkröte © Lutz DöringWechselkröte © Lutz Döring

Beschreibung

Unter den drei Echten Kröten (Bufonidae) nimmt die Wechselkröte hinsichtlich der Körperlänge eine Mittelstellung ein. Die Maximalwerte der Kopf-Rumpf-Länge liegen bei den Weibchen bei 10, bei den Männchen bei 9 cm (NÖLLERT & NÖLLERT 1992). Artdiagnostisch bedeutsam ist die sehr kontrastreiche Zeichnung der Oberseite, die auf weißlichem oder grauem Grund ein Muster scharf abgesetzter, häufig auch miteinander verschmolzener, grüner und dunkel umrandeter Flecken aufweist. Vor allem bei den Weibchen sind oftmals die größeren Warzen an den Körperflanken orange bis rötlich gefärbt. Weitere Artmerkmale sind die waagerecht elliptische Pupille, eine zitronengelbe bis grünliche Iris sowie flache, nahezu parallel zueinander verlaufende Parotiden. Der vorwiegend während der Laichzeit abgegebene, sehr langgezogene und melodische Ruf („ürrr ... ürrr ... ürrr“) erinnert an das Trillern eines Kanarienvogels.

Biologie und Ökologie

Hinsichtlich der Habitatwahl zeichnet sich die Wechselkröte durch eine hohe Plastizität aus. Den Schwerpunkt bilden verschiedene Typen von Abgrabungsgewässern wie Ton-, Mergel-, Kies- und Sandgruben und Deichaushubentnahmestellen. Charakteristisch ist weiterhin die Nähe zu menschlichen Siedlungen. Vor allem Dorfteiche stellen einen sehr häufigen Laichgewässertyp dar, aber auch inmitten der Städte ist die Art anzutreffen, wobei sie hier Garten- und Parkteiche sowie temporär wasserführende Kleinstgewässer auf Baustellen annimmt. Technogene Lebensräume wie Klär- und Sickerteiche, Spülfelder und Betonbecken aller Art werden gleichermaßen besiedelt. Wenngleich diesen anthropogenen Gewässern der größte Stellenwert zukommt, werden in den Auen der großen Ströme auch „Primär“-Habitate besiedelt. An Elbe, Saale, Mulde, Schwarzer Elster und Havel wird die Art regelmäßig an Altarmen und Altwässern sowie Überflutungstümpeln und Flutrinnen im Deichvorland angetroffen. Die Besiedlung von Binnensalzstellen ist für verschiedene Lokalitäten Sachsen-Anhalts belegt. Ruf- und Laichaktivitäten von Wechselkröten sind bei uns ab Mitte April zu erwarten, deren Höhepunkt liegt jedoch zwischen Ende April und Mitte Juni. Auch danach können noch rufende Tiere verhört und auch Laichabgaben registriert werden, insbesondere wenn nach einer längeren Trockenphase Starkniederschläge fallen.

Verbreitung

Das Gesamtverbreitungsgebiet besitzt eine sehr große West-Ost-Ausdehnung und reicht von den Balearen bis in die Gebirgssteppen Mittelasiens (GASC et al.1997). Die Alpen werden gemieden, nördlich davon wird die westliche Arealgrenze im Wesentlichen vom Rheintal gebildet, das nur an einigen Stellen überschritten wird. Sie verläuft weiter über das östliche Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu den östlichen dänischen Inseln und reicht im Norden bis Südschweden und in den Süden Estlands. In das Areal eingeschlossen sind das gesamte Osteuropa, der Balkan und Italien sowie zahlreiche Mittelmeerinseln. In Deutschland sind zwei große, mehr oder weniger voneinander getrennte Verbreitungsgebiete erkennbar (GÜNTHER & PODLOUCKY 1996). Das eine bildet die Fortsetzung der Vorkommen im äußersten Nordosten Frankreichs entlang des Rheins über den Kölner Raum, Rheinland-Pfalz bis in das mittlere Baden-Württemberg und zu Inselvorkommen in Bayern, während sich das nördliche an die Vorkommen in Dänemark, Polen und der Tschechischen Republik anschließt und große Teile Ostdeutschlands einnimmt.

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Die Wechselkröte erreicht in Sachsen-Anhalt einen Teil ihrer nordwestlichen Arealgrenze, wobei seit Jahrzehnten eine Arealschrumpfung zu verzeichnen ist (GÜNTHER & PODLOUCKY 1996). Die Vorkommensschwerpunkte der Wechselkröte liegen in der Mitte und im Süden Sachsen-Anhalts. Die höchsten Fundpunktdichten werden in der planaren Stufe im Nördlichen Harzvorland, im Südlichen Harzvorland in der Helme-Unstrutniederung, im östlichen Teil des Östlichen Harzvorlands bis in den Südteil des Halleschen Ackerlandes hinein erreicht. Das Köthener Ackerland ist ebenfalls dicht mit Vorkommen besetzt, die flächendeckend bis in das Muldetal bei Bitterfeld und in die südlich angrenzende Tagebauregion reichen sowie im Elbetal. Während die Hügel-, Vor- und Schichtstufenländer im Süden Sachsen-Anhalts nur wenige Vorkommen aufweisen, ist die Art auf der Querfurter Platte und in den südöstlich angrenzenden Tagebauregionen überall vertreten. Die Wechselkröte ist bislang aus 28 gemeldeten FFH-Gebieten bekannt, die Masse der Nachweise wurde jedoch außerhalb erbracht.

Gefährdung und Schutz

Die größte Gefährdung der Wechselkrötenbestände ist durch großflächigen Verlust sich selbst erhaltender, dynamischer Primärhabitate gegeben, der vor allem durch die Entfunktionalisierung der Flussauen (Kanalisierung, Grundwasserabsenkung durch Tiefenerosion etc.) bedingt wurde. Damit hängen die Vorkommen der Wechselkröte in besonderem Maße von der menschlichen Wirtschaftstätigkeit ab. Schutzunverträgliche Nachnutzungen bzw. völlige Vernichtung von Sekundärhabitaten im Rahmen der „Rekultivierung“ von Abgrabungen, z.B. durch Verfüllen, Planieren, Aufforsten etc., und ein sukzessionsbedinger Rückgang nicht oder nur extensiv genutzter Offenlandflächen im Landlebensraum führen zu empfindlichen Bestandsrückgängen. Bedeutsam ist auch die Vernichtung von Kleingewässern im Siedlungsbereich durch Bebauung, Ablagerungen etc.

Für die Wechselkröte stellt ein reiner Gebietsschutz auch mit Bekämpfung aufkommender Sukzession kein Mittel zum Erhalt einer Population dar (Laufer & Pieh 2007). Optimal wäre die Herstellung einer natürlichen Landschaftsdynamik. Nur die ständige Neuschaffung von Lebensräumen durch die Natur oder den Menschen kann die Art vor dem Aussterben bewahren. Dies sollte besonders bei Folgenutzungen von Abbaugebieten berücksichtigt werden. Ein wichtiges Schutzinstrument ist die Landschaftspflege mit der Schaffung besonnter Flachgewässer und Offenlandhabitate in Waldrand- und Heidegebieten.

 

Rote Liste Deutschland:                    3 – Gefährdet (Stand 2009)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               3 – Gefährdet (Stand 2004)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.

Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Heft 04/2015): Die Lurche und Kriechtiere des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Arten der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen. Halle (Saale). 640 S.

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