Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)

Zwergfledermaus © Robert DranguschZwergfledermaus © Robert Drangusch

Beschreibung

Für diese kleinste europäische Fledermausart betragen die Körpermasse 3,5 – 8 g und die Unterarmlänge 2,8 – 3,4 cm (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Die Ohren sind kurz, dreieckig und an der Spitze abgerundet. Die Färbung des Fells ist an der Haarbasis dunkel- bis schwarzbraun. Die Körperoberseite ist rot-, kastanien- oder dunkelbraun, die Unterseite erscheint gelb- bis graubraun. An der Schnauze, den Ohren und den Flughäuten ist die Art schwarzbraun gefärbt. Wie sich in den letzten Jahren herausstellte, muss man bei der Zwergfledermaus, ähnlich wie bei den Bartfledermäusen, zwei Arten unterscheiden. Das ist zum einen die gewöhnliche Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und zum anderen die in Deutschland anscheinend seltenere sogenannte Hochrufende Zwerg- oder Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) (z.B. HÄUSSLER et al. 2000, BRAUN & HÄUSSLER 1999). Wichtige Kriterien zur Unterscheidung der beiden sehr ähnlichen Arten sind die Ortungslaute (bei Pipistrellus pipistrellus meist bei 45 – 50 kHz, nie über 55 kHz), die Penisform, die Färbung sowie bestimmte morphologische Messwerte. Die ebenfalls sehr ähnliche Rauhautfledermaus ist eindeutig anhand der Länge des V. Fingers und der Behaarung der Schwanzflughaut von der Zwergfledermaus zu unterscheiden.

Biologie und Ökologie

Pipistrellus pipistrellus ist neben der Wasserfledermaus die häufigste Fledermausart Deutschlands. Sie lebt in Wäldern und Parkanlagen, aber auch in Städten mit lockerer Bebauung. In Wäldern bevorzugt sie Bäume mit sich lösender Borke als Quartier, sie ist aber auch hinter aufgewellter Teerpappe an Hochsitzen und Hausdächern zu finden. Die Zwergfledermaus bildet an Gebäuden Reproduktionsquartiere hinter Holz-, Schiefer- oder Blechverschalungen (OHLENDORF 1983). Die Einflüge in ihre Spaltenquartiere sind leicht erkennbar, da die Tiere hier Kot absetzen, der an der Fassade kleben kann. In ihren Winterquartieren kann die Art in mehreren tausend Exemplaren auftreten (BOYE et al. 1999).

Verbreitung

Die Zwergfledermaus gehört zu den Arten mit der weitesten Verbreitung in Europa (BRAUN & DIETERLEN 2003). Nach GÖRNER & HACKETHAL (1987) kommt sie in ganz Europa mit Ausnahme des äußersten Nordens und Nordostens vor. Ihr Areal reicht bis nach Nordafrika sowie im Osten über den Vorderen Orient, Zentralasien bis nach Korea und Japan. In Deutschland ist sie in allen Bundesländern gut nachgewiesen (oft mit Wochenstuben) und zählt oftmals zu den häufigsten Arten einer Region.

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Das disperse Verbreitungsbild der Zwergfledermaus in Sachsen-Anhalt ist auf große Bearbeitungslücken zurückzuführen, die Anzahl der registrierten Reproduktionsquartiere entspricht nicht der tatsächlichen Situation. Im Harz ist die Art in den Lagen bis 500 m ü. NN weit verbreitet. Es liegen nur wenige Winternachweise vor. Sie überwintert nicht in den Stollen und Höhlen des Harzes. In der Colbitz-Letzlinger Heide befinden sich große Reproduktionsgesellschaften in Fledermauskästen. An anderen Orten ist die Art selten in Kästen anzutreffen. Schwärmquartiere sind in Sachsen-Anhalt nicht bekannt.

Gefährdung und Schutz

Die Zwergfledermaus bevorzugt als Quartier Spaltenhohlräume, in denen sie Bauch-Rücken-Kontakt hat. Derartige Spalten können theoretisch an fast jedem Gebäude entstehen, bevorzugt befinden sich Quartiere in Fachwerkhäusern im losen Gefach, in den Dehnungsfugen von Hochhäusern oder hinter Verblendungen aller Art. Bei Sanierungen besteht die Gefahr, dass diese Quartiere mit oder ohne Tiere vernichtet werden. Deshalb ist die Zwergfledermaus durch Umbaumaßnahmen und durch Abriss von Gebäuden am häufigsten in ihrem Bestand gefährdet. In letzter Zeit sind zahlreiche Quartiere, meist aus Unwissenheit, zerstört worden. Daher wird die Art in der Roten Liste Sachsen-Anhalts (HEIDECKE et al. 2004) als stark gefährdet eingestuft. Die Kenntnisse über das Vorhandensein von Reproduktionsquartieren sind gering, deshalb sind kaum Schutzmaßnahmen möglich. Da die Quartiere eigentlich leicht erkennbar sind, wird um verstärkte Wachsamkeit bei der Sanierung von Gebäuden gebeten.

 

Rote Liste Deutschland:                    * ungefährdet (Stand 2009)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               2 – Stark gefährdet (Stand 2004)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.

zum Anfang der Seite