Subpannonische Steppen-Trockenrasen

- LRT 6240* -

Hang mit Steppen-Trockenrasen im NSG Steinklöbe © Jens StolleHang mit Steppen-Trockenrasen im NSG Steinklöbe © Jens Stolle

Beschreibung

Von Federgräser (Stipa spec.), Walliser Schwingel (Festuca valesiaca) und anderen kontinental verbreiteten Arten geprägte Trocken- und Halbtrockenrasen, die auf basisch verwitterndem Ausgangsgestein in den niederschlagsärmsten Gebieten mit kontinental getöntem Klima vorkommen. Verbuschte Ausprägungen werden eingeschlossen.

Standort

Subpannonische Steppen-Trockenrasen besiedeln Standorte mit subkontinentalem Klima, d.h. mit einem Maximum pflanzenverfügbarer Feuchtigkeit im Frühjahr und Frühsommer, mit warmen, trockenen Sommern und kalten, ebenfalls vergleichsweise trockenen Wintern. Sowohl hinsichtlich der Sommer- als auch der Wintertemperaturen treten Extremwerte auf. Die Rasen sind einerseits auf tiefgründigen Böden, oft über Löss, andererseits auch an flachgründigen, südexponierten Felshängen anzutreffen. Die natürlichen Standorte der subpannonischen Steppen-Trockenrasen sind primär waldfrei. An solchen Standorten werden nicht lebensraumtypische Arten, auch Gehölze, vorwiegend durch langandauernde sommerliche Trockenphasen stark in ihrer Entwicklung gehemmt. Frosttrocknis (Kahlfröste) sowie sommer- und winterliche Temperaturextreme erschweren das Eindringen lebensraumtypfremder Arten. Das heißt jedoch nicht, dass sich auf diesen Standorten überhaupt keine Gehölze etablieren können. Eine Gehölzsukzession bis hin zum geschlossenen Wald ist allerdings nur auf anthropogen bedingten Trockenrasen bzw. auf den Halbtrockenrasen möglich. Gegenüber den extremen mikroklimatischen Bedingungen spielen die Nährstoffgehalte des Substrates eine deutlich nachgeordnete Rolle. Hohe Stickstoffeinträge können jedoch das Aufkommen von lebensraumuntypischen Arten ermöglichen.

Vorkommen

Natürliche Vorkommen von subpannonischen Steppenrasen sind an die geschilderten, extremen Standortbedingungen gebunden und unter solchen unabhängig von Kultureinflüssen existenzfähig. Sekundäre Vorkommen haben sich oft im Bereich von Schaf- und Ziegenhutungen entwickelt und können dort in Kontakt mit anderen Lebensraumtypen nach FFH-Richtlinie (z.B. LRT 6110, 6210, 8150, 8160, 8230) stehen. Teilweise werden von den Steppenrasen in Gegenden mit kontinental geprägtem Klima Weinbergsbrachen und auf flachgründigen Böden auch ehemalige Äcker in Süd- oder Südwestexposition besiedelt. Voraussetzung ist ein höchstens mäßiger Stickstoffgehalt des Substrates. Vorkommen subpannonischer Steppenrasen auf sekundären Standorten sind auf Dauer nur erhaltungsfähig, wenn die Sukzession aufgehalten wird, d.h. wenn die Rasen genutzt werden. Düngung, Abdrift von Düngemitteln aus benachbarten Flächen sowie Nutzungsauflassung bei erhöhten Stickstoffeinträgen führen zur Devastation der Bestände.

Pflege/Schutz

In erster Linie muss ein Stickstoffeintrag, besonders von benachbarten, intensiver agrarisch genutzten Flächen, vermieden werden. Die Bestände des LRT in Hanglagen sind nur dauerhaft zu erhalten, wenn kein Nährstoffeintrag vom Oberhang erfolgt. Deshalb sollten bei ackerbaulicher Nutzung oberhalb der Standorte des LRT, wie sie z.B. entlang der großen eingeschnittenen Flusstäler von Saale und Unstrut üblich ist, ungedüngte Pufferstreifen von möglichst 10 m Breite angelegt werden. Auf den an den LRT angrenzenden Agrarflächen ist eine extensive Grünlandnutzung wünschenswert. Vorkommen auf primären Standorten können, sofern sie nicht durch Eutrophierung instabil geworden sind, ungenutzt bleiben. Vorkommen auf sekundären Standorten bedürfen zu ihrer Erhaltung hingegen unbedingt der Nutzung, die durch Beweidung oder Mahd erfolgen kann.

Beweidung

Eine späte Beweidung im Jahr durch Schafe und Ziegen, unter Umständen in Kombination mit einer Winter- oder Vorfrühlingsbeweidung, sichert die Existenz sekundärer Vorkommen subpannonischer Steppenrasen, da zu diesem Zeitpunkt die bereits sklerotisierten Blätter der charakteristischen Gräser dieser Rasen kaum noch, die weniger verhärteten Blätter einwandernder Konkurrenten dagegen noch gut vom Weidevieh verbissen werden. Der Tritt der Weidetiere trägt dazu bei, die Streu zu verdichten und teilweise auch zu zerkleinern. Damit wird ein beschleunigter Abbau der Streudecke ermöglicht und die Verdämmung des Bodens verringert. Dies führt in Hanglagen zu oberflächlicher Erosion des humusreichen Feinbodens, die im Sinne der Erhaltung einer geringen Trophie der Standorte erwünscht ist. Es werden Nischen für eine Verjüngung annueller (Frühjahrsephemere) sowie auch der bestandsprägenden perennierenden Arten geschaffen. Zwischen den Horsten der Gräser können sich niedrigwüchsige Arten entwickeln. Hinzuweisen ist auf die wesentliche Rolle der Weidetiere bei der Ausbreitung von Diasporen der Pflanzen. Durch den Diasporentransport können einerseits neu entstandene Standorte besiedelt werden, andererseits wird ein genetischer Austausch zwischen isolierten Pflanzenpopulationen innerhalb des Weidegebietes ermöglicht. Die Weideführung sollte flexibel und aufwuchsorientiert gehandhabt werden. In der Hauptentfaltungszeit der charakteristischen Arten bis zum Beginn ihrer Samenreife ist eine weitgehende Weideruhe, maximal ein weites Gehüt, vorzusehen. Ab Ende Juli bis Ende März können die Rasen dagegen mehrfach und auch im engen Gehüt beweidet werden. Durch die Schneearmut im Mitteldeutschen Trockengebiet, dem Verbreitungsgebiet der subpannonischen Steppenrasen innerhalb Sachsen-Anhalts, ist eine (zusätzliche) Winterweide in den meisten Jahren problemlos möglich und war früher durchaus praxisüblich. Zur Zurückdrängung von Gehölzsukzessionsstadien empfiehlt es sich, in den Schafherden Ziegen, die die Gehölze verbeißen, mitzuführen. Die Schäfer sollten dazu angehalten werden, während der Weideführung Junggehölze zu beseitigen, wie dies Jahrhunderte lang üblich war. In seltenen Fällen werden Bestände des LRT erheblich beeinträchtigt, wenn ihre Standorte regelmäßig als Triftwege, d.h. als Verbindung zwischen getrennt voneinander liegenden Weidegebieten oder zwischen Stall und Weide, genutzt werden. Solche Fälle sind durch Ausweisung unproblematischer Triftwege zu vermeiden. Eine Beweidung durch Rinder oder Pferde ist zur Erhaltung des Lebensraumtyps nicht geeignet und daher auszuschließen.

Mahd

Bei der Mahd werden die hochwüchsigen Federgräser (Stipa spec.), deren Reservestoffeinlagerung erst spät im Jahr erfolgt, verdrängt. Walliser Schwingel (Festuca valesiaca) vermag dagegen zu überdauern. Pflege durch Mulchen, wie sie für einige andere Rasengesellschaften möglich ist, ist nicht zielführend, da die lockere Streu durch die langdauernden Phasen sommerlicher Trockenheit nur verzögert abgebaut wird und von vielen der niedrigwüchsigen, dünntriebigen oder zartblättrigen Arten der Steppenrasen (besonders Jungpflanzen) nicht durchwachsen werden kann. Mulchen trägt also zu ihrer Abundanzminderung bei oder schließt solche Arten sogar aus. Außerdem wirkt die Streudecke keimhemmend auf die Samen von Frühjahrsephemeren, die überwiegend Lichtkeimer sind, und begünstigt durch einen ausgeglicheneren Feuchtehaushalt das Eindringen von lebensraumuntypischen Pflanzenarten.

Ausgewählte lebensraumtypkennzeichnende (wertgebende) ArtenTextfeld öffnenTextfeld öffnen

Literatur:

80, 89, 254, 287, 299

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.

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