Brachpieper (Anthus campestris)

Brachpieper © Erni/Fotolia.comBrachpieper © Erni/Fotolia.com

Verbreitung

Der Brachpieper ist eine paläarktische Brutvogelart, die hauptsächlich im Mittelmeerraum, in den Steppen, Halbwüsten und Wüsten Südosteuropas und Asiens vorkommt. Das Brutareal erstreckt sich von Nordwest-Afrika, Südwest- und Mitteleuropa bis in die Mongolei (ca. 117 ° E). Die nördlichste Verbreitungsgrenze liegt in Estland bei 59 ° N. Kleinere Vorkommen befinden sich in Südschweden. Über zwei Drittel des europäischen Gesamtbestandes (ca. 530.000- 860.000 BP) brüten in Spanien. West- und Mitteleuropa ist nur lückenhaft in den Tieflandbereichen besiedelt. In Asien ist die Art bis zu einer Höhe von über 3.000 m verbreitet (ISENMANN in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1985, NEUSCHULZ in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Westdeutschland befinden sich in den ehemaligen Verbreitungsschwerpunkten in Mittelfranken, Rheinhessen, Niedersachsen und am Niederrhein gegenwärtig nur noch Reliktvorkommen (ISENMANN in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1985, RHEINWALD 1993). In Ostdeutschland ist der Brachpieper hauptsächlich in Habitaten mit Sandböden im Nordosten, besonders in Brandenburg, verbreitet. Generell fehlt er weitgehend in den Mittelgebirgen und den Alpen (NICOLAI 1993a). In Sachsen-Anhalt finden sich Habitate mit Brachpiepervorkommen nur verstreut, die meisten im Bereich der Braunkohlentagebaue bei Bitterfeld, Gräfenhainichen, Merseburg, Zeitz, Hohenmölsen, Amsdorf und Nachterstedt sowie auf sandigen Truppenübungsplätzen z.B. in der Colbitz-Letzlinger, Annaburger, Glücksburger und Oranienbaumer Heide. Weitere Vorkommen wurden in Kies-, Sand- und Kaolingruben sowie Steinbrüchen, auf Kahlschlägen mit Sanduntergrund, auf Binnendünen, Industriebrachen und Gleisanlagen gefunden. Die ehemaligen Brutplätze auf den Trockenrasen im Mansfelder Land und an den Hängen von Saale und Unstrut wurden größtenteils aufgegeben (NICOLAI 1993a, GEORGE & WADEWITZ 1997-2001, GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). Auf dem Harzplateau sind nur einzelne Bruten bzw. Brutzeitbeobachtungen in einer Höhenlage von ca. 450 m ü. NN dokumentiert (HAENSEL & KÖNIG 1974-1991, WEIHE in GEORGE & WADEWITZ 1997).

Ökologie und Zugstrategie

Der Brachpieper benötigt zur Nahrungssuche warme, trockene Habitate mit einem Mosaik aus offenen, spärlich bewachsenen Sandflächen und als Neststandort bzw. Ansitz- und Singwarten Bereiche mit höherer Vegetation wie höheres Gras, Zwergsträucher, niedrige Bäume. Diese Voraussetzungen finden sich in Mitteleuropa in Steppengebieten, Küsten- und Binnendünenbereichen, aufgelockerten Heiden, auf Trockenrasen, Brach- und Ödlandflächen, auf Kahlschlägen und Brandflächen in Kiefernwäldern, auf Truppenübungsplätzen, Schutt- und Mülldeponien, Halden und in Abbaugelände. Die Pieperart meidet echte Wüsten und wenig strukturierte Steppen (ISENMANN in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1985, NEUSCHULZ in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Als Langstreckenzieher überwintert der Brachpieper in der Sahelzone Afrikas von Mauretanien bis in den Sudan, in Äthiopien und Somalia sowie in Asien von der Arabischen Halbinsel bis Vorderindien. Der Zug in die Winterquartiere beginnt ab Mitte August. Mit der Heimkehr nach Mitteleuropa ist von Mitte April bis Mitte Mai zu rechnen (BEZZEL 1993).

Bestandsentwicklung

Durch klimatische Einflüsse und ein strukturbedingtes Brutplatzangebot können in erheblichem Umfang kurzfristige Populationsschwankungen ausgelöst werden. Klimatische Veränderungen führten schon frühzeitig zu großräumigen Bestandsabnahmen der Brachpieperpopulation und zu Arealverlusten. Nach einer kurzen Erholungsphase setzte sich dieser Bestandsrückgang Mitte des 20. Jahrhunderts und durch Lebensraumverluste verstärkt ab Mitte der 1960er Jahre fort (BAUER & BERTHOLD 1997). Bestandseinbrüche waren besonders in West- und Mitteleuropa zu beobachten. Eine Abnahme der Population wurde aber auch aus den spanischen, italienischen und ukrainischen Verbreitungsschwerpunkten gemeldet (NEUSCHULZ in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Deutschland erloschen bereits in den 1960er und 1970er Jahren einige regelmäßige Brutvorkommen, z.B. im Saarland, in Teilen von Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Bayern (BAUER & BERTHOLD 1997). Zwischen 1970 und 1990 nahmen die Bestände nochmals um mehr als 20 % ab, sodass Mitte der 1990er Jahre nur noch 1.300-2.000 BP registriert wurden (WITT et al. 1996). In Sachsen-Anhalt wird das Brutvogel-Vorkommen des Brachpiepers gegenwärtig als selten eingeschätzt, doch lassen Lebensraumverluste weitere Bestandsabnahmen befürchten. Die südlichen Bereiche des Bundeslandes wurden Anfang der 1990er Jahre von 150-300 BP besiedelt (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). 2015 wurden im gesamten Bundesland nur noch 135-165BP gezählt.

Gefährdung und Schutz

Die natürlicherweise einer starken Sukzession unterworfenen Lebensräume des Brachpiepers sind durch verschiedene anthropogene Eingriffe sowie durch Nutzungsaufgabe bedroht. Besonders negativ wirken sich Grünlandumbruch, hohe Düngemittel- und Biozidgaben, Eutrophierung, Aufforstungen, Torfabbau, Beseitigung von Heidegebieten, Kultivierung von Abbaugebieten und Deponien, vergrößerter Rebanbau sowie zunehmende Freizeitakivitäten aus (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982, BEZZEL 1993, ISENMANN in GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1985, NEUSCHULZ in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Der wirkungsvollste Schutz kann durch eine Unterschutzstellung vorhandener und potenzieller Brutgebiete und ein artgerechtes Management dieser Gebiete erreicht werden. Durch traditionelle Wirtschaftsweisen wie z.B. eine extensive Beweidung und durch die Umwandlung von Grenzertragsstandorten in Weideland sowie durch die Erhaltung von Ödland und vegetationsarmen Teilflächen in Bergbaufolgelandschaften und ehemaligen Militärgebieten können neue Brutplätze geschaffen oder erhalten werden. Dem gleichen Ziel dienen ein verminderter Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln sowie das Gewähren natürlicher Entwicklungsprozesse auf Brand- und Abbauflächen (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982).

 

Rote Liste Deutschland:                    1 – Vom Aussterben bedroht (5. Fassung, Stand November 2015)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               1 – Vom Aussterben bedroht (3. Fassung, Stand November 2017 Vorabdruck)

Literatur

entnommen aus:

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.

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