Elbaue bei Bertingen (FFH0037)

Die Alte Elbe Bertingen ist ein eutrophes Altwasser (LRT 3150) © Klaus van de WeyerDie Alte Elbe Bertingen ist ein eutrophes Altwasser (LRT 3150) © Klaus van de Weyer

Größe [ha]: 2.748
Landkreise und kreisfreie Städte: Börde; Jerichower Land; Stendal
Verwaltungseinheiten: Verbandsgemeinde Elbe-Heide; Einheitsgemeinde Stadt Burg; Einheitsgemeinde Elbe-Parey

Gebietsbeschreibung

Das FFH-Gebiet erstreckt sich über 21 Flusskilometer im „Tangermünder Elbetal“ zwischen der Elbefähre bei Rogätz und der Einmündung des Verbindungskanals zum Elbe-Havel-Kanal bei Parey. Es umfasst die Überschwemmungsaue zwischen dem natürlichen Hochufer links und dem Hochwasserschutzdeich rechts der Elbe nahezu vollständig. In einigen Bereichen sind jedoch auch eingedeichte Auengewässer im rechtselbischen Binnenland mit in das Gebiet einbezogen. Große Teile der Elbaue wurden zwischen 1950 und 1993 als „Wasserübungsplatz Elbeübersetzstellen“ militärisch beansprucht. Aktuell wird das FFH-Gebiet überwiegend durch großflächige Grünländer, Brachen, Auengewässer und eine deutliche Armut an Gehölzen und Wäldern geprägt.  

Lebensraumtypen und Flora

Obwohl der Lauf der Elbe durch Buhnen seit Mitte des 19. Jahrhunderts festgelegt und begradigt wurde, sind im Gebiet größere Mäanderbögen mit naturnahen Uferabschnitten vorhanden. Auf Grund der Gewässerdynamik finden hier sowie teilweise in den Buhnenfeldern die auentypischen Abtragungs- und Anlandungsprozesse statt. Auf Schlamm- und Sandbänken innerhalb der Buhnenfelder und an Gleithängen tritt die charakteristische Pioniervegetation der Flussufer als Ausbildungen des FFH-LRT 3270 Flüsse mit Schlammbänken (400 ha) auf. Hier kommen Elb-Spitzklette (Xanthium albinum), Elbe-Liebesgras (Eragrostis albensis), Roter Gänsefuß (Chenopodium rubrum) und auf Schlammflächen Schlammling (Limosella aquatica) und Braunes Zypergras (Cyperus fuscus) vor. Als Reste der ehemaligen Mäander der Elbe befinden sich einige Altwässer in der überschwemmten Aue, wobei die Alte Elbe bei Bertingen eine besondere Bedeutung hat. Neben den Altwässern weisen viele Flutrinnen und Auenkolke sowie ältere kleinflächige Abgrabungsgewässer die charakteristische Artenausstattung des FFH-LRT 3150 Eutrophe Seen (169 ha) auf. Hinzuweisen ist auf Arten wie Schwimmfarn (Salvinia natans), Krebsschere (Stratiotes aloides), Froschbiss (Hydrocharis morsus-ranae), Gemeiner Wasserschlauch (Utricularia vulgaris), Wasser-Hahnenfuß (Ranunculus aquatilis), Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum), Spreizender Hahnenfuß (Ranunculus circinatus) sowie Berchtolds, Glänzendes und Haar-Laichkraut (Potamogeton berchtoldii, P. lucens, P. trichoides).

Insgesamt haben Wälder, ausgebildet als FFH-LRT 91E0* Weichholzauenwälder (39 ha) mit Silber-Weide (Salix alba), Fahl-Weide (Salix x rubens), Katzenschwanz (Leonurus marrubiastrum) und Gelber Wiesenraute (Thalictrum flavum) und FFH-LRT 91F0 Hartholzauenwälder (5 ha) als Flatterulmen (Ulmus laevis)-Bestand mit Stiel-Eiche (Quercus robur) und Feld-Ahorn (Acer campestre), nur einen sehr geringen Flächenanteil am FFH-Gebiet.

Die weitläufigen Grünländer, welche vielfach ein auentypisches welliges Relief besiedeln, werden als Mähwiesen und Umtriebsweiden genutzt. Auf wechselfeuchten bis frischen Standorten kommen charakteristische Stromtalarten wie Brenndolde (Cnidium dubium), Silau (Silaum silaus), Vielblütiger-Hahnenfuß (Ranunculus polyanthemos) und Nordisches Labkraut (Galium boreale) vor. Der FFH-LRT 6440 Brenndolden-Auenwiesen (158 ha) hat deutschlandweit einen Schwerpunkt in den Auen der mittleren Elbe und stellt hier eine floristische und vegetationskundliche Besonderheit dar. Die trockeneren Auenstandorte werden dagegen vom FFH-LRT 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (408 ha) eingenommen. Es sind Glatthafer- und Fuchsschwanz-Wiesen mit Wiesen- und Echtem Labkraut (Galium album, G. verum), Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgaris), Wiesen-Glockenblume (Campanula patula), Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis) und Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis). Beide Wiesentypen sind häufig miteinander vergesellschaftet und bedecken etwa ein Fünftel des Gebietes. Daneben sind aber auch häufig artenarme, als extensive Standweide genutzte oder brach liegende Grünländer vorhanden, die meist stark mit Stauden und Gebüschen durchsetzt sind.

Im Gebiet kommen Feuchte Hochstaudenfluren des FFH-LRT 6430 auf einer Fläche von rund 2 ha vor. Es sind Brennnessel-Rohrglanzgras-Fluren mit Katzenschwanz (Leonurus marrubiastrum), Europäischer Seide (Cuscuta europaea) und Gelber Wiesenraute (Thalictrum flavum). Als weiteres wertgebendes Element der Gebietsausstattung ist der Übergang des trockenen und sandigen natürlichen Hochufers in die wechselfeuchte Flussaue anzusehen. Neben lückigen und stellenweise moos- und flechtenreichen Sandtrockenrasen weist der Lösssand-Hang einige Steilwände und ältere Solitäreichen auf. Im Hangbereich zwischen Sandfurth und Polte stocken die letzten größeren Vorkommen des Feldulmen-Hangwaldes. 

Fauna

Der Biber (Castor fiber) kommt flächendeckend im Gebiet vor und besiedelt dabei neben dem Hauptstrom alle kleinen Stillgewässer und Altarme sowie Abgrabungsgewässer. Die Elbe und die zahlreiche Nebengewässer stellen ebenfalls geeignete Lebensräume für den Fischotter (Lutra lutra) dar. Die Art hat im Gebiet ein stabiles Vorkommen. Zudem besitzt die Elbe eine wichtige Funktion für den überregionalen Populationsaustausch.

Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist in den trockenen und offenen Randlagen des Gebietes im Übergang zu der Hochfläche zu finden.

Lurche treten in der Aue mit mehreren Arten auf. In Auengewässern, sofern flache, vegetationsreiche Bereiche vorhanden sind, ruft im Frühjahr die Rotbauchunke (Bombina bombina), die entlang der Elbe in Sachsen-Anhalt ihren Verbreitungsschwerpunkt hat. Im Frühjahr 2010 wurde sie an 14 Gewässern nachgewiesen. Moorfrösche (Rana arvalis), Kreuzkröten (Bufo calamita) und Knoblauchkröten (Pelobates fuscus) finden hier geeigneten Lebensraum. Ersterer wurde an 41 Gewässern im Gebiet festgestellt. Auch der Kammmolch (Triturus cristatus) sucht im Frühjahr deichnahe Kleingewässer zur Fortpflanzung auf.

Wie andere Elbestrecken, so besiedelt der Rapfen (Aspius aspius) auch den Stromelbe-Abschnitt zwischen Rogätz und Bittkau und weist stabile Bestände auf. Die beiden Wanderfischarten Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) und Lachs (Salmo salar) passieren wieder vereinzelt diesen Bereich, letzterer nach seiner Wiedereinbürgerung in sächsischen Nebenbächen der Elbe. Auch der Stromgründling (Romanogobio belingi) ist hier nachzuweisen. In einigen Kleingewässern in der Elbaue bei Ringfurth und Parey konnte der Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) festgestellt werden.

Von den nach FFH-Richtlinie wertgebenden Insekten kommen die Grüne Keiljungfer (Ophiogomphus cecilia) und die Asiatische Keiljungfer (Gomphus flavipes) aktuell im Gebiet vor.

Das FFH-Gebiet als Bestandteil eines großflächigen EU-SPA besitzt vor allem mit der Alten Elbe bei Bertingen große Bedeutung für Brutvögel. Hier befinden sich zahlreiche Brutreviere von Drossel- und Schilfrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus, A. schoenobaenus) und in manchen Jahren brüten auch Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana) sowie Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger). Unregelmäßig werden Bruten von Wiesenlimikolen festgestellt. Während der Zugzeiten und im Winter rasten auf überschwemmtem Grünland u. a. Zwergschwäne (Cygnus bewickii) in landesweit bedeutsamer Zahl.

Literatur: 15, 65, 102, 119, 264, 361, 384, 407, 483, 560

verändert nach:

Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

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